# taz.de -- Lompscher-Nachfolger Scheel: Kein Marktschreier
       
       > Sebastian Scheel wird der Nachfolger von Stadtentwicklungssenatorin
       > Katrin Lompscher. Das ist für das Land besser als für die Linkspartei.
       
 (IMG) Bild: Der Neue will erst mal nachdenken: Berlins Bausenator Sebastian Scheel
       
       Es gab natürlich trotzdem Gemecker – er sei ja der Mann, der seiner
       ehemaligen Chefin als Staatssekretär treu gedient habe, und Weiteres in
       diesem Sinne. Aber unterm Strich gab es wenig negative Reaktionen auf die
       Personalie der Woche: Montagabend hatte die Linkspartei kundgetan, dass der
       bisherige Staatssekretär Sebastian Scheel an die Spitze der
       Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rücken und die Nachfolge von Katrin
       Lompscher antreten würde. Die war Anfang August wegen nicht an die
       Landeskasse weitergereichter und zudem nicht versteuerter
       Aufsichtsratsbezüge zurückgetreten.
       
       Aus Sicht der Linkspartei eher konservativ gekleidet, angenehm im Ton, gut
       informiert, nicht auf Krawall oder Effekthascherei aus – Scheel ist von
       seiner Persönlichkeit her keiner, mit dem sich Investoren oder auch die
       Chefs der landeseigenen Wohnungsgesellschaften ungern an einen Tisch setzen
       dürften. Das ist gut fürs Land, weil aus einer guten Zusammenarbeit heraus
       auch das folgen könnte, was Berlin neben einem Corona-Impfstoff am meisten
       braucht: neue Wohnungen, um den Preisdruck zu mindern.
       
       Die Frage ist bloß, ob das, was gut für das ganze Land sein könnte, auch
       gut für die Linkspartei ist. Denn die erste Plenarsitzung des
       Abgeordnetenhauses am Donnerstag hat mehr oder minder das Wahlkampfjahr bis
       zur Abstimmung im September 2021 eingeläutet. Ein extrovertierter,
       marktschreierischer Typ kann in solchen Zeiten für seine Partei mehr
       punkten als einer, der bedächtig auftritt und ankündigt, bestimmte Dinge
       erst mal in seiner Verwaltung zu prüfen.
       
       Genau das hat Scheel nämlich bei seiner Vorstellung bei einem der
       wichtigsten, vielleicht sogar dem wichtigsten Projekt der Linkspartei
       getan. Gefragt nach seiner Haltung zum mit Milliardenausgaben für den
       Landeshaushalt verbundenen Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co. enteignen,
       sagte Scheel: Seine Verwaltung werde demnächst eine Stellungnahme
       erarbeiten – „dabei wird sich die Meinung bilden“. Das ist an sich eine
       sehr sympathische Herangehensweise, aber keine, mit der sich Wähler im
       linken Lager gewinnen lassen dürften.
       
       Landesparteichefin Katina Schubert, die ihn vorstellte, sah sich genötigt
       zu ergänzen: „Die Haltung der Partei ist klar.“ Und wie: Nicht nur dass es
       einen Landesparteitagsbeschluss dazu gibt, das Begehren zu unterstützen.
       Nein, die Linkspartei – die das als Regierungspartner auch im Senat
       durchzusetzen versuchen könnte – hat auch mit Plakaten für das
       Volksbegehren geworben. Der Slogan: „Berlin hat Eigenbedarf!“ Kurzum: Die
       Not der Linkspartei bei der Nachfolgesuche für Lompscher muss schon
       erheblich gewesen sein, dass sie nun diesen nüchtern abwägenden Mann zum
       Senator macht. Für die Stadt ist er mutmaßlich alles andere als eine
       schlechte Wahl – ob die Linkspartei auch von ihm profitieren kann, muss
       sich erst noch zeigen.
       
       21 Aug 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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