# taz.de -- Streit um Ölbohrungen vor Zypern: EU zögert bei Türkei-Sanktionen
       
       > Die EU-Kommission kürzt die Hilfen an Ankara massiv zusammen. Für den
       > Flüchtlingsdeal will sie aber weiter zahlen.
       
 (IMG) Bild: Gibt sich unbeeindruckt von der Kritik der EU: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan
       
       Brüssel taz | Die EU-Kommission zögert weiter bei Sanktionen gegen die
       Türkei. Am Wochenende dementierte die Brüsseler Behörde Meldungen, wonach
       die sogenannten [1][Vorbeitrittshilfen] für Ankara um 75 Prozent gekürzt
       worden seien. Die Kommission wies auch den Eindruck zurück, die EU habe
       ihre Gangart wegen der umstrittenen türkischen Ölbohrungen vor Zypern oder
       des Einmarsches in Nordsyrien verschärft.
       
       Seit 2017 habe die EU die Beitrittshilfen bereits um 1,2 Milliarden Euro
       zusammengestrichen, hatte die Funke Mediengruppe aus einem Brief des
       EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zitiert. Als Gründe nannte der Spanier
       den Gasstreit im Mittelmeer und die Militäroffensive in Syrien. Beides
       widerspricht aus EU-Sicht dem Völkerrecht.
       
       Borrells Sprecher Peter Stano erklärte dagegen, Borrell habe keinen Brief
       an das Europaparlament geschickt, sondern nur auf eine Anfrage von Oktober
       geantwortet. Es gebe keine neuen Kürzungen.
       
       Die EU setzt auf Kontinuität – auch bei der umstrittenen Zusammenarbeit in
       der Flüchtlingspolitik. So soll sich nichts an den sechs Milliarden Euro
       ändern, die die EU im Zuge des [2][Flüchtlingsdeals] versprochen hat.
       Diesen Deal hatte Kanzlerin Angela Merkel Anfang 2016, kurz nach der Krise
       2015, ausgehandelt. Er soll uneingeschränkt weiter gelten – trotz der
       türkischen Invasion in Nordsyrien.
       
       So erklärte EU-Erweiterungskommissar Oliver Várhelyi kurz nach Beginn des
       türkischen Einmarsches Anfang Dezember, dass das Sechs-Milliarden-Budget
       wie geplant voll ausgeschöpft werden soll. Anfang Januar reiste
       EU-Ratspräsident Charles Michel nach Ankara, um mit Staatschef Recep
       Erdoğan über die Details zu sprechen.
       
       ## Erdoğan kündigt sogar neue Bohrungen an
       
       Erdoğan hatte zuvor damit gedroht, den Deal zu kündigen und wie 2015 erneut
       Tausende Flüchtlinge über die Ägäis nach Griechenland zu schicken. Seitdem
       bemüht sich die EU um eine Rettung des Merkel-Pakts. Während sie die Gelder
       für den EU-Beitritt kürzt, wird hinter den Kulissen sogar über neue
       Milliardenhilfen an die Türkei diskutiert.
       
       Auch die europäische Reaktion auf türkische Ölbohrungen im Mittelmeer ist
       zwiespältig. Die EU hat zwar bereits im vergangenen Sommer Sanktionen
       verhängt. Allerdings wurden diese Sanktionen bisher kaum umgesetzt. Vor
       allem die Einreisesperren gegen türkische Politiker und Unternehmer, die
       die Ölbohrungen vor Zypern verantworten, kommen nicht voran.
       
       Zypern mache zwar Druck, berichtete ein EU-Diplomat. Bisher habe man sich
       jedoch nicht auf eine Namensliste einigen können.
       
       Das Thema soll nun beim Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel
       erneut auf die Tagesordnung kommen. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um
       Zypern, sondern um den gesamten östlichen Mittelmeerraum. Erdoğan
       beansprucht große Teile des Festlandssockels für die Türkei und hat damit
       auch Griechenland alarmiert.
       
       „Alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft müssen von Handlungen
       absehen, die der Stabilität und Sicherheit der Region schaden könnten“,
       erklärte ein Sprecher Borrells am Wochenende in Brüssel. Die Pläne der
       Türkei „für neue Erkundungs- und Förderaktivitäten in der gesamten Region
       laufen dem unglücklicherweise zuwider“, hieß es.
       
       Doch bisher konnte die EU die Türkei nicht stoppen. Erdoğan hat sogar neue
       Bohrungen angekündigt. Die Kürzungen bei den Beitrittshilfen scheinen den
       türkischen Sultan nicht wirklich zu beeindrucken.
       
       19 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tuerkeipolitik-beim-EU-Gipfel/!5456377
 (DIR) [2] /Fluechtlingsabkommen-mit-der-Tuerkei/!5288046
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU-Türkei-Deal
 (DIR) Türkei
 (DIR) EU
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) EU-Beitritt
 (DIR) Zypern
 (DIR) Liebeserklärung
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Wikipedia
 (DIR) Türkei
 (DIR) taz.gazete
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Erdoğan stellt „Flüchtlingspakt“ infrage: Dann mach doch!
       
       Von Anfang an war die Vereinbarung zwischen EU und Türkei kritikwürdig.
       Käme es wie angedroht zu einem Ende, wäre das auch eine Chance.
       
 (DIR) Naturkatastrophe in Ost-Türkei: Mehr als 20 Tote bei Erdbeben
       
       Im Osten der Türkei starben durch ein Beben mindestens 22 Menschen, mehr
       als tausend wurden verletzt. Minusgrade erschweren die Rettungseinsätze.
       
 (DIR) Treffen zwischen Merkel und Erdoğan: Lobende Worte für den Präsidenten
       
       In Istanbul verspricht die Kanzlerin Unterstützung beim Bau von
       Notunterkünften. Die Zukunft inhaftierter Deutscher bleibt unklar.
       
 (DIR) Internetzensur in der Türkei: Wikipedia ist wieder zugänglich
       
       Zweieinhalb Jahre lang war das Onlinelexikon in der Türkei blockiert. Nach
       einem Gerichtsentscheid kann es wieder benutzt werden.
       
 (DIR) Türkeipolitik beim EU-Gipfel: EU will Türkei-Hilfen kürzen
       
       Die EU will weiter mit der Türkei über einen Beitritt verhandeln. Dennoch
       setzt sich Merkel durch: Die Finanzhilfen für die Vorbereitung sollen
       gekürzt werden.
       
 (DIR) EU-Türkei-Beziehungen: In „Erdoğans Falle“ getappt?
       
       Die türkische Opposition ist strikt gegen den angekündigten Abbruch der
       Beitrittsgespräche für eine Eu-Vollmitgliedschaft des Landes