# taz.de -- Härtere Strafen für Missbrauch: Verbrechen ohne Wenn und Aber
       
       > Justizministerin Lambrecht will Missbrauch deutlich härter bestrafen:
       > Zukünftig soll eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis gelten.
       
 (IMG) Bild: Justizministerin Christine Lambrecht will sexualisierte Gewalt gegen Kinder härter bestrafen
       
       Freiburg taz | Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant eine
       erhebliche Anhebung der Mindeststrafen bei [1][sexuellem Missbrauch] und
       beim Besitz von Missbrauchsdarstellungen. „Ich will, dass sexualisierte
       Gewalt gegen Kinder ohne Wenn und Aber ein Verbrechen ist“, sagte sie bei
       der Vorstellung eines Eckpunkte-Pakets, zu dem „schnell“ Gesetzentwürfe
       folgen sollen.
       
       Zunächst soll der Begriff „sexueller Missbrauch von Kindern“ durch
       „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ ersetzt werden. Der Begrff „Missbrauch“
       sei unangebracht, so Lambrecht, weil er suggeriere, dass es auch einen
       legalen „Gebrauch“ von Kindern gebe.
       
       Der Strafrahmen für „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ soll auf ein Jahr
       [2][bis 15 Jahre Freiheitsstrafe] erhöht werden (bisher sechs Monate bis 10
       Jahre). Mit einer Mindeststrafe von einem Jahr gilt das Delikt als
       „Verbrechen“ (bisher nur als „Vergehen“). Konkret heißt das: Verfahren
       können nicht mehr gegen Geldauflage eingestellt und auch nicht per
       Strafbefehl erledigt werden. Es muss also stets eine Gerichtsverhandlung
       stattfinden.
       
       Lambrecht will nur zwei Ausnahmen von der Verbrechens-Einstufung zulassen.
       Bei sexuellen Handlungen vor Kindern ohne Körperkontakt soll der
       Strafrahmen bei sechs Monaten bis 10 Jahren liegen, etwa wenn der Täter vor
       einem Kind onaniert. Außerdem soll bei einvernehmlichen sexuellen
       Handlungen von „annähernd Gleichaltrigen“ im Einzelfall von Strafverfolgung
       abgesehen werden können. Gemeint ist, dass ein 13-jähriger Junge (also ein
       Kind) mit einem 14-jährigen Mädchen (kein Kind mehr) Zungenküsse und mehr
       austauscht.
       
       Auch der Besitz von Missbrauchsdarstellungen soll künftig stets ein
       Verbrechen sein, so Lambrecht. Es würde also ein kurzer Video-Clip auf dem
       Smartphone zu einer Mindeststrafe von einem Jahr führen. Aus Gründen der
       Verhältnismäßigkeit soll es nur eine Ausnahme für „fiktive“ Darstellungen
       geben, also zum Beispiel für Zeichnungen.
       
       Eine weitere wichtige Verschärfung betrifft die Untersuchungshaft. In
       Fällen „schwerer sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ – gemeint ist zum
       Beispiel der Geschlechtsverkehr eines Erwachsenen mit einem Kind – soll der
       Täter künftig regelmäßig in U-Haft kommen. Eine eindeutige Flucht- oder
       Verdunkelungsgefahr ist nicht mehr notwendig, um den Täter in U-Haft zu
       bringen. Bisher gibt es eine so strenge Regelung nur für wenige Delikte wie
       Mord, Vergewaltigung und schwere Körperverletzung.
       
       1 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Missbrauchskomplex-Bergisch-Gladbach/!5697556
 (DIR) [2] /Strafmass-bei-sexuellem-Missbrauch/!5688033
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kindesmissbrauch
 (DIR) Pädophilie
 (DIR) Christine Lambrecht
 (DIR) Justizpolitik
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Kindesmissbrauch
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Kindesmissbrauch
 (DIR) Sexualisierte Gewalt
 (DIR) Datenschutz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Mein pädophiler Onkel: Bestraft und nicht geläutert
       
       Der Onkel unseres Autors ist ein verurteilter Pädophiler. Wie kann man mit
       ihm umgehen?, fragt der Autor. Und wie verhindern, dass er rückfällig wird?
       
 (DIR) Juristin über Missbrauchs-Gesetz: „Geradezu unlogisch“
       
       Bundesjustizministerin Lambrecht will Kindesmissbrauch härter bestrafen.
       Strafrechtsprofessorin Tatjana Hörnle kann das „fachlich nicht
       nachvollziehen“.
       
 (DIR) Prozess um Vergewaltigung in Freiburg: Anklage gegen 11 Männer
       
       Eine Frau zeigt mehrere Männer wegen Vergewaltigung an. Unter den
       Verdächtigen: Geflüchtete. Vielen schien der Fall schnell klar – bis zum
       Prozess.
       
 (DIR) Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach: 30.000 Verdächtige
       
       Der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach erreicht eine neue Dimension:
       Ermittler entdeckten Tarnnamen und Spuren von mehr als 30.000 Verdächtigen.
       
 (DIR) Studie zu sexualisierter Gewalt: EKD will Missbrauch aufarbeiten
       
       Die evangelische Kirche hat eine Studie zu sexualisierter Gewalt in
       Gemeinden beschlossen. Sie soll helfen, zukünftige Übergriffe zu
       verhindern.
       
 (DIR) Innenminister beraten über Missbrauch: Dauerkampf um Speicherpflicht
       
       Die Union fordert vor der Innenministerkonferenz, die
       Vorratsdatenspeicherung wiederzubeleben, um Missbrauch zu bekämpfen. Die
       SPD ist skeptisch.