# taz.de -- VVN-BdA erlebt Mitgliederboom: Alle gegen das Finanzamt
       
       > Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes droht eine erste Frist für
       > Steuerrückzahlungen. Die Organisation wehrt sich.
       
 (IMG) Bild: Stabil gegen den Faschismus
       
       Berlin taz | Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
       Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) erlebt einen Mitgliederboom.
       Etwas mehr als eine Woche seit öffentlich bekannt wurde, dass das
       [1][Berliner Finanzamt für Körperschaften dem Verband die Gemeinnützigkeit
       aberkannt hat], sind – nur online – bereits 670 Menschen neu eingetreten,
       200 davon aus Berlin.
       
       „Ich bin seit 30 Jahren im VVN, das gab’s noch nie“, so
       Bundesgeschäftsführer Thomas Willms zur taz: „Es sieht auch nicht aus, als
       würde das aufhören.“ Bis vor einer Woche gehörten dem 1947 gegründeten
       Verband von NS-Verfolgten und -Widerstandskämpfern knapp 6.000 Mitglieder
       an.
       
       Trotzdem bleibt die Lage existenzbedrohend: Bereits an diesem Mittwoch
       läuft eine Deadline für die Rückzahlung der Körperschaft- und Gewerbesteuer
       für die Jahre 2016 und 2017 ab. Allein bei diesen Posten handelt es sich
       laut Willms um einen fünfstelligen Betrag. Nachforderungen drohen zudem bei
       der Mehrwertsteuer und für eingegangene Spenden, die bislang steuerlich
       abgesetzt werden durften.
       
       Die VVN-BdA hat Widerspruch gegen die Entscheidung des Finanzamts
       eingelegt, die einzig auf dem Fakt beruhte, dass die Organisation im
       bayerischen Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch beeinflusst“
       dargestellt wird. Auch einen Antrag auf Aussetzung der Nachzahlung bis zu
       einer Grundsatzentscheidung hat der VVN eingereicht. Eine Antwort steht
       aus.
       
       In ihrem Widerspruch argumentiert die VVN formal – die im VS-Bericht
       genannte bayerische Landesvereinigung ist selbstständig – und widerspricht
       auch inhaltlich der Einschätzung der Verfassungsfeindlichkeit. „Außerdem
       haben wir eine Liste von Ehrungen, Batterien von Bundesverdienstkreuzen,
       Straßen- und Platzbenennungen für unsere Mitglieder eingereicht“, so
       Willms.
       
       ## Kaum Handlungsspielraum
       
       Während die SPD sich zumindest öffentlich bedeckt hält, hatten Linke und
       Grüne in Berlin die Entscheidung scharf kritisiert. Laut der
       Linken-Abgeordneten Manuela Schmidt laufen inzwischen Gespräche in der
       rot-rot-grünen Koalition für eine Bundesratsinitiative, um die
       Abgabenordnung zu verändern. „Wir haben ein Interesse daran, eine Lösung im
       Bundesrecht zu finden“, so Schmidt. Direkte politische Handlungsspielräume
       seien angesichts der Entscheidung, die einem Gerichtsurteil gleichkommt,
       jedoch begrenzt.
       
       Nichtsdestotrotz sagt Schmidt: „Wir erwarten deutliche Signale vom Senat.
       Was politisch machbar ist, soll umgesetzt werden.“ Sie spricht von
       „Erwartungshaltungen“, die eine politische Führung an die Verwaltung
       formulieren muss. Auch die Holocaust-Überlebende und
       VVN-BdA-Ehrenvorsitzende Esther Bejarano hatte in einem [2][offenen Brief
       an Bundesfinanzminister Olaf Scholz] (SPD) gefragt: „Entscheidet
       hierzulande tatsächlich eine Steuerbehörde über die Existenzmöglichkeit
       einer Vereinigung von Überlebenden der Naziverbrechen?“
       
       Die Finanzverwaltung teilt auf Anfrage mit: „Das Finanzamt ist im Sinne
       einer Beweislastumkehr an die Wertung in dem jeweiligen
       Verfassungsschutzbericht gebunden.“ Die betroffene Organisation sei demnach
       dafür verantwortlich, „dass der volle Beweis erbracht werden muss, dass es
       sich nicht um eine extremistische Organisation handelt“.
       
       In Nordrhein-Westfalen war das Finanzamt der Argumentation der VVN-BdA
       gefolgt und hatte die Gemeinnützigkeit trotz der Nennung im VS-Bericht
       zuerkannt. Der Berliner Landesverband erhält den Steuerbescheid 2020. Ohne
       eine andere Regelung auf Bundesebene droht auch ihnen die Aberkennung der
       Gemeinnützigkeit.
       
       2 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /VVN-BdA-verliert-Gemeinnuetzigkeit/!5640345
 (DIR) [2] https://vvn-bda.de/offener-brief-von-esther-bejarano-an-olaf-scholz-das-haus-brennt-und-sie-sperren-die-feuerwehr-aus/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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