# taz.de -- Jahresbilanz zur Clankriminalität: Geisels maue Bilanz
       
       > Als Beleg für Clankriminalität dienen Berlins Innensenator vor allem
       > Ordnungswidrigkeiten. Arabischstämmige Berliner empfinden das als
       > rassistisch.
       
 (IMG) Bild: Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) findet viel unverzollten Tabak
       
       Wie steht es eigentlich um die „Clankriminalität“? Dieser recht neuen
       Verbrechensform, die sich – glaubt man meist reißerischen Medienberichten –
       wie eine vielköpfige Hydra in Berlin und Deutschland ausbreitet, hatten
       Politik und Polizei vor knapp zwei Jahren den Kampf angesagt.
       
       Innensenator Andreas Geisel (SPD) legte damals einen 5-Punkte-Plan vor, der
       unter anderem vorsah, im Clanmilieu „konsequent“ auch kleinere
       Regelverstöße zu ahnden und verstärkt Gewerbe- und Finanzkontrollen
       durchzuführen. Diesen Montag legten LKA und Innenverwaltung nun ihre erste
       Jahresbilanz zur Bekämpfung der Clankriminalität vor.
       
       Die ist eher mau. 382 Einsätze hat die Polizei 2019 im Zusammenhang mit
       Clankriminalität durchgeführt, davon 104 im „Verbund“ mit anderen Stellen
       wie Ordnungsämtern, Steuerfahndung, Zoll. Im Schnitt zweimal die Woche
       rückten die versammelten Ordnungshüter also aus – und kontrollierten dabei
       unter anderem 190 Shisha-Bars, 322 Cafés/Bars, 60 Wettbüros und
       Spielstätten, 25 Barber-Shops, 11 Juweliere. Dabei wurden 35.000 Euro
       beschlagnahmt, dazu 31.606 Zigaretten und 554 Kilogramm Wasserpfeifentabak
       (beides unverzollt), 123 Pkw, 2 Motorräder und 104 Waffen.
       
       Es gab 972 Strafanzeigen – davon 428 Drogendelikte, 100 Verkehrsstraftaten,
       55 Verstöße gegen das Waffengesetz. Es gab aber vor allem: 5.908
       Ordnungswidrigkeitsverfahren, davon 5.398 (sic!)
       Verkehrsordnungswidrigkeiten und 499 sonstige wie Verstöße nach dem
       Jugendschutzgesetz, der Preisangabenverordnung, der Gewerbeordnung oder dem
       Gaststättengesetz.
       
       Kurz gesagt: Bei den Razzien in migrantischen (Klein-)Gewerben kommt vor
       allem Kleinkram heraus. Straftaten, wie man sie gefährlichen Kriminellen
       zutraut, kann man dagegen an vier Händen abzählen: Raub 2, Sexualdelikte 2,
       Eigentumsdelikte 12, Betrug 3, Bedrohung 3. Kein Wunder, dass Geisels
       Strategie von arabischstämmigen Berliner*innen immer stärker als
       rassistische Schikane und Einschüchterung empfunden wird.
       
       Denn was Geisel und seine Polizeipräsidentin nicht schaffen: zu erklären,
       was kleine Verkehrsdelikte und Bagatellen im Gewerberecht mit gefährlichen
       Clans zu tun haben. Weiterhin hantieren sie in dem Bericht mit
       Sarrazin’schen Phrasen wie etwa der angeblich „in weiten Teilen der
       arabischstämmigen Community bestehenden Parallelgesellschaft“.
       
       Auch diffuse Verweise auf eine „Ablehnung des in Deutschland
       vorherrschenden Werte- und Normensystems“ helfen bei der
       Verbrechensbekämpfung kaum weiter. Denn das ist trivial: Offenkundig lehnen
       alle Verbrecher, auch deutsche, die Rechtsordnung ab – darum verstoßen sie
       dagegen. Aber: Was hat das mit dem kleinen Mann auf der Sonnenallee zu tun?
       
       30 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Organisierte Kriminalität
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
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