# taz.de -- Diversität bei Disney: Mal wieder keine Hauptrolle
       
       > Im neuen Disney-Film „Jungle Cruise“ versucht sich das Unternehmen in
       > queerer Sichtbarkeit. Natürlich nur in Form einer Nebenfigur.
       
 (IMG) Bild: Jack Whitehall, Emily Blunt und Dwayne Johnsons sind auf der Suche nach dem magischen Baum
       
       Endlich bin ich mal wieder in ein Kino hinabgestiegen, um mich von Bässen
       und schnellen Bildern in eine weiche Stuhllehne drücken zu lassen. „Jungle
       Cruise“ ist der aktuelle, 200 Millionen Dollar teure Sommerblockbuster: ein
       beinahe zu Tode computeranimiertes Abenteuerspektakel mit Emily Blunt und
       Dwayne „The Rock“ Johnson in den Hauptrollen, denen es gerade noch so
       gelingt, dem Ganzen Leben einzuhauchen; zum Abschalten aber mehr als
       zufriedenstellend.
       
       Darin spielt der britische Comedian Jack Whitehall einen wunderbar tuntigen
       Sidekick im Stil eines femininen britischen Dandys. Er hat keine andere
       Funktion, als für ein paar Lacher zu sorgen, etwa indem er ein Dutzend
       Koffer mit exquisiter Abendgarderobe auf den Amazonastrip mitbringt oder
       wenn ihm die eine oder andere Anspielung aufs Schwanzlutschen entfleucht.
       
       Mit so was sind wir natürlich [1][heute nicht mehr okay, und das weiß
       Disney.] Flache homophobe Stereotype zur Unterhaltung gehen gar nicht.
       Deswegen hat der tuntige Sidekick eine Szene bekommen, um ihm Tiefe zu
       geben. Eine Szene, in der er dem „Rock“ offenbart, wie die piekfeine
       Londoner Gesellschaft ihn ausgestoßen hat, weil er Männer liebt. Und dann
       stoßen beide drauf an, anders zu sein. Disney klopft sich jetzt jedenfalls
       so stark auf die Schulter für dieses Stück queere Sichtbarkeit, dass man um
       die Schulter fürchten muss. Und die Darsteller*innen in ihren
       Promointerviews verdrücken ein Tränchen darüber, wie echt und berührend
       die Szene gewesen sei.
       
       Die Walt Disney Company hat letzthin viel Dreck abgekriegt, weil sich ihre
       Filme oft tuntiger, femininer oder [2][queer wirkender Sidekicks und
       Bösewichte] bedienen – während die Held*innen in blasse Heteroromanzen
       verwickelt sind. Das hat Disney beeindruckt, und deswegen bekommen unsere
       bösen Feen und Welpenkillerinnen jetzt eigene Filme mit schlimmen
       Kindheiten und unsere schwulen Witzbolde ein bisschen mehr Tiefe.
       
       Ich habe aber überhaupt nichts gegen einen platten schwulen Sidekick,
       dessen einzige Funktion es ist, exzentrisch und extravagant zu sein und
       irgendetwas Phallisches zu sagen. Das Problem in Massenmedien besteht nicht
       darin, dass die queeren Nebenfiguren zu platt sind. [3][Das Problem besteht
       darin], dass wir nach wie vor keine queeren Hauptfiguren kriegen. Wären
       Hauptfiguren in Disney-Blockbustern (oder auch ARD-Fernsehfilmen)
       routiniert LGBT, dann wären uns die Sidekicks doch völlig egal.
       
       Da es aber nicht so ist, sondern in der Familienunterhaltung eine zentrale
       Heteroromanze erforderlich ist, liegt gleich unterhalb der Hauptrollen eine
       gläserne Decke, unter der die LGBT-Nebenfiguren um ihr Leben tanzen. Und
       deswegen kriegt am Ende von „Jungle Cruise“ das Mädchen (Emily Blunt) den
       Jungen („The Rock“). Immerhin in dieser Reihenfolge, so weit sind wir
       schon.
       
       6 Aug 2021
       
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