# taz.de -- Klimaschutz im Verkehr: Kraftstoffe sollen grüner werden
       
       > Mit einem neuen Gesetz zur Minderung von Treibhausgasen bleibt Palmöl
       > länger im Tank. Stadtwerke produzieren eigenen Wasserstoff.
       
 (IMG) Bild: Pilotprojekt in Wuppertal: Hier fahren Busse mit Wasserstoff aus Müllverbrennungsanlage
       
       Berlin taz | Neue Regeln für mehr Klimaschutz im Verkehr hat der Bundestag
       Ende vergangener Woche beschlossen. Nach langer Diskussion verabschiedete
       er das Gesetz zur Treibhausgasminderungsquote und setzte damit eine
       EU-Vorgabe um. Es soll den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr
       steigern, also E-Mobilität sowie pflanzen- und strombasierte Kraftstoffe
       fördern. Ihr Anteil an Treibstoffen soll bis 2030 auf 32 Prozent ansteigen.
       Damit geht Deutschland über die EU-Vorgaben von einem Anteil von 14 Prozent
       hinaus.
       
       Palmöl kann die Biokraftstoffbranche dabei noch bis 2023 einsetzen. Während
       die Biokraftstoff-Industrie erfreut feststellte, künftig sei Klimaschutz im
       Verkehr „auf vielen verschiedenen Wegen“ möglich, kritisierten ihn die
       Grünen: „Bei allem Wissen um die Klimakrise und das weltweite Artensterben
       ist es eigentlich nicht zu glauben, dass wir im Jahr 2021 immer noch Palmöl
       im Tank verbrennen“, sagte Cem Özdemir.
       
       Geregelt hat der Bundestag auch einen [1][Seitenaspekt der Nutzung von
       Wasserstoff], auf den viele Stadtwerke mit großem Interesse schauten: die
       Herstellung von Wasserstoff mit Strom aus Müllverbrennungsanlagen. Dieser
       von den kommunalen Unternehmen „orange“ getaufte Wasserstoff soll – analog
       zu solchem, der mit Wind- oder Sonnenenergie produziert wurde – künftig
       auch als ökologisch gelten.
       
       In Wuppertal übt man das schon: 10 Elektrobusse mit Brennstoffzelle fahren
       dort im Linienverkehr, weitere 10 Fahrzeuge sind bestellt; dazu kommen
       demnächst zwei Müllfahrzeuge mit Brennstoffzelle. Betankt werden sie mit
       Wasserstoff, den der kommunale Abfallbetrieb selbst herstellt – mit Strom
       aus der eigenen Müllverbrennungsanlage.
       
       ## Pilotprojekt in Wuppertal
       
       Über den Bundestagsbeschluss zeigte man sich in Wuppertal erfreut. „Die
       Bundesregierung will Wasserstoff als Kraftstoff auf die Straße bringen“,
       sagt Conrad Tschersich, Technischer Geschäftsführer
       Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG). Hier entstehe nicht nur ein
       sinnvoller Kreislauf, sondern auch ein dringend benötigter Speicher in
       einem System erneuerbarer Energien. „Den Wasserstoff können wir zwischen
       der Erzeugung und der Verwendung speichern und so einen Puffer bilden“,
       sagt Tschersich. Rund 400.000 Tonnen Müll verbrennt die AWG in ihrer
       Müllverbrennungsanlage (MVA) jährlich, die Haushaltsabfälle von 1,4
       Millionen Einwohnern der Region sowie Gewerbemüll. „Das ist Abfall aus der
       Restmülltonne, der sich anders nicht hochwertig verwenden lässt“, sagt
       Tschersich.
       
       Perspektivisch könnte man neben Fernwärme und Strom auch so viel
       Wasserstoff herstellen, um 50 Nutzfahrzeuge betreiben zu können. Getankt
       wird auf der betriebshofeigenen Wasserstofftankstelle. Insgesamt umfasst
       der Fuhrpark der Stadtwerke 300 Busse und rund 100 Müllfahrzeuge. Ein Teil
       der erzeugten Energie der MVA wird zudem weiterhin als Fernwärme genutzt.
       Wasserstoff aus MVA-Strom könne also nur ein Teil der Lösung sein, sagt der
       Ingenieur, Deutschland werde auch künftig ein Energieimportland bleiben.
       
       Der Start für die Wasserstofftechnologie sei aber gemacht, daher pilgerten
       auch viele Kolleg:innen aus anderen Stadtwerken und Abfallunternehmen
       nach Wuppertal, um das Projekt zu besichtigen, so Tschersich. Laut einer
       Umfrage des Verbandes der Kommunalen Unternehmen (VKU) wollen von den 70
       klassischen MVA zwei Drittel eigenen Wasserstoff herstellen, um ihn in
       ihren Lkw- und Busflotten zu nutzen.
       
       Frank Peter, stellvertretender Direktor des Thinktanks Agora Energiewende,
       sieht das Konzept aber kritisch. „[2][Der Abfall in der MVA enthält hohe
       fossile Anteile aus Plastik]“, sagt Peter, „das ist nicht klimaneutral“.
       Energie aus Wind und Sonne dürfe Energie aus der Müllverbrennung nicht
       gleichgesetzt werden.
       
       Die Produktion von Wasserstoff werde jetzt hochlaufen, mit zahlreichen
       unterschiedlichen Verfahren. „Die Produzenten müssen den CO2-Fußabdruck der
       verschiedenen Verfahren transparent darstellen“, fordert Peter, „sonst lädt
       das Thema zum Greenwashing ein.“
       
       26 May 2021
       
       ## LINKS
       
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