# taz.de -- Saurer Teilchenregen in Wedel: Kraftwerk geht ins Auge
       
       > Wedeler Bürger wollen das Heizkraftwerk Wedel per Eilantrag stilllegen
       > lassen. Sie sehen sich durch ätzende Partikel gefährdet.
       
 (IMG) Bild: Sollte eigentlich längst abgeschaltet sein: Heizkraftwerk Wedel
       
       Hamburg taz | Eine Anwohnerin will das stark in die Jahre gekommene
       Kohlekraftwerk Wedel sofort stilllegen lassen. Ihr Anwalt hat beim
       Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig eine einstweilige Anordnung gegen
       das Heizwerk beantragt, das Hamburg mit Fernwärme versorgt. Der
       Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch (Die Linke) warnte: „Wenn das OVG
       der Klage stattgibt, fällt die gesamte Fernwärmeplanung der Stadt wie ein
       Kartenhaus zusammen.“
       
       Anwohner [1][klagen schon seit Jahren] über die Partikel, die der
       Kraftwerksschornstein über die Umgebung verteilt. Die Teilchen, die wohl
       aus dem Rauchgas des Kraftwerks stammen, verätzen Metalliclacke von Autos
       und Glas. Außerdem befürchtet die Bürgerinitiative „Kein Mega-Kraftwerk
       Wedel“ schwere Augenschäden. „Das ist kein Spaß“, sagt Kerstin Lueckow von
       der Initiative.
       
       Das Heizwerk ist eine Altlast, die Hamburg mit dem Rückkauf des
       Fernwärmenetzes im September 2019 von Vattenfall übernommen hat. Die
       städtische Gesellschaft Wärme Hamburg will es bis 2025 durch eine
       [2][klimaverträglichere Lösung ersetzen].
       
       Der Eilantrag von „Kein Mega-Kraftwerk Wedel“ richtet sich gegen das
       schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche
       Räume (LLUR) als Genehmigungsbehörde. Dieses hatte im Januar zwei
       beruhigende Gutachten veröffentlicht. Fazit laut dpa: Von den
       Partikelniederschlägen aus dem Kohlekraftwerk gehe keine Gesundheitsgefahr
       aus und auch nicht die Gefahr von Lackschäden.
       
       ## Kampf der Gutachter
       
       Die Bürgerinitiative ließ das toxikologische Gutachten nun ihrerseits unter
       die Lupe nehmen. Dieses sei „nicht dazu geeignet, die Gesundheitsgefahr
       durch emittierte Partikel im Wohnumfeld des Heizkraftwerks Wedel zu
       bewerten“, heißt es in der Stellungnahme. Der Gutachter des Landes habe die
       falschen Partikel untersucht; er sei nicht von einem Worst-Case-Szenario
       ausgegangen und habe die Schädlichkeit der Partikel nicht realitätsgerecht
       geprüft.
       
       Außerdem, argumentiert die Initiative, hätten die Verbesserungen am
       Kraftwerk nichts genützt. Sie dokumentiert das mit einer Liste von Tagen,
       an denen in Wedel Partikel gefunden wurden und die in den vergangen Jahren
       immer länger wurde. Dass überhaupt aggressive Partikel austräten,
       entspreche „nicht dem Stand der Technik für Großfeuerungsanlagen“, schreibt
       ein anderer von der Initiative bestellter Gutachter in einer Stellungnahme.
       
       „Als die Stellungnahmen fertig waren, hat unser Anwalt gesagt: Jetzt
       reicht’s“, erinnert sich Initiativen-Sprecherin Lueckow. Der Eilantrag sei
       notwendig geworden, „weil hier unfassbare Zustände herrschen“. Seit einem
       Jahr würden die Körnchen, die die Anwohner von ihren Autos sammelten, immer
       ätzender. Sie seien so sauer, dass sie das Auge verätzen könnten – eine
       Behauptung, die das LLUR bestreitet.
       
       Auch Wärme Hamburg verweist auf die Gutachten des LLUR und bestreitet, dass
       es eine Gesundheitsgefahr gebe. Das Kraftwerk halte die Grenzwerte ein. „Es
       gibt also keinen Grund für Betriebseinschränkungen“, sagt Stefan Kleimeier,
       Sprecher von Wärme Hamburg.
       
       11 May 2020
       
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