# taz.de -- Jalisco-Kartell in Mexiko: Mafia bedroht Medien
       
       > In Mexiko droht ein Drogenkartell einer Nachrichtensprecherin mit dem
       > Tod. Der mexikanische Präsident sagte ihr Schutz zu.
       
 (IMG) Bild: Wer über die Mafia in Mexiko berichtet, muss mit dem Schlimmsten rechnen
       
       Die Botschaft des Mafiasprechers war eindeutig. „Ich bin nicht gegen die
       Pressefreiheit, sondern gegen die, die mich angreifen“, erklärte ein
       maskierter Mann in einem Video, das seit Montag in den sozialen Medien
       Mexikos die Runde macht. Bewacht von schwerbewaffneten Kämpfern verlas er
       die Erklärung des Chefs des kriminellen Jalisco-Kartells, Nemesio Oseguera
       Cervantes. Darin beschuldigt Cervantes mehrere Medien, einseitig über die
       blutigen Kämpfe im südwestlichen [1][Bundesstaat Michoacán] zu berichten.
       Der Moderatorin Azucena Uresti drohte er mit ihrer Ermordung: „Wenn du
       nicht demütiger wirst und weiter gegen mich schießt, werde ich es dir geben
       und dafür sorgen, dass du deine Wörter frisst, auch wenn man mich des
       Femizids bezichtigt.“
       
       Cervantes’ Truppe, die sich Kartell Neue Generation Jalisco (CJNG) nennt,
       ist derzeit [2][die aggressivste Mafiaorganisation Mexikos]. Sie ist in
       mindestens der Hälfte der 32 Bundesstaaten des Landes aktiv. In Michoacán
       liefert sich das CJNG schwere Auseinandersetzungen mit konkurrierenden
       Banden und auch mit Selbstverteidigungsgruppen, in denen sich
       [3][Bürgerinnen und Bürger gegen den kriminellen Terror] zusammentun. Bei
       den Schusswechseln kommen fast täglich Menschen ums Leben. Die staatlichen
       Sicherheitskräfte bekommen die Lage nicht in den Griff – oder haben daran
       gar kein Interesse, weil sie auf der Gehaltsliste der Kartelle stehen.
       
       Die Drohung von Cervantes, „El Mencho“ genannt, richtet sich gegen die
       Berichterstattung der Tageszeitung Universal, der Mediengruppe Milenio
       sowie des Fernsehsenders Televisa. Die Medien würden schlecht über sein
       Kartell berichten, zugleich die Organisation Pueblos Unidos – Vereinte
       Völker – in ein gutes Licht stellen. Die Pueblos Unidos haben sich
       vergangenes Jahr als Bündnis von Gemeinden mehrerer Landkreise gegen die
       Angriffe der Mafia organisiert. „Wir sind Kleinbauern, Landwirte, ganz
       normale Bürger, die nicht mehr unter dem Joch der Verbrecher leben wollen“,
       erklärt Mitgründer Renato Santos auf der Plattform Animal Político.
       
       „El Mencho“ wirft dem Gegner dagegen vor, selbst für Entführungen und
       Schutzgelderpressungen verantwortlich zu sein. Die Medien fordert er auf,
       diese und andere, rivalisierende Gruppen nicht zu protegieren. Die
       Journalistin Uresti hatte zwei Tage vor dem Erscheinen des Videos in einem
       Milenio-TV-Programm über Kämpfe zwischen dem CJNG und
       Selbstverteidigungsgruppen berichtet.
       
       ## Eine Welle der Solidarität
       
       Mexiko ist eines der gefährlichsten Länder für Medienschaffende. Ständig
       geraten Journalistinnen und Journalisten ins Fadenkreuz der organisierten
       Kriminalität. Wer sich gegen die Interessen der Kartelle stellt oder die
       korrupten Verbindungen zwischen Politikern, Wirtschaft, Sicherheitskräften
       und der Mafia aufdeckt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Seit 2000 starben
       mindestens 139 Medienschaffende eines gewaltsamen Todes, im vergangenen
       Jahr waren es 8.
       
       Zahlreiche etablierte Medienbetriebe solidarisierten sich nach der
       Veröffentlichung des Videos in einer Erklärung mit ihren Kolleginnen und
       Kollegen. In vielen Regionen des Landes seien solche Drohungen die
       Vorankündigung für weitere Attacken gegen die Presse gewesen und hätten so
       „Zonen des Schweigens“ geschaffen. „Die Gruppen, die solche Drohungen
       verbreiten, wissen, dass sie das tun können, weil die Angriffe auf
       Journalisten und Medien seit Jahrzehnten straflos bleiben“, heißt es in dem
       Schreiben.
       
       Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador solidarisierte sich
       am Dienstag vor Journalisten mit der Moderatorin Uresti. „Wir sind mit ihr,
       sie ist nicht alleine“, sagte der Staatschef und betonte, seine Regierung
       werde alle schützen, die diesen Beruf ausüben.
       
       11 Aug 2021
       
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