# taz.de -- Rolling-Stones-Ticket-Affäre: Teures Konzert für die SPD
       
       > Eine Hamburger SPD-Staatsrätin wird wegen Vorteilsnahme zu 20.400 Euro
       > verurteilt. Der Anlass war die Vergabe von Rolling-Stones-Karten.
       
 (IMG) Bild: So hat sich die Hamburger SPD den Kater nach dem Rockkonzert nicht vorgestellt
       
       Hamburg taz | Mit vor der Brust gefalteten Händen lässt Elke Badde, die
       Angeklagte, das Blitzlichtgewitter vor Prozessbeginn über sich ergehen. Am
       Nachmittag wird die ehemalige Hamburger Staatsrätin dann das Urteil mit
       einer größeren Aufwallung entgegennehmen: Wegen Vorteilsnahme und
       Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat muss die 59-Jährige saftige
       20.400 Euro berappen.
       
       Das Verfahren, das im Hamburger Strafgerichtsgebäude an diesem Mittwoch
       verhandelt wird, ist ein besonderes. Es bildet den Auftakt zu einer Reihe
       von Verfahren im Rahmen der [1][„Rolling-Stones-Ticket-Affäre“], die
       Hamburg und vor allem die Hamburger SPD derzeit erschüttert. Es geht um
       Korruption, Bestechung und Vorteilsnahme rund um die Genehmigung und
       Durchführung eines Konzertes der Rolling Stones am 9. September 2017.
       
       Das Brisante dabei: Beschuldigt aufseiten der Politik und Verwaltung sind
       fast ausschließlich Sozialdemokraten. Und die juristische Aufarbeitung der
       Vorwürfe beginnt just zu dem Zeitpunkt, als sich der Hamburger
       Bürgerschaftswahlkampf warmläuft, in dem die SPD darum kämpft, auch nach
       Februar 2020 noch die Regierungsgeschäfte zu führen.
       
       Auch Elke Badde ist Sozialdemokratin. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft:
       Die ehemalige Staatsrätin soll vom Chef des Bezirksamts Nord, Harald Rösler
       (SPD), „zwei vom regulären Verkauf ausgenommene Karten“ für das Konzert
       erworben haben.
       
       Dazu muss man wissen: Den Anklägern geht es im ganzen Verfahren vor allem
       um Rösler. Dieser soll für die Genehmigung des Megaevents vom Veranstalter
       FKP Scorpio 300 Kaufkarten und 100 Freikarten verlangt haben, die er nach
       eigenem Gutdünken „Freunden des Hauses“ offerierte.
       
       ## Rösler ging rechtzeitig in Ruhestand
       
       Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass der Kartendeal die
       Nutzungsgebühren für Scorpio senkte. Die „Freunde des Hauses“, die Rösler
       bedachte, waren MitarbeiterInnen des Bezirks und führende SPD-Genossen aus
       Politik, Verwaltung und Wirtschaft, hier vor allem der städtischen
       Betriebe. Die Hamburger Opposition ist dankbar für diese Wahlkampfmunition
       und spricht von „rotem Filz“.
       
       Während Rösler sich vor Disziplinarmaßnahmen in den Ruhestand rettete, kam
       seine designierte Nachfolgerin über die Affäre zu Fall. Zwei Staatsräte,
       die Karten über Rösler erworben hatten, konnten ein Strafverfahren gegen
       Zahlung einer vierstelligen Geldbuße verhindern, eine Staatsrätin verlor
       ihren Job: [2][Es ist Elke Badde]. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr wegen
       des Kartenerwerbs „Vorteilsnahme“ vor.
       
       Zwar habe es die Karten nicht zu Sonderkonditionen gegeben, doch der
       „Vorteil“ habe darin bestanden, eines der begehrten Tickets ganz sicher zu
       haben. Zudem soll die Staatssekretärin für Bezirksangelegenheiten als
       Röslers Vorgesetzte diesem eine rückdatierte Genehmigung ausgestellt haben,
       das Konzert zusammen mit seiner Frau kostenfrei zu besuchen. Die
       Genehmigung, so die Staatsanwaltschaft, sei rechtswidrig gewesen.
       
       ## Keiner Schuld bewusst
       
       Vor Gericht führt Badde aus, die Karten seien gar nicht angekommen, so dass
       sie und ihr Mann das Konzert auch nicht besucht hätten. Eine Vorteilsnahme
       könne sie bis heute nicht erkennen: Die Karten seien zum regulären Preis
       angeboten worden. Außerdem seien bis zum Schluss Tickets auch im freien
       Verkauf erhältlich gewesen, so dass auch hier kein Vorteil entstanden sei.
       
       Dass sie Rösler auf dessen Bitten hin eine rückdatierte Genehmigung zum
       Konzertbesuch erteilt habe, sei hingegen ein „Fehler“ gewesen, wegen dem
       sie auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst
       beantragt habe. Da sie es aber für selbstverständlich gehalten habe, dass
       es zu den repräsentativen Aufgaben des Bezirkschef gehört, ein solches
       Konzert zu besuchen, halte sie eine solche Genehmigung für absolut korrekt.
       
       Das Gericht aber sprach Badde in beiden Anklagepunkten für schuldig. Sie
       kündigte unmittelbar nach dem Prozess an, Rechtsmittel gegen das Urteil
       einzulegen.
       
       20 Nov 2019
       
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