# taz.de -- Streit über Coronabonds: Von der Leyens Wende
       
       > Die EU-Kommissionspräsidentin legt eine Kehrtwende hin. Die Gegnerin von
       > Coronabonds führt ein europaweites Kurzarbeitergeld ein.
       
 (IMG) Bild: Augen zu und durch: Ursula von der Leyen
       
       Besser spät als nie: Ursula von der Leyen scheint endlich zu verstehen,
       dass sie jetzt EU-Kommissionspräsidentin ist – und nicht mehr
       CDU-Ministerin in Berlin. In der Coronakrise trat sie bisher auf, als
       wollte sie das Klischee einer deutschen Provinzpolitikerin übererfüllen.
       Statt für [1][europäische Solidarität] zu werben, ließ von der Leyen erst
       kürzlich wissen, dass Coronabonds nur ein „Slogan“ seien. Die Resonanz in
       Italien und Spanien war verheerend. Es war abzusehen, dass von der Leyen
       jegliche Autorität in ihrem neuen Amt verlieren würde.
       
       Doch von der Leyen weiß, wie man Konflikte übersteht. Sie ist eine begabte
       Politikerin, die schnell aus Fehlern lernt. Also hat sie eine blitzschnelle
       Kehrtwende hingelegt. Die EU-Kommission will jetzt ein europaweites
       Kurzarbeitergeld einführen, das den schwer getroffenen Ländern zugutekommen
       soll.
       
       Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Länder bekämen das Geld nicht
       geschenkt. Die EU-Kommission würde ihnen die Mittel nur zu einem sehr
       günstigen Zinssatz leihen. Dieses Konzept ist wirklich gut und hätte zudem
       den Vorteil, dass es ein Programm für [2][die ganze EU] und nicht nur für
       die Eurozone wäre. Auch Bulgarien oder Rumänien könnten unterstützt werden,
       falls sie von den Coronakosten überwältigt werden.
       
       Das Programm würde durch Anleihen der EU finanziert. Es wären also faktisch
       Coronabonds, die aber nicht so heißen dürfen. Stattdessen spricht von der
       Leyen etwas wolkig von „Garantien“. Allzu offensichtlich soll nicht werden,
       dass sie sich selbst korrigiert.
       
       Politisch ungeheuer hilfreich 
       
       Das neue EU-Programm soll 100 Milliarden Euro umfassen, was niemals reichen
       dürfte, um die Coronafolgen in Europa zu bekämpfen. Trotzdem ist das
       Projekt weit mehr als nichts. Politisch ist es ungeheuer hilfreich, dass
       sich die EU-Kommission jetzt zu Coronabonds bekennt. Dies dürfte den Druck
       auf Deutschland erhöhen, endlich europaweiten Programmen zuzustimmen, die
       die Not in den stark betroffenen Ländern umfassend lindern.
       
       Von der Leyen ist nicht die einzige Spitzenpolitikerin, die in der
       Coronakrise rasant dazulernen musste. Auch EZB-Chefin Christine Lagarde
       fiel zunächst mit der wenig kundigen Bemerkung auf, die Zentralbank sei
       nicht dafür da, die Zinsunterschiede zwischen den Euroländern zu
       korrigieren. Eine Woche später legte die EZB ein [3][Programm von 750
       Milliarden Euro] auf, um genau diese Zinsunterschiede einzudämmen. Bleibt
       also die Hoffnung, dass auch Kanzlerin Merkel eine Wende vollzieht – und
       den Charme der europäischen Solidarität entdeckt.
       
       3 Apr 2020
       
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