# taz.de -- Youtube-Filmfestival „We Are One“: Was ersetzt die große Leinwand?
       
       > Gut 20 internationale Filmfestivals, darunter Cannes, Venedig und die
       > Berlinale, starten Ende Mai ein Streaming-Festival auf Youtube. Hilft
       > das?
       
 (IMG) Bild: Bleibt dieses Jahr voraussichtlich verwaist: der Festivalpalast in Cannes
       
       Die [1][Berlinale hat Glück gehabt]. Am letzten Tag des Filmfestivals, am
       1. März, wurde in Berlin die erste Coronavirusinfektion bestätigt. Zwei
       Wochen später mussten die Kinos in Deutschland aus Sicherheitsgründen
       schließen. Bis auf Weiteres.
       
       Anderen Filmfestivals ist es schlechter ergangen. In Cannes sahen sich die
       Filmfestspiele zunächst gezwungen, den für Mitte Mai geplanten Start zu
       verschieben. Inzwischen ist auch der Ausweichtermin Ende Juni nicht mehr
       möglich. Abgesagt ist das Filmfestival offiziell noch nicht, doch hat der
       Bewegungsspielraum in der zweiten Jahreshälfte natürliche Grenzen: Anfang
       September beginnen die Filmfestspiele von Venedig. Bisher jedenfalls hält
       man dort an diesem Termin fest.
       
       Einige renommierte Festivals wie die Internationalen Kurzfilmtage
       Oberhausen behelfen sich mit Onlineversionen, in denen die Filme gestreamt
       werden. Eine Notlösung, bei der vieles von dem, was den Reiz eines
       Festivals ausmacht – Filme auf großer Leinwand, die Stimmung im Kinosaal,
       Begegnungen im nichtdigitalen Raum – wegfällt. Sowohl Cannes als auch
       Venedig haben Onlinevarianten als Alternative ausgeschlossen. Beide
       Festivals sollen in Verhandlungen stehen, um gegebenenfalls einige Termine
       zu „teilen“.
       
       Dennoch gibt es einen Teil ihres Programms, wenn auch einen kleinen, ab dem
       29. Mai im Internet zu sehen, auf Youtube sogar. Mehr als 20 internationale
       Filmfestspiele, darunter auch die Berlinale, haben sich zu einem
       zehntägigen virtuellen Festival zusammengeschlossen, das frei im Netz
       verfügbar sein wird.
       
       „We Are One“ heißt die Initiative des Videoportals Youtube und des
       Medienunternehmens Tribeca Enterprises, des Veranstalters des Tribeca Film
       Festivals. Dessen diesjährige Ausgabe, die von Mitte bis Ende April hätte
       laufen sollen, musste ebenfalls verschoben werden. Einiges davon wird dafür
       im Rahmen von „We Are One“ gezeigt.
       
       ## Wettbewerbsfilme sind nicht online
       
       Andere Festivals haben angekündigt, Filme und Inhalte aus vergangenen
       Ausgaben, aber auch Aktuelles beizusteuern. Nicht alle diese Beiträge
       werden Spielfilme sein. Cannes etwa zeigt lediglich einige seiner
       „Masterclasses“ vom Vorjahr, Podiumsgespräche mit berühmten Regisseuren.
       Wettbewerbsfilme hingegen sind online nicht zu erwarten.
       
       Mit der Coronapandemie ist in der Filmbranche einiges ins Wanken geraten.
       Angefangen mit den Kinos, von denen viele in ihrer Existenz bedroht sind,
       über die Verleihe bis zu den Produktionsfirmen, die mit dem monatelangen
       Ausfall von Kinostarts und entsprechenden Einnahmeverlusten zurechtkommen
       müssen. Jüngst hat die [2][Oscar-Akademie angekündigt, im nächsten Jahr zum
       ersten Mal auch Filme zu berücksichtigen, die nicht im Kino gelaufen] sind.
       
       Das Kino in seiner bisherigen Form ist durch die Corona-Pandemie verstärkt
       bedroht. Wie vieles von der Filmbranche in mittlerer Zukunft noch bestehen
       wird, ist derzeit nicht abzusehen.
       
       ## Immer mehr Streamingdienste
       
       Doch schon jetzt scheint klar, dass die allein mit Streaming zu erzielenden
       Vergütungen für viele Produktionen nicht rentabel sind. Was den
       Streamingdiensten irgendwann selbst Schwierigkeiten beim Einkauf von neuen
       Produktionen bereiten beziehungsweise den Druck verstärken könnte, noch
       mehr Eigenproduktionen zu bieten – bei gleichzeitig steigender Zahl von
       Konkurrenten. Disney hat es mit seiner vor Kurzem auch in Deutschland
       gestarteten eigenen Plattform Disney+ vorgemacht.
       
       Wie sehr Filmfreunde bereit sein werden, ihre Bedürfnisse zu dem Preis
       einer steigenden Zahl von Streaming-Abonnements zu befriedigen, muss sich
       zeigen. Wie kleinere Verleihe sich in diesem rein digitalen Geschäft
       schlagen werden, ebenfalls. Sicher ist allein: Filmfestivals und Kinos
       können diese neuen Formen nicht ersetzen. Höchstens ablösen.
       
       2 May 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Tim Caspar Boehme
       
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