# taz.de -- Korruption in Israel: Die Deals des Premiers
       
       > Mitschnitte von Gesprächen zwischen Ministerpräsident Netanjahu und einem
       > Herausgeber zeigen, wie beide dealten. Eine Anklage droht dem Premier eh.
       
 (IMG) Bild: In Bedrängnis: Israels Noch-Premier Benjamin Netanjahu
       
       Tel Aviv taz | „Wenn du mich stürzt, werde ich alle Hebel in Bewegung
       setzen [um dich zu stürzen]. Es wird zu meiner Lebensaufgabe werden.“ Das
       ist kein Zitat aus einem Mafia-Film, sondern eine Äußerung des israelischen
       Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, dem in drei Fällen eine Anklage
       wegen Betrug, Untreue und Bestechlichkeit droht. Aufzeichnungen von
       Gesprächen zwischen Netanjahu und Arnon Moses, dem Herausgeber der
       einflussreichen israelischen Tageszeitung Jediot Aharonot, wurden vor
       wenigen Tagen vom Fernsehsender Channel 13 veröffentlicht.
       
       Die Veröffentlichung fällt in eine für Netanjahu denkbar ungünstige Zeit.
       Vor wenigen Tagen musste er [1][das Mandat zur Regierungsbildung] an seinen
       Kontrahenten Benny Gantz weitergeben. Der hatte sich – gerade [2][wegen der
       Korruptionsvorwürfe], die Netanjahu beuteln – geweigert, sich an einer
       Einheitsregierung unter Netanjahu als Ministerpräsident zu beteiligen.
       
       Sein politisches Überleben ist eng mit der Frage verbunden, ob er einer
       Anklage oder gar Haftstrafe entkommt. Denn seine Rettung – ein Gesetz, das
       ihm Immunität verschafft – wird wohl nur beschlossen werden, wenn er
       Ministerpräsident bleibt.
       
       Die Aufzeichnungen sind zentrales Beweismaterial in dem als Akte 2000
       bekannt gewordenen Korruptionsfall. Der Vorwurf lautet, dass Netanjahu und
       Moses verschiedene Deals ausgemacht hätten: Eine positive Berichterstattung
       im Austausch dafür, dass Netanjahu ein Gesetz unterstützt, das einer
       konkurrierenden kostenlosen Zeitung, Israel Hayom, Schaden zufügt.
       
       ## Wortlaut war nicht bekannt
       
       Während die Korruptionsvorwürfe bereits seit Langem bekannt sind, waren der
       Wortlaut der Gespräche, die im Dezember 2014 stattgefunden haben, das
       bisher nicht. Die Aufzeichnungen eröffnen einen Blick auf das ganze Ausmaß
       der Korruption.
       
       Netanjahu äußert sich in den Gesprächen nicht immer eindeutig, wohl, weil
       er angeordnet hatte, dass sie von seinem Bürochef Ari Harow aufgezeichnet
       werden. Moses war darüber nicht informiert. Harow ist mittlerweile
       Kronzeuge in dem Fall.
       
       So fragt Netanjahu in einem Gespräch Moses: „Okay, worüber spreche ich? Ich
       spreche nicht über Ehrlichkeit und anständige Medien. Es geht auch nicht
       darum, dass du deine feindliche Einstellung mir gegenüber von 9 auf 7,5
       reduzierst.“ „Okay“, antwortet Moses: „Es geht darum, dafür zu sorgen, dass
       du Ministerpräsident bleibst.“
       
       Wie tief die Einflussnahme gewesen sein könnte, zeigen auch Diskussionen
       über einzelne Artikel und Überschriften sowie die Frage, welche
       JournalistInnen beauftragt werden sollten. Moses verweist auf eine
       Überschrift in der Jediot Aharonot aus dem Wahlkampf im Jahr 1996.
       
       ## Persönliche Antipathie
       
       Die Überschrift behauptete, Netanjahu sei aus der Fernsehdebatte gegen
       seinen Kontrahenten Shimon Peres als Gewinner hervorgegangen. „Du bist
       wegen dieser Überschrift Ministerpräsident geworden“, äußert sich Moses:
       „Du weißt, dass ich der Redakteur in diesen drei Monaten war, richtig?“
       
       Auf den Bändern hört man auch, wie die beiden die zukünftige
       Berichterstattung im Wahlkampf 2014 besprechen. Netanjahu eröffnet Moses:
       „Mein Ziel ist, [Naftali] Bennet unter 15 Sitze zu bringen.“ Moses fragt
       ihn daraufhin, ob Bennet als Verteidigungsminister für ihn in Ordnung wäre.
       Netanjahu antwortet – wohl aus persönlicher Antipathie Bennet gegenüber -,
       dass ein linker Kandidat besser wäre.
       
       Während die Anhörung von Arnon Moses noch aussteht, hat die von Netanjahu
       bereits Anfang Oktober stattgefunden. Er spricht nach wie vor von einer
       Hexenjagd auf ihn vonseiten der Generalstaatsanwaltschaft, der Polizei und
       der Medien. Seine Verteidigung in der Anhörung lautete: Moses und er hätten
       nie die Absicht gehabt, ihre Versprechen tatsächlich einzulösen. Sie hätten
       sich lediglich hereinlegen wollen.
       
       Ob diese Verteidigung den Generalstaatsanwalt überzeugt, wird sich erst
       noch herausstellen: Voraussichtlich im Dezember wird er entscheiden, ob es
       zu einer Anklage gegen Netanjahu kommen wird.
       
       29 Oct 2019
       
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