# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Erfolgloses Puzzlespiel
       
       > Für Premier Benjamin Netanjahu wird es langsam eng. Er hat große
       > Probleme, eine Regierung zu bilden. In der kommenden Woche läuft die
       > Frist aus.
       
 (IMG) Bild: Viele Zeit bleibt ihm nicht mehr für die Regierungsbildung: Israels Premier Benjamin Nethanjahu
       
       Tel Aviv taz | Die Regierungsbildung in Israel erinnert dieser Tage an
       einen Karton mit Puzzleteilen, die nicht zum selben Spiel gehören. Bereits
       zum zweiten Mal in diesem Jahr sind die Israelis vor einem Monat an die
       Urnen gegangen. Jetzt könnte es sein, dass das Land auf eine dritte Wahl
       zusteuert, denn die Regierungsbildung steckt in einer Sackgasse.
       
       Vor drei Wochen hat Staatspräsident Reuven Rivlin den amtierenden
       Ministerpräsidenten [1][Benjamin Netanjahu mit der Regierungsbildung
       beauftragt]. Doch der kann mit seinem rechtskonservativ-religiösen Block
       nicht die benötigten 61 Sitze zusammenbringen. Verhandlungen über eine
       Einheitsregierung mit Netanjahus Herausforderer, dem ehemaligen Stabschef
       und Vorsitzendem der Partei Blau-Weiß, scheiterten, denn Benny Gantz
       schließt eine Regierung mit Netanjahu als Premier wegen
       Korruptionsvorwürfen aus.
       
       Einer Einheitsregierung unter Gantz kann wiederum Netanjahu nicht
       zustimmen. Für ihn geht es nicht nur um seinen Posten als
       Ministerpräsident, sondern auch um die Frage, ob er die nächsten Jahre im
       Gefängnis verbringen muss.
       
       Im Dezember wird Generalstaatsanwalt Mendelblit entscheiden, ob es wegen
       Korruptionsskandalen in drei Fällen zu einer Anklage kommt. In diesem Fall
       könnte Netanjahu eine Gesetzesänderung Immunität verschaffen. Ob er die
       Reform durchbringt, wenn er nicht selber die Regierung stellt, ist
       fraglich.
       
       ## Rolle des Königsmachers
       
       So kommt Avigdor Lieberman, Chef der rechtskonservativen Partei Israel
       Beitenu, erneut die Rolle des Königsmachers zu. Bereits nach den letzten
       Wahlen hat er eine Regierungsbildung aus Netanjahus rechtskonservativem und
       religiösen Block verhindert.
       
       Sowohl für eine rechtskonservativ-religiöse Regierung unter Netanjahu als
       auch für ein Mitte-Links-Bündnis unter Gantz könnten seine Sitze das
       Zünglein an der Waage sein. Doch Lieberman weigert sich sowohl mit den
       Orthodoxen, die für eine Regierung unter Netanjahu notwendig sind, als auch
       mit den arabischen Parteien, die für ein Mitte-Links-Bündnis unter Gantz
       benötigt werden, eine Regierung zu bilden.
       
       Am kommenden Mittwoch läuft Netanjahus Frist für die Regierungsbildung aus.
       Staatspräsident Reuven Rivlin könnte das Mandat um zwei Wochen verlängern,
       doch wahrscheinlicher ist, dass der Auftrag zur [2][Regierungsbildung an
       Gantz fallen] wird.
       
       Ob Lieberman eine Minderheitsregierung unter Gantz, von außen unterstützt
       von der Gemeinsamen (Arabischen) Liste, tolerieren würde, ist
       unwahrscheinlich. Doch Netanjahu bereitet sich vor und versucht sowohl eine
       Meuterei innerhalb des Likud als auch eine erfolgreiche Regierungsbildung
       durch Gantz zu verhindern.
       
       ## Ein Manöver unter vielen
       
       Dazu ließ er am vergangenen Mittwoch die Mitglieder seines rechten Blocks
       Loyalitätserklärungen unterschreiben, dass sie einer Regierung unter Gantz
       nicht beitreten werden.
       
       „Falls eine Minderheitsregierung mit der Unterstützung der (arabischen)
       Joint List oder Teilen dieser, vereidigt werden sollte, werden wir dieser
       Regierung auf keinen Fall beitreten“, heißt es laut Ynet und Haaretz in dem
       Dokument: „Wir verpflichten uns, nur einer Koalition, angeführt von
       Ministerpräsident Netanjahu beizutreten […].“ Sämtliche Parteien seines
       Blocks unterzeichneten – mit Ausnahme von Ayelet Shaked und Naftali Bennett
       von der Partei Yamina, die darauf verwiesen, dass ihre Loyalität keiner
       Unterschrift bedürfe.
       
       Diese Loyalitätsbekundung ist nur eins von vielen Manövern eines bedrängten
       Ministerpräsidenten. In einer Generalversammlung des Likud ließ er in der
       vergangenen Woche erneut darüber abstimmen, dass er Parteichef bleiben
       wird. Als er auf dem Weg dorthin die Nachricht erhielt, dass nur wenige
       hundert Mitglieder anwesend seien, erschien er erst gar nicht persönlich.
       Netanjahu wurde im Amt bestätigt.
       
       19 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-der-Parlamentswahl-in-Israel/!5630135
 (DIR) [2] /Israel-nach-der-Wahl/!5627577
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Judith Poppe
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Benny Gantz
 (DIR) Israel
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Likud
 (DIR) Israel
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Benny Gantz
 (DIR) Sarah Netanjahu
 (DIR) Kommentar
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Korruption in Israel: Die Deals des Premiers
       
       Mitschnitte von Gesprächen zwischen Ministerpräsident Netanjahu und einem
       Herausgeber zeigen, wie beide dealten. Eine Anklage droht dem Premier eh.
       
 (DIR) Netanjahus gescheiterte Regierungsbildung: Höchst demokratisch
       
       Schon wieder hat Netanjahu keine Regierung zustande gebracht. Schlimm? Ach
       was, Demokratie ist eben immer anstrengend.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Israel: Kein neues Netanjahu-Kabinett
       
       Israels Premier Benjamin Netanjahu scheitert mit der Regierungsbildung.
       Jetzt soll sein Widersacher Benny Gantz den Auftrag bekommen.
       
 (DIR) Israels Premier vor dem Staatsanwalt: Die dreifache Akte Netanjahu
       
       Zigarren, Schmuck und Einflussnahme auf die Medien: Israels
       (Noch-)Regierungschef muss sich ab Mittwoch vor dem Staatsanwalt
       verantworten.
       
 (DIR) Wahlausgang in Israel: Ein deutliches Signal
       
       Der weltlich-nationale Avigdor Lieberman ist einer der Sieger der Wahl in
       Israel – ein klares Zeichen gegen die Politik der orthodoxen Parteien.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Israel: Keine Mehrheit für niemanden
       
       Auch bei der zweiten Knesset-Wahl in diesem Jahr gibt es keinen eindeutigen
       Sieger. Für den bisherigen Premier Netanjahu dürfte es eng werden.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Israel: „Bibi“ oder Blau-Weiß?
       
       Netanjahu kämpft um seine Zukunft. Rechtspolitikerin Schaked klettert auf
       einen Bademeisterstand, um Stimmen zu fangen – Eindrücke vom Wahltag.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Israel: Kampf der Gladiatoren
       
       Israels Parlamentswahl am heutigen Dienstag dreht sich nur um ein Thema:
       Benjamin Netanjahu. Für den Premier wird es verdammt knapp.