# taz.de -- Anklage im Bamf-Skandal: Bremer Bamf-Chefin soll vor Gericht
       
       > Die Staatsanwaltschaft erhebt nun Anklage. Strafbares Verhalten sieht sie
       > bei weniger als ein Prozent der 13.000 positiven Verfahren.
       
 (IMG) Bild: Hier arbeitete Ulrike B. bis zum Aufkommen des vermeintlichen Bamf-Skandals
       
       BREMEN/BERLIN taz | Im Fall [1][womöglich fehlerhaft entschiedener
       Asylanträge] in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und
       Flüchtlinge (Bamf) hat die Staatsanwaltschaft offenbar Anklage gegen die
       ehemalige [2][Behördenleiterin Ulrike B.] sowie gegen die Rechtsanwälte
       Irfan C. und Cahit T. erhoben. C.s Anwalt Henning Sonnenberg bestätigte der
       taz, das Bremer Landgericht habe vergangene Woche die Zustellung der
       Anklageschrift angekündigt. Bislang sei allerdings noch nichts
       eingetroffen.
       
       Wenn darin stehe, was vermutet wird, dann seien die Anklagepunkte „wirklich
       heikel und ganz klar politisch motiviert“, sagte Sonnenberg der taz. Die
       Bremer Staatsanwaltschaft wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Zuerst
       hatte [3][Spiegel Online über die Anklage berichtet].
       
       Im Frühjahr 2018 war die [4][Behörde massiv in die Kritik geraten], weil
       dort Asylanträge unrechtmäßig positiv entschieden worden sein sollen. Per
       Pressemitteilung hatte das Bundesinnenministerium (BMI) zudem die
       verdächtigen Vorgänge als hochkriminell vorverurteilt – rechtswidrig, wie
       das Bremer Oberverwaltungsgericht im September 2018 festgestellt hat. Die
       Aussage sei zu unterlassen.
       
       Anfangs war von 1.200 Fällen die Rede, im April diesen Jahres waren es dann
       nur noch 50. Bamf-Mitarbeitende mit einem Stellenumfang von über 60
       Vollzeitstellen waren mehrere Monate lang damit beschäftigt, alle 13.000
       positiv beschiedenen Verfahren der Außenstelle seit dem Jahr 2000 zu
       überprüfen, wie das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine
       schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Martina Renner erklärte, die der
       taz vorliegt.
       
       ## Weniger als ein Prozent der positiven Verfahren
       
       In einigen der überprüften Fälle hat das Bamf Hinweise gefunden, dass
       Regeln des Asylverfahrens bewusst umgangen wurden. Andere Fehler seien auf
       eine Zeit zurückzuführen, „in der das Bundesamt angesichts der hohen
       Zugangszahlen vor einer immensen Herausforderung stand“, hatte das Bamf
       schon zuvor erklärt.
       
       Bei 304 Akten sei bislang ein Widerruf oder die Rücknahme erfolgt, hieß es
       am Dienstag auf Nachfrage aus dem BMI. Die Anzahl der widerrufenen
       Verfahren lasse aber „keine Rückschlüsse auf etwaiges Fehlverhalten zu, da
       hier ausschließlich geprüft wird, ob ein gewährter Schutzstatus in
       Deutschland weiterhin aufrechterhalten werden muss“, sagte ein Sprecher der
       taz.
       
       In etwa einem Drittel dieser Fälle sieht die Staatsanwaltschaft anscheinend
       ein strafbares Verhalten. Es geht also um weniger als ein Prozent der
       positiven Verfahren seit dem Jahr 2000. Ulrike B. soll insbesondere
       Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung sowie Beihilfe zum
       unerlaubten Aufenthalt vorgeworfen werden. Die Rechtsanwälte Irfan C. und
       Cahit T. sollen bei der Verleitung zum Asylmissbrauch „gewerbsmäßig“
       gehandelt haben. Es gibt aber wohl doch keine Belege dafür, dass
       Asylverfahren „bandenmäßig“ manipuliert wurden.
       
       ## Die Ermittlungen dauern an
       
       Sollte die Anklage so aussehen, wie er es aufgrund der Ermittlungsakten
       vermute, dann sei das ein „Angriff auf die freie Advokatur“, sagte Irfan
       C.s Anwalt Henning Sonnenberg. Als strafbares Verhalten werde dann
       gewertet, „dass ein Anwalt seine Arbeit macht, indem er Anträge stellt, die
       dann vom Bamf völlig zu Recht bewilligt werden“. Es war dabei um die
       Verhinderung der Abschiebung [5][jesidischer Geflüchteter] nach Bulgarien
       gegangen.
       
       Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass dort mit
       beachtlicher Wahrscheinlichkeit „eine unmenschliche oder erniedrigende
       Behandlung“ drohe.
       
       Mit einer solchen Anklage mache sich die Staatsanwaltschaft „zum
       Testamentsvollstrecker Alexander Dobrindts“, sagte Sonnenberg. Der
       CSU-Landesgruppenchef hatte im Mai 2018 von einer „aggressiven
       Antiabschiebeindustrie“ gesprochen. „Dieser angeblichen
       Antiabschiebeindustrie soll jetzt wohl das Handwerk gelegt werden“, sagte
       Sonnenberg. Ulrike B.s Anwalt war am Dienstag für die taz nicht zu
       erreichen. Er hatte die Vorwürfe gegen seine Mandantin in der Vergangenheit
       aber vehement bestritten.
       
       Als nächstes muss das Landgericht Bremen entscheiden, ob es die Anklage
       ganz oder in Teilen zulässt. Gegen weitere Verdächtige dauern die
       Ermittlungen an.
       
       18 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vermeintliche-Fehler-in-Bremen/!5586346
 (DIR) [2] /Streit-um-Bremer-Bamf-Aussenstelle/!5508066
 (DIR) [3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bremen-ex-chefin-von-bamf-aussenstelle-und-zwei-anwaelte-angeklagt-a-1287281.html
 (DIR) [4] /Nach-dem-Bremer-Bamf-Skandal/!5593166
 (DIR) [5] /Jesiden/!t5009907/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
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