# taz.de -- China verschärft Kontrolle der Presse: Schluss mit Nische der Freiheit
       
       > Journalisten in der Volksrepublik müssen für den Presseausweis nun auch
       > ihre Profile in den sozialen Netzwerken staatlich prüfen lassen.
       
 (IMG) Bild: Chinesische Journalisten müssen Online-Profile jetzt staatlich prüfen lassen
       
       Peking taz | Als das Coronavirus vor etwas über einem Jahr in Wuhan wütete,
       haben viele junge Chinesen aus den Ostküstenmetropolen die
       propagandistischen Staatsmedien ignoriert und ihre Informationen
       stattdessen aus den sozialen Medien bezogen. Auf Plattformen wie [1][WeChat
       und Weibo] haben ein knappes Dutzend Bürgerjournalisten die chaotische
       Realität im einstigen Corona-Epizentrum mit ihrer Smartphone-Kamera
       dokumentiert. Ihre Videos konnten die Blogger posten, ohne, dass die
       Zensoren ihnen zuvorkamen.
       
       Doch nun wird auch eine letzte Nische der chinesischen Meinungsfreiheit
       weiter eingeschränkt. Als Teil eines alljährlichen Überprüfungsprozesses
       werden seit diesem Jahr alle persönlichen Publikationen von Journalisten
       auf sozialen Medien ausgewertet – ganz gleich, ob diese privat oder als
       Teil der öffentlichen Berufsrolle gepostet wurden.
       
       Erst dann entscheidet sich, ob die Presseausweise für einzelne Kollegen
       verlängert oder entzogen werden. In der Ankündigung der Pekinger
       „Generalbehörde für Presse und Publizistik“ vom 19. Januar begründet man
       die Entscheidung im blumigen Duktus der Kommunistischen Partei: „Um das
       wichtige Gedankengut von Generalsekretär [2][Xi Jinping] zu Propaganda und
       ideologischer Arbeit gründlich umzusetzen“.
       
       Die scheinbar kleine Änderung bringt nachhaltige Konsequenzen mit sich.
       Denn in den letzten Jahren haben viele Redaktionen, die bestimmte heikle
       Recherchen nicht auf ihren Zeitungsseiten oder Webseiten publizieren
       durften, diese auf sozialen Medien gepostet. Die roten Linien der
       Zensurbehörden sind fließend – und selbst für erfahrene Journalisten oft
       nicht immer zu erkennen.
       
       ## Immer mehr staatliche Kontrolle im Netz
       
       Seit Jahren florieren zudem die sogenannten „Wir-Medien“ in China, bei
       denen ganz normale Bürger auf Onlineplattformen Inhalte publizieren. So hat
       beispielsweise die in Wuhan lebende Autorin „Fang Fang“ ihre in China
       millionenfach gelesenen Tagebücher über den Virusausbruch auf dem
       Twitter-ähnlichen Weibo publiziert, während traditionelle Medien die
       kritischen Essays nicht aufgreifen durften.
       
       Laut dem Pressefreiheit-Index der Pariser NGO „Reporter ohne Grenzen“
       landet die Volksrepublik China auf dem 177. von insgesamt 180 Plätzen, kaum
       ein Land sperrt mehr Journalisten hinter Gitter. Die Staatsführung hat seit
       Xi Jinpings Amtsantritt die Zügel der Pressefreiheit massiv angezogen.
       Grundsätzliche Kritik, die am Legitimitätsanspruch der Kommunistischen
       Partei kratzt, wird mit rigoroser Härte des Sicherheitsapparats verfolgt.
       
       Neu ist auch, dass verstärkt gegen herkömmliche User auf ausländischen
       Plattformen vorgegangen wird – etwa Twitter oder Facebook, die offiziell
       innerhalb der Volksrepublik verboten und nur über eine sogenannte
       [3][VPN-Software] zu erreichen sind. Innerhalb der letzten drei Jahre haben
       die Behörden mehr als 50 Bürger zu Gefängnisstrafen wegen kritischer Posts
       auf Twitter und Co verurteilt. Dabei ging es vornehmlich um Kritik an
       Themen, die die Kommunistische Partei als sensibel betrachtet: die
       Protestbewegung in Hongkong, den rechtlichen Status Taiwans oder die
       Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang.
       
       6 Feb 2021
       
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