# taz.de -- Nach NS-Vergleich: Gedenkstättenleiter unter Druck
       
       > Siegfried Reiprich, Chef der Stiftung Sächsische Gedenkstätten,
       > bezeichnet die Stuttgarter Krawalle als „Bundeskristallnacht“. Nun wächst
       > die Kritik.
       
 (IMG) Bild: „Bundeskristallnacht oder ‚nur‘ ein südwestdeutsches Scherbennächtle?“ Stuttgart am 21. Juni
       
       Dresden taz | Wohlgelitten war Siegfried Reiprich in Sachsen noch nie. Die
       in den vergangenen Jahren leiser gewordene Kritik am Geschäftsführer der
       Stiftung Sächsische Gedenkstätten bezog sich allerdings auf fachliche
       Probleme und seinen persönlichen Umgang mit Mitarbeitern. Nur fünf Monate
       vor seiner auf eigenen Wunsch vorgezogenen Pensionierung hat er nun mit
       einem Tweet zu den Stuttgarter Krawallen auch überregional für Empörung
       gesorgt.
       
       „War da nun eine Bundeskristallnacht oder ‚nur‘ ein südwestdeutsches
       Scherbennächtle? Das wollen wir doch hoffen, und mehr; weg damit! Braucht
       keiner“, schrieb er am 29. Juni, eine gute Woche nach den Ausschreitungen
       und Plünderungen in der Stuttgarter Innenstadt.
       
       Einen Tag später konterte er die Flut von kritischen Einträgen mit einem
       Zitat des Publizisten und Journalisten Peter Scholl-Latour: „Wir geraten
       in die Position einer bedrohten Minderheit.“ „Wir Weißen, Kaukasier, oder
       wie immer man es nennen will“, fügte Reiprich hinzu.
       
       Siegfried Reiprich gehörte in der DDR gemeinsam mit dem heutigen
       Stasi-Bundesbeauftragten Roland Jahn und dem sächsischen Landesbeauftragten
       Lutz Rathenow zum oppositionellen Arbeitskreis Literatur und Lyrik in Jena.
       Er durfte nicht studieren und wurde zur Ausbürgerung in den Westen
       gedrängt. 2009 wurde er auf Betreiben der CDU zum Geschäftsführer der
       Gedenkstättenstiftung gewählt und 2014 für sieben Jahre wiedergewählt.
       
       ## Kommt die Amtsenthebung?
       
       „Ich distanziere mich scharf von den jüngsten Äußerungen des
       Geschäftsführers“, teilte nun CDU-Kulturministerin Barbara Klepsch mit. Sie
       ist auch Vorsitzende des Stiftungsrates der Gedenkstättenstiftung.
       
       „Der angedeutete Vergleich zwischen den jüngsten Krawallen in Stuttgart und
       den [1][NS-Pogromen 1938] verkennt die Wesensmerkmale von politischer
       Gewaltherrschaft. Das widerspricht klar dem Sinn der Gedenkstättenarbeit“,
       fügt Klepsch hinzu. Sie kündigte an, den Stiftungsrat kurzfristig zu einer
       Sondersitzung einzuladen. Möglicherweise plädiert der für eine
       Amtsenthebung Reiprichs.
       
       Der Geschäftsführer solle sofort zurücktreten, „um weiteren Schaden von der
       Stiftung, ihren Beschäftigten und dem Ansehen des Freistaates abzuwenden“,
       forderte der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion, Franz Sodann, im
       Landtag.
       
       Reiprichs Vergleich sei „die besonders geschmacklose und perverse
       Fortsetzung einer Reihe von Äußerungen, mit denen er der Erinnerungskultur
       in Sachsen schweren Schaden zugefügt hat.“ Sodann spielt auf fünf Jahre
       zurückliegende Vorwürfe an, Reiprich favorisiere einseitig die
       DDR-Aufarbeitung zulasten der mahnenden [2][Erinnerung an die NS-Diktatur].
       
       Zu seinen Kontrahenten damals zählte der Direktor der Landeszentrale für
       politische Bildung, Frank Richter, inzwischen für die SPD im Landtag. „Er
       gibt sich als Anhänger rechten Gedankenguts zu erkennen“, sagt Richter
       heute. Reiprich verletze damit die Opfergruppen, für die er eigentlich
       Verantwortung trage.
       
       2 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Jahrestag-der-Novemberpogrome/!5639864
 (DIR) [2] /Angriffe-auf-KZ-Gedenkstaetten/!5684941
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Gedenkstätte
 (DIR) Sachsen
 (DIR) Schwerpunkt Nationalsozialismus
 (DIR) Reichspogromnacht
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Gedenkstätte
 (DIR) Prepper
 (DIR) Schwerpunkt AfD
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gedenkstättenstiftung Sachsen: Reiprich muss gehen
       
       Siegfried Reiprich darf die sächsische Gedenkstättenstiftung nicht mehr
       leiten. Er hatte Krawalle in Stuttgart mit der Reichspogromnacht
       verglichen.
       
 (DIR) taz-Recherche zu rechtsextreme Preppern: Rechte Reserve im Bundestag
       
       Ein Mitglied der „Zuflucht“-Preppergruppe arbeitet für die AfD im
       Bundestag. Der Mann hat sich auch in der Partei engagiert.
       
 (DIR) Sachsens Verfassungsschutzchef: Versetzung nach Disput über AfD
       
       Sachsens Innenminister versetzt Verfassungsschutzchef Meyer-Plath. Offenbar
       gab es eine Auseinandersetzung über die Beobachtung der AfD.
       
 (DIR) Angriffe auf KZ-Gedenkstätten: Im Visier der Neonazis
       
       Orte der Erinnerung an die Naziverbrechen werden mehr und mehr zur
       Zielscheibe von Rechtsradikalen. Eine Chronologie der vergangenen vier
       Jahre.