# taz.de -- Lobbyregister für Abgeordnete: Mehr Transparenz wagen
       
       > Wohl wegen des Amthor-Skandals plant die Groko nun doch, ein
       > verpflichtendes Lobbyregister einzuführen. Das kommt zu spät, finden
       > manche.
       
 (IMG) Bild: Wegen Lobbyarbeit aufgeflogen
       
       Berlin taz | Der Fall Philip Amthor hat das Thema wieder auf die
       Tagesordnung gehoben: „Die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters
       ist höchste Eisenbahn und wurde viel zu lange verzögert“, sagt Roman
       Ebener, Lobbyismusexperte und Campaigning-Leiter bei abgeordnetenwatch.de.
       Und tatsächlich: Nach dem [1][Skandal um die Nebentätigkeit und Lobbyarbeit
       des CDU-Abgeordneten Amthor] für das US-Unternehmen Augustus Intelligence,
       hatte die Union vergangene Woche ihren langjährigen Widerstand gegen die
       Einführung eines Lobbyregisters aufgegeben.
       
       Ein Lobbyregister soll nachvollziehbar machen, welche Interessenvertretung
       in wessen Auftrag und mit welchem Budget auf die Gesetzgebung oder andere
       politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen versucht.
       
       Die Große Koalition erarbeite derzeit einen Gesetzentwurf, der nach der
       Sommerpause vorliegen soll, wie Matthias Bartke sagt, der Sprecher der
       Arbeitsgruppe Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung der
       SPD-Bundestagsfraktion. Für den 1. Oktober ist eine
       Sachverständigenanhörung im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestags
       geplant.
       
       Zu spät, kritisiert die Opposition, die den Koalitionsfraktionen vorwirft,
       den Gesetzgebungsprozess verzögern zu wollen. „Eine Anhörung vor der
       Sommerpause wäre nicht nur ein Zeichen der Koalition gewesen, dass sie
       verstanden hat, was die Menschen bewegt“, erklärte der Parlamentarische
       Geschäftsführer der Linksfraktion Jan Korte vergangene Woche. „Sie hätte
       ihr auch die Möglichkeit geboten, Erkenntnisse aus der Anhörung in einen
       möglichen Koalitionsentwurf aufzunehmen“, so Korte weiter.
       
       ## Reicht ein Lobbyregister aus?
       
       Das Lobbyregister hätte problemlos vor der Sommerpause diskutiert werden
       können, sagt auch Ebener von abgeordnetenwatch.de. „Die Koalition tritt
       allerdings derzeit weiter auf die Bremse.“ Das Thema Lobbyregister liegt
       bereits seit 2018 im Geschäftsordnungsausschuss, als Anträge von Linken und
       Grünen dorthin überwiesen wurden.
       
       Die [2][Forderung nach der Einführung eines Lobbyregisters] reicht jedoch
       noch weiter zurück. Seit 2008 haben Linke und Grüne im Bundestag immer
       wieder Anträge zu dem Thema gestellt. Die CDU blockierte die Einführung
       eines Lobbyregisters stets, da sie befürchtete, dass dadurch das freie
       Mandat und das Vertrauen in die Abgeordneten verletzt würden.
       
       Anders die SPD, die die Forderung schon im vorletzten Bundestagswahlkampf
       2013 in ihrem Wahlprogramm verankert hatte. Dennoch sei das Thema der SPD
       in den letzten Jahren nicht sonderlich wichtig gewesen, sagt der
       Bundestagsabgeordnete Marco Bülow gegenüber der taz. „Bei den letzten
       Koalitionsverhandlungen ist das Lobbyregister, welches die SPD eigentlich
       schon länger fordert, mal wieder als erstes unter den Tisch gefallen“, so
       Bülow, der seit seinem Austritt aus der SPD im November 2018 als
       parteiloser Abgeordneter im Bundestag sitzt.
       
       In der Ankündigung eines Lobbyregisters sieht Bülow in erster Linie
       politisches Kalkül: „Union und SPD wollen die Amthor-Debatte jetzt
       offensichtlich mit dem Hinweis auf das Lobbyregister schnell runterkochen.“
       
       Mit einem „Schmalspur-Lobbyregister“ werde man sich aber nicht
       zufriedengeben, sagt Timo Lange, Campaigner bei Lobbycontrol. „Alle
       eingetragenen Lobbyisten müssen offenlegen, wer die Auftraggeber sind,
       woher die Finanzierung kommt, auf was die Lobbyarbeit zielt.“ Diese
       Regelung habe für alle professionellen Interessenvertreter zu gelten,
       unabhängig davon, ob sie den Kontakt zum Bundestag oder zu den Ministerien
       suchen.
       
       Auch wenn die Einführung eines Lobbyregisters durch den Amthor-Skandal nun
       erstmals realistisch erscheint, zeigt der Fall doch auch die sich schon
       jetzt abzeichnenden Grenzen eines solchen Gesetzes.
       
       Amthors Verstrickungen mit der Wirtschaft wäre nämlich auch in einem
       solchen Lobbyregister nicht angabepflichtig gewesen.
       Transparenzorganisationen fordern daher weitere Maßnahmen wie die
       Einführung eines legislativen Fußabdrucks, Einschränkungen und
       Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten sowie eine
       Karenzzeitregelung für Abgeordnete und Regierungsmitglieder nach dem
       Ausscheiden aus der Politik.
       
       25 Jun 2020
       
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