# taz.de -- Regierungsbildung in Israel gescheitert: Wie über den Fluss kommen?
       
       > Benny Gantz konnte keine Regierung bilden. Der Verhinderer ist Netanjahu.
       > Es wird Zeit, dass sich der Likud von seinem Guru löst.
       
 (IMG) Bild: Musste das Mandat zur Regierungsbildung wieder zurückgeben: Benny Gantz
       
       Die meisten von Ihnen werden Flussüberquerungsrätsel kennen, diese Art von
       Denksportaufgaben, bei denen es darum geht, eine Gruppe definierter
       Mitglieder mit möglichst wenig Überfahrten über einen Fluss zu bringen, die
       aber in bestimmten Konstellationen nicht allein bleiben dürfen.
       
       Israel hat gerade [1][ein besonders schwieriges zu lösen.] An den Ufern
       stehen verteilt: Avigdor Lieberman, der nicht mit den Ultraorthodoxen und
       der arabischen Vereinten Liste in einem Boot sitzen will. Benny Gantz, der
       nur mit Netanjahu in einem Boot sitzen will, wenn Gantz in einem
       Rotationsverfahren als Erster dran wäre mit dem Regieren. Und natürlich
       Netanjahu, der am liebsten gar nicht mit Gantz in einem Boot sitzen will,
       aber sagt, dass er das tun würde, wenn er Ministerpräsident wird, und der
       außerdem nur fährt, wenn die Ultraorthodoxen und die Rechtsnationalen neben
       ihm sitzen.
       
       In der Nacht zu Donnerstag hat Gantz [2][sein Mandat] zurückgeben müssen.
       Verwundert hat das niemanden, denn selbst die gewieftesten AnalystInnen
       haben dieses Rätsel bisher nicht lösen können. Jetzt haben alle
       Knessetmitglieder die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen 61
       Parlamentsabgeordnete hinter sich zu versammeln. Ansonsten gibt es
       Neuwahlen.
       
       Vielleicht also bedarf es ein wenig Schummelei: Man muss eine Figur aus dem
       Rätsel entfernen, am besten die, die die Lösung am meisten erschwert.
       [3][Stünde Benjamin Netanjahu nicht mit am Ufer], könnte man sich bildhaft
       vorstellen, wie die Anderen untereinander ins Gespräch kommen, um eine
       Lösung für die vertrackte Situation zu finden.
       
       Netanjahu hat mit [4][seiner Politik und Sprache] der Spaltung Kompromisse
       in den vergangenen zehn Jahren unmöglich gemacht. Anstatt Ministerpräsident
       für alle Israelis zu sein, hetzt er gegen die [5][arabischen Israelis].
       Erst vor wenigen Tagen hat er auf einer Kundgebung vor einer
       Minderheitsregierung gewarnt, die von der arabischen Vereinten Liste von
       außen unterstützt würde. Ebendiese Liste wolle „das Land Israel zerstören“.
       
       Er hat die Siedlungspolitik vorangetrieben und dabei geholfen, das
       Westjordanland so zu zerstückeln, dass [6][eine Zweistaatenlösung kaum noch
       ein realistisches Ziel] ist. Und über all die Jahre hinweg hat er – noch
       muss man sagen, mutmaßlich – schamlos Zeitungsverleger und andere im Tausch
       für eine positive Berichterstattung bestochen.
       
       Doch die Likudniks und auch die meisten anderen im rechten Block halten
       trotz aller Korruptionsvorwürfe weiter zu ihm, keiner wagt es, ihn offen
       herauszufordern. Ein politischer Analyst sagte einmal, die Gefolgschaft
       Netanjahus innerhalb des Likuds habe etwas Sektenhaftes. Es wird Zeit, dass
       sich der Likud von seinem Guru löst. Auf dass die Boote endlich fahren
       können und der Fluss überquert werden kann.
       
       21 Nov 2019
       
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