# taz.de -- Medien in der Ukraine: Kampf im Netz
       
       > Präsident Wolodimir Selenski verlängert die Sperrung russischer
       > Webportale und Mailporgramme um weitere drei Jahre. Es gibt Lob und
       > Kritik.
       
 (IMG) Bild: Selenski nimmt im April auf einem Flughafen medizinisches Equipment aus China in Empfang
       
       Mönchengladbach taz | Kurz vor Mitternacht und damit im letzten Augenblick
       hat der ukrainische Präsident Selenski Selenski am Donnerstag die Sperrung
       einiger russischer Internetportale um weitere drei Jahre verlängert. Das
       Verbot war von Selenskis Vorgänger, [1][Ex-Präsident Petro Poroschenko], am
       15. Mai 2017 verhängt worden. Am Mittwoch hatte das ukrainische Parlament,
       die Rada, Selenski aufgefordert, diese Internet-Sanktionen gegen Russland
       zu verlängern.
       
       Betroffen sind Netzwerke wie vkontakte und Odnoklassniki, die ähnlich wie
       Facebook strukturiert sind. Auch Mailprogramme wie mail.ru und yandex
       lassen sich künftig in der Ukraine nicht abrufen. Damit bleiben auch
       Yandex.Maps und Yandex.Translate, die von ihrer Qualität durchaus mit
       Google vergleichbar sind, in der Ukraine gesperrt. Auch die
       Antiviren-Software der Firma Kaspersky bleibt verboten. Wer in der Ukraine
       damit arbeitet, muss auf regelmäßige Updates der Virendatenbank verzichten.
       
       Nach dem Verbot 2017 waren viele ukrainische Nutzer auf die Browser Opera
       oder Tor umgestiegen, mit denen sich das Verbot umgehen lässt. Insgesamt
       aber, so Poroschenko auf Facebook, sei dieses effektiv gewesen. So sei die
       Nutzung des russischen Netzwerkes VKontakte in der Ukraine nach dem Verbot
       von 54 auf 10 Prozent gesunken.
       
       Poroschenko lobte Selenski. Dieser habe richtig gehandelt. Etwas
       verwunderlich, so Poroschenko, sei jedoch, dass Selenski diesen Erlaß erst
       am letzten möglichen Tag unterschrieben habe. Mit dem Verbot, so
       Poroschenko, nehme man Russland ein wichtiges Mittel im hybriden Krieg
       gegen die Ukraine aus der Hand. Gleichzeitig erschwere es russischen
       Geheimdiensten persönliche Daten zu sammeln.
       
       ## Sechs Jahre Haft
       
       Ganz von der Hand zu weisen ist letztere Annahme nicht. Am 22. März 2019
       war der Ukrainer Pawel Grib, der sich mit seiner russischen Freundin in
       Weißrussland verabredet hatte und in Belarus vom russischen Geheimdienst
       nach Russland entführt worden war, zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.
       
       Dabei waren dem Ukrainer auch Ausschnitte aus seinen Chats im russischen
       Netzwerk Vkontakte zur Last gelegt worden. Wie russische
       Ermittlungsbehörden an diese und ähnliche Chats kamen und kommen, dürfte
       unschwer zu erraten sein.
       
       In der ukrainischen Medienwelt und Politik wird das Verbot weitgehend
       unterstützt. Lediglich die russlandfreundliche „Oppositionsplattform – für
       das Leben“ hatte sich gegen die Verlängerung ausgesprochen.
       
       Unterdessen wundert sich der ukrainische Gewerkschaftsaktivist Wolodimir
       Chemeris, warum der ukrainische Präsident zwar russische Portale verbietet,
       nicht aber das umstrittene ukrainische Portal Mirotworez (Friedensstifter).
       Auf deren Seite findet sich eine Datenbank angeblicher Feinde der Ukraine.
       
       ## Zwei Menschen ermordet
       
       Unter diesen waren auch der Politiker Oleh Kalaschnikow und der Publizist
       Oles Busina. Beide wurden, kurz nachdem sie auf dieser Seite aufgeführt
       worden waren, ermordet. Aktuell finden sich auf der Seite auch die
       ukrainischen Boxer Wassyl Lomatschenko und Olexandr Usik, sowie Ex-Kanzler
       Gerhard Schröder.
       
       Noch im Oktober hatte Parlamentssprecher Dmitri Rasumkow, so die
       ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform, einem ihrer Korrespondenten
       erklärt, das Parlament sei nicht befugt, Internetportale zu sperren. Der
       Ukrinform-Journalist hatte sich in seiner Anfrage auf einen Aufruf der
       UN-Beobachtermission für Menschenrechte in der Ukraine bezogen, das
       Mirotworez-Portal zu blockieren.
       
       16 May 2020
       
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