# taz.de -- Infizierte Reiserückkehrer im Nachtleben: 1.100 Kontaktpersonen gesucht
       
       > Im Kreis Aurich und in Hamburg waren infizierte Reiserückkehrer im
       > Nachtleben unterwegs. Jetzt haben die Gesundheitsämter alle Hände voll zu
       > tun.
       
 (IMG) Bild: Unklare Kontaktsituation: Feiernde im Ravensburger Club Kantine Anfang Juli
       
       Hamburg taz | Der Fußballer aus Norden war gerade aus Mallorca
       zurückgekehrt, dann ging er in der Disco Galaxy in Georgsheil (Kreis
       Aurich) feiern. Kurze Zeit später stellt sich heraus, dass er sich –
       vermutlich schon im Urlaub – mit Corona infiziert hatte.
       
       1.100 mögliche Kontaktpersonen ermittelte der Veranstalter über die
       Luca-App für jene Samstagnacht, den 10. Juli, zwischen 23 und 4 Uhr. Und
       das betrifft nur die Disco-Besucher: Nicht die Kontakte im Flugzeug, am
       Flughafen, in den Tagen vor und nach der Party. Auch die Fußballmannschaft
       des Mannes musste schon in Quarantäne.
       
       Ein großes Problem ist, dass bei vielen Disco-Besuchern die Kontaktdaten
       nicht vollständig waren. Woran das liege, könne man nicht sagen, erklärt
       der Kreissprecher. Das Gesundheitsamt war deshalb nicht in der Lage, sich
       mit allen Kontaktpersonen in Verbindung zu setzen.
       
       Bei den 58 Personen, bei denen das auf Anhieb gelang, mussten 30 in
       Quarantäne geschickt werden – einige von ihnen zeigten bereits Symptome.
       Angesichts dieser Quote und der hohen Anzahl der potenziell Infizierten
       entschied sich die Kreisverwaltung dann am Mittwoch, eine Warnmeldung
       abzusetzen: Über die Medien und soziale Netzwerke wurden alle aufgerufen,
       sich zu melden, die zum fraglichen Zeitpunkt in der Disco waren und sich
       nun nicht gut fühlten. In der Disco durfte an diesem Samstag aufgrund der
       niedrigen Inzidenz ohne Maske und Abstand getanzt und gefeiert werden.
       
       ## Suche nach Kontaktpersonen geht weiter
       
       Gut 30 Personen meldeten sich am Donnerstag und Freitag nach Auskunft des
       Pressesprechers. Auch sie müssen erst einmal in Quarantäne, bis das
       Ergebnis ihres Abstriches vorliegt.
       
       Möglicherweise hat der potenzielle Superspreader die Infektionen sogar
       sehenden Auges in Kauf genommen. Nach einem Bericht der Ostfriesischen
       Nachrichten lagen ihm „widersprüchliche Testergebnisse“ vor – offenbar nahm
       er das, was ihm besser passte. Auch der Landkreis-Sprecher bestätigt, der
       Mann habe unterschiedliche Ergebnisse bei Selbst- und Schnelltests
       vorliegen gehabt.
       
       Allerdings müsste er nach den aktuell geltenden Regelungen ja zumindest für
       den Rückflug und den Eintritt in die Disco jeweils ein negatives
       Testergebnis vorgelegt haben. Wer dabei mogelt und damit gegen die
       Coronaverordnung verstößt, kann zu einem Bußgeld verdonnert werden – aber
       das müsste man dann ja auch erst einmal nachweisen. Die Konsequenzen sind
       jedenfalls weitreichend. Der Landkreis fahndet weiter nach möglichen
       Kontaktpersonen, die ja nun immerhin schon eine Woche Zeit hatten, das
       Virus weiterzutragen.
       
       In Hamburg gab es einen ähnlichen Fall. Auch hier hatte ein
       Spanien-Urlauber das Virus wohl unbemerkt aus dem Urlaub mitgebracht. Sein
       Test war negativ. Trotz leichter Symptome tummelte er sich in zwei Kneipen
       in St. Georg. 130 Personen mussten einige Tage später in Quarantäne, weil
       sie sich gleichzeitig dort aufgehalten hatten.
       
       Allerdings hatten die Gastronomen es wohl mit dem Hygienekonzept nicht so
       genau genommen: In der einen Bar habe es nur eine einzige Login-Station für
       die Luca-App gegeben, sagte der Sprecher der Sozialbehörde, Martin
       Helfrich, am Freitag der Deutschen Presseagentur (dpa). Deshalb müssten nun
       alle zum fraglichen Zeitpunkt anwesenden Gäste mit einer
       Quarantäneanordnung rechnen.
       
       „In einer weiteren Bar gab es zwar Tisch-bezogene Check-in-Möglichkeiten.
       Allerdings sind dem Anschein nach die erforderlichen Abstände zwischen
       Tischen nicht eingehalten worden“, ergänzte Helfrich. Außerdem hätten Gäste
       die Tische gewechselt. „Wir müssen daher auch hier im hohen Umfang Personen
       in Quarantäne versetzen“, sagte der Sprecher. Mit weiteren Fällen werde
       gerechnet.
       
       Dabei fährt Hamburg eine – im Vergleich zu Niedersachsen – deutlich
       vorsichtigere Öffnungspolitik: Veranstaltungen in Clubs und Diskotheken
       dürfen nicht in geschlossenen Räumen stattfinden. Veranstaltungen im Freien
       sind strengen Vorgaben unterworfen. Die Veranstalter*innen müssen von
       allen Gästen Kontaktdaten erheben. Negative Coronatests sind Pflicht. Mit
       festen Sitzplätzen sind bei Veranstaltungen bis zu 500 Gäste erlaubt, ohne
       Sitzplätze feiern dürfen maximal 250.
       
       Und obwohl die Veranstaltungsszene protestiert, halten SPD und Grüne an
       dieser Linie fest. „Gegenwärtig beobachten wir in Hamburg leider ein
       moderat steigendes Infektionsgeschehen, sagte Helfrich. „Dieses Umfeld ist
       keines, das größere Öffnungsschritte ermöglicht.“
       
       Die Veranstaltungsszene sieht sich deshalb von der Politik blockiert. „Der
       Senat verschließt sich davor, dass die Klubs wieder öffnen können. Ein
       bisschen kann ich das auch verstehen, aber man sollte nicht zu vorsichtig
       sein“, kritisiert Danny Hellrung, Sprecher von „Alster in Flammen“, einer
       Vereinigung von Hamburger Veranstalter*innen.
       
       Alster in Flammen hatte am vergangenen Samstag eine Pilotparty mit 70
       Gästen gefeiert. Sie nutzten dabei ein umfassendes Hygienekonzept mit
       Trackern und Kontaktverfolgung. „Wir zeigen mit unseren Projekten, dass es
       funktioniert, große Veranstaltungen sicher durchzuführen, wenn
       Hygienekonzepte eingehalten werden“, sagt Hellrung.
       
       Ob sich diese Auffassung angesichts der neuen Infektionsdynamik durch
       Reiserückkehrer halten lässt, muss sich erst noch zeigen.
       
       Niedersachsen hat jedenfalls erst am Freitag angekündigt, jetzt auch
       Großveranstaltungen mit bis zu 25.000 Besuchern wieder erlauben zu wollen –
       wenn auch natürlich nur unter Auflagen und bei einer Inzidenz unter 35.
       
       Was die Reiserückkehrer angeht, verweist das Land auf den Bund: „Aufgrund
       der aktuell steigenden Fallzahlen insbesondere auf den Balearen sollte
       geprüft werden, ob Spanien jetzt zumindest teilweise als Hochinzidenzgebiet
       einzustufen ist“, sagte Ministerin Daniela Behrens (SPD) der taz. „Damit
       wären dann zusätzliche Auflagen für zurückkehrende Urlauberinnen und
       Urlauber verbunden, wenn sie nicht vollständig geimpft oder genesen sind.“
       
       Grundsätzlich, sagte ihr Sprecher, böte die Corona-Einreiseverordnung mit
       der bundesweit einheitlichen Einstufung von Risikogebiet,
       Hochinzidenzgebiet und Virusvariantengebiet ja durchaus ein effektives
       Mittel, das aktuelle Infektionsgeschehen zu berücksichtigen und
       Infektionsketten zu unterbrechen.
       
       19 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Conti
 (DIR) Pascal Luh
       
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