# taz.de -- Verschärfte Coronaregeln in Berlin: Das letzte Fünkchen Hoffnung
       
       > Die Appelle klingen verzweifelt: Michael Müller wirkt, als habe er den
       > Kampf gegen einen zweiten Lockdown bereits als hoffnungslos aufgegeben.
       
 (IMG) Bild: Und jetzt? Michael Müller wirkt ratlos
       
       Wer Michael Müller am Dienstag bei der Pressekonferenz nach der
       Senatssitzung beobachtete, wurde den Eindruck nicht los, dass Berlins
       Regierungschef nicht mehr daran glaubt, einen erneuten weitreichenden
       Lockdown wegen Corona noch verhindern zu können. Den Blick nach unten
       gerichtet, auf Tabellen mit Infektionszahlen verweisend, mit Appellen, die
       eher verzweifelt klangen: So wirkt kein Politiker, der glaubt, die
       Entwicklung noch in der Hand zu haben.
       
       Die Beschlüsse des Senats entsprechen dem Vorgehen der vergangenen Wochen.
       Es wurde ein bisschen verschärft, etwa bei privaten Treffen in Räumen, und
       entlang von zehn belebten Straßen [1][gilt nun eine Maskenpflicht]. Ob
       diese Entscheidungen angesichts der stark steigenden Coronazahlen noch
       Wirkung zeigen können, ist unsicher, denn wirklich drastisch sind sie
       nicht. Ob sie überhaupt etwas bewirken könnten, auch. So ist weithin
       spekulativ, ob Menschen auf der Straße von passierenden anderen Menschen
       angesteckt werden können.
       
       Denn anders als in den späten Sommermonaten von Politik und Wissenschaft
       behauptet, hat man nicht so viel mehr Wissen über das Virus, dass dieses
       zumindest kontrollierbar wäre. Die vergangenen drei Wochen mit ihrer
       unerwartet dramatischen Entwicklung haben das gezeigt. Lange hat etwa
       Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) die Partypeople der Stadt als
       Infektionstreiber gebrandmarkt, nur um inzwischen festzustellen: Sie waren
       es nicht, zumindest nicht alleine.
       
       Müller verwies am Dienstag darauf, dass er und die SPD gern härtere
       Vorgaben für private Treffen – nach aktuellem Stand wichtigste Orte der
       Virusverbreitung – durchgesetzt hätten, diese aber im Senat keine
       Unterstützung fanden. Gleichzeitig betonte der Regierende, einen Lockdown
       um jeden Preis verhindern zu wollen, wie ihn etwa Pankows
       Linkspartei-Bürgermeister bereits fordert, wenn auch auf zwei Wochen
       befristet. Schließlich wäre das auch das Eingeständnis der Politik, versagt
       zu haben und von einem Virus überlistet worden zu sein.
       
       Dass dieses Eingeständnis in Kürze kommen wird, dafür spricht viel.
       Offenbar will es aber kein Länderchef allein und vor allem: als Erster
       abgeben. So lässt sich Müllers deutlicher Hinweis auf die in zwei Wochen
       anstehende Bund-Länder-Sitzung zum weiteren Vorgehen lesen: Dann werden
       alle Regierenden sich den BürgerInnen offenbaren müssen. So lange bleibt
       ein kleines Fünkchen Hoffnung.
       
       20 Oct 2020
       
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