# taz.de -- NGO moniert Hartz IV für Flüchtlinge: Verfassungswidrig niedrig?
       
       > Flüchtlinge bekommen weniger Geld als Bezieher von Arbeitslosengeld II.
       > Dabei markiert Hartz IV doch offiziell bereits das Existenzminimum.
       
 (IMG) Bild: Einblick in das karge Leben in einer Sammelunterkunft für Flüchtlinge in Reutlingen
       
       Freiburg taz | Die Sozialleistungen für Flüchtlinge sind zu niedrig – und
       verstoßen deshalb gegen das Grundgesetz kritisiert die Gesellschaft für
       Freiheitsrechte (GFF). Sie hat deshalb eine Mustervorlage erstellt, mit
       deren Hilfe Sozialgerichte das Problem dem Bundesverfassungsgericht
       vorlegen können.
       
       Schon seit 1993 werden die Sozialleistungen für Flüchtlinge in einem
       speziellen Gesetz geregelt, dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Weil
       die ursprünglichen Sätze nie angepasst wurden, beanstandete das
       Bundesverfassungsgericht 2012 das AsylbLG. Auch Flüchtlinge haben Anspruch
       auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, so die Richter.
       
       Nach dem Urteil wurde das Asylbewerberleistungsgesetz 2014 zwar reformiert.
       Es sieht aber immer noch keine Gleichbehandlung mit Hartz-IV-Empfängern
       vor. Die AsylbLG-Leistungen liegen unter dem Strich rund zwölf Prozent
       unter den Hartz-IV-Leistungen, die doch bereits [1][das Existenzminimum
       markieren].
       
       Der Bundestag begründete dies mit dem noch nicht verfestigten Aufenthalt in
       Deutschland. So müssten Asylantragsteller noch nicht auf einen Computer
       oder ein TV-Gerät sparen. Leistungen nach dem AsylbLG erhalten alle
       Asylantragsteller in den ersten 18 Monaten sowie abgelehnte Antragsteller
       mit Duldungsstatus.
       
       ## „Schicksalsgemeinschaft“ soll sparen
       
       Die GFF hält solche Abschläge vom Existenzminimum für sachlich nicht
       gerechtfertigt und deshalb für verfassungswidrig. Es könne nicht
       unterstellt werden, dass sich Flüchtlinge in der Regel nur vorübergehend in
       Deutschland aufhalten.
       
       Zum einen sei mehr als die Hälfte der Asylanträge erfolgreich. Aber auch
       abgelehnte Antragsteller erhielten oft aus humanitären Gründen eine Duldung
       und blieben noch lange oder dauerhaft in Deutschland. Außerdem seien die
       Kosten für Neuankömmlinge oft sogar besonders hoch. Wer keinen Computer und
       keinen Fernseher besitzt, habe stattdessen besonders hohe Ausgaben bei
       seinem Smartphone, so die GFF.
       
       Für Flüchtlinge, [2][die in Sammelunterkünften leben], wird seit 2019 sogar
       noch ein weiterer zehnprozentiger Abschlag abgezogen. Sie werden damit
       behandelt wie Ehepaare, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und „aus
       einem Topf“ wirtschaften. Da sie in gleicher Lage seien und damit eine
       „Schicksalsgemeinschaft“ bildeten, könnten Flüchtlinge in
       Sammelunterkünften etwa Bücher gemeinsam nutzen und Lebensmittel in
       Großpackungen einkaufen, so die Bundesregierung.
       
       Die GFF hält das für weltfremd. Solche Einsparungen seien überhaupt nicht
       realisierbar, weil es in einer Sammelunterkunft kein „Näheverhältnis“ wie
       in einer Ehe gebe. „Es ist nicht ersichtlich, weshalb Fremde, die sich rein
       zufällig in einer Unterkunft befinden, gemeinsam wirtschaften sollten“,
       heißt es in der GFF-Mustervorlage. Das Zusammenleben in den Unterkünften
       sei nicht von gegenseitigem Vertrauen geprägt, sondern von
       Verständnisproblemen und Konflikten.
       
       GFF-Expertin Sarah Lincoln geht davon aus, dass es bald entsprechende
       Richtervorlagen an das Bundesverfassungsgericht geben wird. In Eilverfahren
       hatten im letzten Jahr schon rund zehn Sozialgerichte von Freiburg bis
       Berlin verfassungsrechtliche Zweifel an der Rechtslage für Flüchtlinge aus
       Sammelunterkünften geäußert.
       
       29 Sep 2020
       
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 (DIR) Christian Rath
       
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