# taz.de -- Lagebericht zu „Clankriminalität 2020“: Verstoß gegen Corona-Auflagen
       
       > Innensenator Andreas Geisel (SPD) legt Lagebericht zu „Clankriminalität“
       > vor. Schwerpunkte sind Verkehrsdelikte und Verstöße gegen
       > Infektionsschutz.
       
 (IMG) Bild: Februar 2021: Ein Mann wird bei einer Großrazzia gegen Clankriminalität in Berlin abgeführt
       
       Berlin taz | Die Berliner Polizei ordnet dem Bereich der so genannten
       Clankriminalität derzeit 388 Menschen zu. Das ist eine Erkenntnis aus dem
       [1][„Lagebild Clankriminalität 2020“], die Innensenator Andreas Geisel
       (SPD) am Montag vorstellte. Insgesamt wurden im vorigen Jahr rund 1.000
       Straftaten durch 291 Tatverdächtige, die der „Clankriminalität“ zugeordnet
       wurden, begangen. Schwerpunkte waren Delikte in den Bereichen Verkehr,
       Betäubungsmittel, Gewalt- und Eigentumskriminalität. Es gab 240
       polizeiliche Kontrolleinsätze, davon 71 im Verbund mit anderen Behörden,
       etwa Zoll oder Gesundheitsämter, in deren Verlauf 525 Objekte kontrolliert
       und 85 geschlossen wurden.
       
       Der Begriff „Clankriminalität“ ist hoch umstritten. Polizeibehörden
       bundesweit nutzen ihn seit den 90er Jahren, um damit Straftaten von
       Menschen aus bestimmten arabischen „Großfamilien“ zusammenzufassen, die
       sich zu mafiaähnlichen Strukturen zusammengeschlossen haben (sollen).
       Politisch hat der Kampf gegen „Clankriminalität“ seit einigen Jahren
       Konjunktur: Fast wöchentlich gibt es in Berlin medial begleitete Razzien
       gegen Geschäfte, etwa Shishabars, die als Treffpunkte oder
       Geldwaschanlagen gelten.
       
       Kritiker werfen unter anderem ein, dass sowohl der Begriff als auch solche
       Razzien offenkundig wenig Erfolge gegen organisierte Kriminalität (OK)
       zeitigen, [2][aber Vorurteile gegenüber Menschen arabischer Herkunft
       verfestigen]. Zudem wird kritisiert, dass die Zuordnung von Menschen zu
       „Clans“ im Widerspruch zum individuellen Strafrechtsprinzip stehe. Geisel
       wies dies erneut zurück: „Wir nehmen niemanden in Sippenhaft, nur weil er
       oder sie Mitglied einer bestimmten Familie ist. Wir gehen gegen Kriminelle
       vor, nicht gegen Familien.“
       
       Auffällig ist jedoch, dass in den Berichten zu Clankriminalität nicht nur
       von Straftaten, sondern auch von „Regelverstößen“ oder „Dominanzgebaren“
       die Rede ist – was strafrechtlich keine Rolle spielt. So [3][sagte
       Polizeipräsidentin Barbara Slowik 2019] bei der Vorstellung des „Lagebilds
       Organisierte Kriminalität Berlin 2018“, in dem erstmals Clankriminalität
       auftauchte: Einige Angehörige von Clan-Familien seien „im Bereich OK“
       unterwegs, andere „parken in der zweiten Reihe, tragen Rolex“. Solche
       Äußerungen geben der Kritik, es gehe bei „Clankriminalität“ weniger um
       Kriminalitätsbekämpfung als um herbeifantasierte Kulturkämpfe, neue
       Nahrung.
       
       Auch der neue Bericht wirft Fragen auf. So zählt er 12,6 Prozent der
       Delikte als „Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz“. Inwiefern das eine
       Spezialität der Clans ist, verrät der Bericht nicht.
       
       15 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.berlin.de/sen/inneres/presse/weitere-informationen/artikel.1063806.php
 (DIR) [2] /Grossrazzien-in-Berlin-Neukoelln/!5587218
 (DIR) [3] /Organisierte-Kriminalitaet-in-Berlin/!5645824
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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