# taz.de -- Stiftung Mercator und Klimaschutz: Geld aus dunklen Quellen
       
       > Die Stiftung Mercator steckt ihr Geld nicht nur in die
       > Agora-Denkfabriken. Woher ihr Kapital stammt, verschweigt die
       > Dachorganisation Meridian.
       
 (IMG) Bild: Ein Team des Think Tank Agora Energiewende besucht das energieautarke Dorf Feldheim, 2015
       
       Berlin taz | Eine Woche lang geht es ab diesem Montag darum, mit
       Stiftungsgeld die Welt zu verbessern: Beim Digitalen Deutschen Stiftungstag
       2021 tauscht sich die Szene von Mäzenen und ManagerInnen vom 7. bis zum 11.
       Juni virtuell unter dem Motto „Gemeinsam Zusammenhalt gestalten!“ [1][über
       Engagement und Geldanlagen] aus. Eine Debatte zur Klimapolitik darf nicht
       fehlen: Laut Programm diskutiert unter anderem [2][EU-Klimakommissar Frans
       Timmermans in einer Runde über einen „Global Green Deal“] die Umsetzung des
       Pariser Abkommens und darüber, „welchen Beitrag Stiftungen dazu leisten
       können“.
       
       Diese Frage hat die Stiftung Mercator aus Essen schon lange beantwortet.
       Die Organisation ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt, spielt aber
       hinter den Kulissen der deutschen Klimapolitik eine entscheidende Rolle.
       Keine andere Stiftung investiert so viel Kapital und Arbeit in die deutsche
       Energiewende und die Debatten zur Zukunftsfähigkeit.
       
       Der Einfluss der Financiers hat über die letzten Jahre systematisch eine
       gesellschaftliche Gegenmacht zu Lobbygruppen für fossile Energieträger
       aufgebaut. KlimaschützerInnen loben die Unterstützung und Transparenz der
       Stiftung Mercator, wenn es um die Umsetzung ihrer Projekte geht. Aber die
       Finanzspritzen haben einen Makel: Woher das Geld stammt, das die deutsche
       Klimapolitik vorantreibt, bleibt im Dunkeln.
       
       Dabei hängt ein Großteil der Klimaschutzszene in Deutschland am Tropf der
       Stiftung. Jährlich fördert sie mit etwa 12 Millionen Euro Projekte, die mit
       Klimafragen zu tun haben. Für alle Förderzwecke zusammen (die Schwerpunkte
       liegen ansonsten auf Kultur im Ruhrgebiet, Europa und dem sozialen
       Zusammenhalt) flossen 2019 mehr als 63 Millionen Euro.
       
       ## Umfangreiches Portfolio
       
       Bei den Klimathemen investieren die Essener vor allem in Forschung,
       Aufklärung und die Bildung von Netzwerken. Mit ihrem Geld sind [3][die
       Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende] entstanden, und
       sie finanzieren das Mercator Research Institute on Global Commons and
       Climate Change, einen Ableger des Potsdam-Instituts für
       Klimafolgenforschung.
       
       Mit Geld von Mercator arbeiten außerdem Projekte wie klimafakten.de, das im
       Netz gegen Falschbehauptungen der Klimawandelleugner anschreibt, und Clean
       Energy Wire, das mit englischen Texten der Welt die deutsche Energiewende
       erklärt. Dazu fließt Unterstützung für die Renewables Grid Initiative, bei
       der europaweit Netzbetreiber und Umweltgruppen an neuen Stromnetzen
       arbeiten, und das Projekt KlimaDiskurs, NRW, das Industrie und
       Zivilgesellschaft in Nordrhein-Westfalen zur Diskussion zusammenbringt.
       
       Auch die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit und die
       Wissenschaftsplattform Sustainable Finance, die das Finanzsystem ergrünen
       lassen soll, bekommen Geld von Mercator. Der Rechenschaftsbericht für das
       Jahr 2020 weist Zuwendungen für 38 kleinere und größere Institute und
       Projekte in diesem Bereich aus.
       
       ## Explizit politisch
       
       „Es ist kaum zu überschätzen, wie wichtig und positiv die Förderung durch
       die Stiftung Mercator für die Klimadebatte ist“, sagt der Präsident des
       Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert. Anders als bei Mitteln aus dem
       Bundesministerium für Bildung und Forschung oder der Deutschen
       Forschungsgemeinschaft habe Mercator explizit einen politischen Ansatz, der
       vorsehe, die Zivilgesellschaft als wichtigen Akteur zu unterstützen. „Sie
       wollen durch ihre Unterstützung gesellschaftlichen Mehrwert generieren und
       arbeiten mit der Zivilgesellschaft daran, wie eine Transformation zur
       Klimaneutralität aussehen kann. Das ist wirklich relevant“, sagt Niebert.
       
       Und anders als die eher unpolitischen Stiftungen, die sich in Deutschland
       sonst um Umweltschutz bemühen, setzt Mercator bewusst auf eine eher
       US-amerikanisch geprägte Philosophie, die Gesellschaft zu verändern. „Wir
       wollen durch fundierte Analyse und undogmatische Gesprächsrunden über
       ideologische und politische Grenzen hinweg Veränderungen anstoßen“, sagt
       Lars Grotewold, der den Bereich Klimaschutz bei der Stiftung leitet, im
       Gespräch mit der taz. „Unser Vorteil als Stiftung: Wir sind unabhängig vom
       Markt oder von Parteien“, so der Mercator-Manager. „Wenn wir einladen,
       haben wir keine versteckte Agenda, wie sie Akteuren aus Politik oder
       Wirtschaft unterstellt wird. Und wir sind klar in unseren Zielen und
       transparent.“
       
       ## Wo bleibt die Transparenz?
       
       Kaum transparent ist Deutschlands wichtigster Finanzierer von
       zivilgesellschaftlichem Klimaschutz allerdings in eigenen Dingen. Woher
       kommt das grüne Kapital, mit dem die Stiftung Mercator die Trommel für die
       Klimaneutralität rührt? 2020 hatte sie einen Haushalt von 112 Millionen
       Euro, das Geld für Projekte bekommt sie aber von ihrer
       [4][Dachorganisation, der Meridian Stiftung]. Die sitzt in Essen, gleich um
       die Ecke. So offen die Stiftung Mercator ist, wenn es um die Verwendung
       ihrer Gelder für Projekte geht, so verschlossen zeigt sich ihre
       Muttergesellschaft bei journalistischen Anfragen nach der Herkunft des
       Geldes.
       
       In der Meridian Stiftung hat die Essener Kaufmannsfamilie Schmidt einen
       Teil ihres Geldes angelegt. Das wurde im Großhandel verdient, mit der Metro
       Group. Die Nachfahren der Familie haben Ende der 1990er-Jahre die Stiftung
       Mercator und eine Schwesterstiftung in der Schweiz gegründet und „mit
       erheblichen finanziellen Mitteln aus ihrem Vermögen ausgestattet“, heißt es
       auf der Homepage. Ein neunköpfiger Beirat überwacht die Arbeit des
       Vorstands, der die Werte „Weltoffenheit, Respekt und Toleranz“ fördern
       soll.
       
       Und wie ist das Kapital heute angelegt? [5][Gibt es Ausschlusskriterien für
       Anlagen?] Oder sichern auch Anteile und Fonds das Kapital der Stiftung, die
       bei ihrem Bezug zum Ruhrgebiet nahelägen – zum Beispiel an den
       Energiekonzernen RWE und Eon, dem Stahlunternehmen Thyssenkrupp oder dem
       Chemiekonzern Evonik?
       
       Mit der fehlenden Transparenz in Finanzfragen sind auch MitarbeiterInnen
       der Mercator Stiftung und der geförderten Institutionen nicht glücklich.
       Und in der Meridian Stiftung gibt es dazu ebenfalls immer wieder Debatten.
       Aber bislang lautet die offizielle Antwort auf wiederholte Anfragen nur
       kurz und knapp: „Eine Veröffentlichung, in welcher Weise die Mittel
       investiert sind, ist seitens der Meridian Stiftung zum jetzigen Zeitpunkt
       nicht vorgesehen.“
       
       7 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Oekologische-Investments-in-EU/!5758209
 (DIR) [2] /Kampf-gegen-die-Erderhitzung/!5763143
 (DIR) [3] /Nach-Karlsruher-Urteil-zum-Klimaschutzgesetz/!5765774
 (DIR) [4] http://www.meridian.ruhr/
 (DIR) [5] /Europaeische-Union-und-Kapitalanlagen/!5735115
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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