# taz.de -- Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden: Seehofers Dunkelfeld
       
       > Ein Verfassungsschutz-Bericht macht das Rechtsextremismus-Problem in den
       > Sicherheitsbehörden sichtbar. Und der Innenminister? Wiegelt ab.
       
 (IMG) Bild: Will kein strukturelles Problem in seinen Behörden sehen: Innenminister Horst Seehofer (CSU)
       
       Was für eine vertane Chance. Anlässlich der Vorstellung des Lageberichts zu
       Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden hätte der Bundesinnenminister
       ein Signal senden können: dass er es wirklich ernst meint mit dessen
       engagierter Bekämpfung. Doch was macht [1][Horst Seehofer]? Er
       beschwichtigt, auf dünnster Datengrundlage. Ein strukturelles Problem
       schließt er aus. Und betont, dass mindestens 99 Prozent der Beamt:innen auf
       dem Boden des Grundgesetzes stünden.
       
       Dass dies so ist, kann man nur hoffen. Ob es stimmt, kann aber auch der
       Innenminister nicht wissen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat für den
       Lagebericht lediglich bereits bekannt gewordene Fälle zusammengetragen. Die
       Behörden durchleuchtet oder Beamt:innen befragt hat es nicht. Die Anzahl
       der registrierten Fälle aber hängt neben dem wahren Ausmaß des Problems
       auch vom Bewusstsein dafür in Ländern und Behörden ab -– und oft leider
       auch vom Zufall, wie die jüngsten [2][Fälle in Nordrhein-Westfalen] gezeigt
       haben. Behördenintern gemeldet wurden diese nicht.
       
       Völlig zu Recht weist deshalb der Verfassungsschutz selbst auf das
       sogenannte Dunkelfeld hin. Das heißt: Im Lagebericht wird nur die Spitze
       des Eisbergs gezeigt, auch wenn jeder dieser Fälle besonders schwer wiegt.
       Schließlich üben die Beamt:innen das [3][staatliche Gewaltmonopol] aus und
       haben Zugang zu Waffen.
       
       Notwendig aber wäre es, auch den Rest des Eisbergs sichtbar zu machen, also
       eine realistische Vorstellung davon zu bekommen, wie groß das Problem
       wirklich ist. Das geht nur durch aufwendige Studien von unabhängigen
       Wissenschaftler:innen, gegen die sich Seehofer weiterhin wehrt.
       Stattdessen will er eine Untersuchung zu Rassismus in der Gesellschaft in
       Auftrag geben, ein recht gut erforschtes Phänomen. Das muss man dann wohl
       als Ablenkung vom Kern des Problems bezeichnen.
       
       Was Seehofer unterschätzt: Seine Beschwichtigungsversuche und
       Ablenkungsmanöver stärken das Vertrauen in die Polizei und andere
       Sicherheitsbehörden eben nicht. Aufklärung und entschlossenes Handeln
       würden dabei helfen. Also das Gegenteil von dem, was der Innenminister
       derzeit tut. Auch wenn er Kritiker:innen stets unterstellt, dass sie es
       sind, die das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden untergraben..
       
       6 Oct 2020
       
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