# taz.de -- Bremer Kontaktnachverfolgung: Amt nutzt Luca-App keine zehn Mal
       
       > Das Gesundheitsamt hat Apps wie Luca bislang kaum genutzt, um die
       > Kontakte einer mit dem Coronavirus infizierten Person nachzuverfolgen.
       
 (IMG) Bild: Kontaktnachverfolgung: In einem Café führt ein QR-Code am Tisch zur Luca-App
       
       Bremen taz | QR-Codes auf Tischen, teilweise schon mit aufgeribbeltem,
       leicht klebrigem Rand: ein Anblick, an den sich Liebhaber*innen von
       Feierabendbieren, Mittagstischen und All you can eat inzwischen gewöhnt
       haben. Genauso, wie an das [1][Registrieren per Luca-App] oder dem lokalen
       Pendant „Gast Bremen“: Handy raus, Code scannen, fertig.
       
       Aber was, wenn der Code nicht funktioniert, der Akku leer ist, das Internet
       hakt oder man es schlicht vergisst – einen aber niemand dran erinnert?
       „Naja, halb so wild“, denkt man sich und nimmt den nächsten Schluck.
       
       Draußen mag das nicht so schlimm sein, aber drinnen in Gastronomie- und
       Dienstleistungsbetrieben sind Betreiber*innen dazu verpflichtet,
       Kontaktdaten aufzunehmen – ob per App oder auf dem Papier –, um sie im Fall
       einer Corona-Infektion an das Gesundheitsamt weitergeben zu können. Dieses
       habe die Apps Luca und Gast Bremen allerdings bislang „keine zehn Mal“
       genutzt, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitssenatorin. Insgesamt.
       
       Wer beim Kontakte sammeln schludert, verhält sich nicht nur unsolidarisch,
       sondern kann auch ordentlich zur Kasse gebeten werden: Nach Angaben des
       Innensenators wird ein Verstoß gegen die Registrierungspflicht mit einem
       Bußgeld von 100 bis 2.500 Euro bestraft.
       
       ## Ordnungsdienst prüft stichprobenartig
       
       Doch wie oft wird kontrolliert? Der Ordnungsdienst prüfe „stichprobenartig
       die Erhebung der Daten zur Kontaktnachverfolgung“, heißt es in der Antwort
       des Ressorts. Dabei kontrollierten die Einsatzkräfte, wie die Daten erfasst
       werden, erkundigten sich nach der Bereitschaft der Gäste, mitzuwirken,
       Listen würden zudem auf Vollständigkeit geprüft. „Vereinzelt“ soll es
       bereits Bußgelder gegeben haben.
       
       Die Behörden wünschen sich vor allem die Nutzung der Apps statt Zetteln:
       Die digitale Variante sei für alle Beteiligten einfacher, findet Fuhrmann.
       Wirt*innen müssten so keine „ewig langen Listen“ führen und bei Bedarf
       rauskramen, die dank unleserlicher Schrift oder Fantasienamen für das
       Gesundheitsamt teils nutzlos sind. Durch die Apps seien die Daten
       „vollständig, wahrscheinlich korrekt“ – und vor allem schnell da.
       
       Nach Angaben der Luca-Betreiber selbst sind in Bremen 2.400 Standorte
       registriert; also Kneipen, Baumärkte, Kaufhäuser. Wie viele
       Privatnutzer*innen es in der Stadt gibt, werde nicht erhoben. In der
       Stadt seien die Apps „viel im Einsatz“, sagt Fuhrmann. Aber: beim
       Gesundheitsamt eben nicht.
       
       Wenn es dann doch mal dazu kommt, funktioniert es mit der Luca-App so: Per
       Knopfdruck werden die Kontaktdaten einer infizierten Person aus dem
       relevanten, also infektiösen, Zeitraum angefragt, „dann schickt der
       Betreiber die Liste zu“, erklärt Fuhrmann. Das alles funktioniere immer und
       sei „technisch unproblematisch“.
       
       ## Sensible Daten zentral gespeichert
       
       Auch beim technischen Support [2][sowie Datenschutzfragen] seien die
       Betreiber „fix“. Letzteres wurde [3][im Frühjahr diskutiert]. Bremens
       Datenschutzbeauftragte Imke Sommer hielt die App für „angreifbar“, weil sie
       sensible Daten auf einem zentralen Server speichere.
       
       Nicht überall läuft die Nutzung der App reibungslos: [4][Der Tagesspiegel ]
       hatte vergangene Woche berichtet, dass „mehrere“ Berliner Gesundheitsämter
       die App für „nutzlos“ halten und Luca „bei Fragen nicht erreichbar“ sei.
       
       Einen Umweg über Kneipe oder Kino gibt es bei der Abfrage über Luca nicht.
       Im Gegensatz zur App Gast Bremen: Um über diese an Kontakte zu kommen,
       müsse das Gesundheitsamt am entsprechenden Ort anrufen, so Fuhrmann. Die
       Liste komme dann auf digitalem Wege von Restaurant und Co.
       
       Ein Grund für die geringe Nutzung durch das Gesundheitsamt könnte – neben
       leeren Handyakkus oder Unlust – in den niedrigen Infektionszahlen liegen,
       so Fuhrmann. „Wenn wir wieder bei 200 lägen, sähe das bestimmt anders aus.“
       Ein weiterer Grund: „Die Bereitschaft zur Mitarbeit bei den Infizierten
       sinkt – und ohne die können wir nicht arbeiten.“
       
       ## Erinnerungslücken beim Kneipenpublikum
       
       Regelmäßig komme es vor, dass auf die Frage „Wo waren Sie?“ keine Antwort
       oder vermeintliche Erinnerungslücken folgen. Ob die App vom Gesundheitsamt
       mehr genutzt würde, wenn dies anders wäre, „ist schwer zu sagen“.
       
       Ein weiterer Grund für die wenige Nutzung sei, dass Kontakte in der Regel
       das Arbeitsumfeld, Familie und Freund*innen seien, so Fuhrmann weiter.
       Apps und Listen würden nur relevant, wenn die Person in dem infektiösen
       Zeitfenster von 48 Stunden vor Test oder Symptombeginn tatsächlich in einer
       Bar oder Ähnlichem unterwegs war. Das sei vergleichsweise selten.
       
       Die Corona-Warn-App spiele für das Gesundheitsamt „gar keine Rolle“: Sie
       erfülle nicht die Bedingungen für die Kontaktnachverfolgung, weil sie
       vollständig anonym arbeite. „Wir wollen die Leute ja aber anrufen und mit
       ihnen sprechen.“
       
       Dass die Luca-App weiterhin keine Gateway-Lösung hat – also eine
       Schnittstelle zum Gesundheitsamt, welches so die Daten verschiedener Apps
       bündeln könnte –, sei für Bremen nicht schlimm. Hier gebe es nur die zwei
       Apps, „keine 15“, sagt Fuhrmann. In seltenen Fällen müsse das
       Gesundheitsamt Kontakte von beiden Apps und einer analogen Liste
       zusammensuchen. Kontaktiert würden immer noch alle, die man erreichen
       könne, sagt Fuhrmann.
       
       ## Viertelmillion für die Katz?
       
       Ein gutes System, aber wenig kooperative Infizierte und keine zehn
       Nutzungen – ob sich die Viertelmillion gelohnt hat, die Bremen an die
       Betreiberfirma Culture4live für die einjährige Lizenz bezahlt hat? Schwer
       zu beurteilen, findet Fuhrmann und fragt zurück: „Lohnt es sich schon bei
       einer verhinderten Infektion oder erst bei 100?“ Das Ziel sei gewesen,
       verschiedene Lösungen zu schaffen, die viel eingesetzt werden können. „Das
       haben wir geschafft.“
       
       Verbesserungspotential sieht Fuhrmann dennoch: Oft werde für Gastroplätze
       drinnen und draußen der gleiche QR-Code verwendet. „Dabei könnte man das
       theoretisch auf einzelne Bereiche oder sogar Tische runterbrechen.“ Das sei
       die Stärke der Apps – und würde dem Gesundheitsamt jede Menge Arbeit
       ersparen.
       
       Vor allem vor dem Hintergrund, dass es inzwischen immer mehr Kontakte pro
       positiv getesteter Person gebe. „Es sind nicht mehr nur drei, vier“, sagt
       Fuhrmann, „sondern viel, viel, viel mehr. Logisch, mit einem nahezu wieder
       normalen Leben.“ Mit Blick auf die steigende Inzidenz und den Herbst ist
       Fuhrmann sicher: „Die interessante Phase kommt noch.“
       
       16 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Luca-App-startet-in-Berlin/!5766056
 (DIR) [2] /Diskussion-ueber-Luca-App-in-Berlin/!5760686
 (DIR) [3] /Debatte-nach-Luca-App-Einfuehrung/!5763945
 (DIR) [4] https://plus.tagesspiegel.de/berlin/sie-hilft-gar-nicht-wie-sich-berliner-gesundheitsaemter-mit-der-luca-app-quaelen-209837.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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