# taz.de -- Demokratie-Kunstwerk beschädigt: Zerpflückte Freiheit
       
       > 2016 war er Ziel eines Brandanschlags. Nun steht Michel Abdollahis
       > „Schwamm“ wieder in Hamburg – und wurde prompt Ziel von Vandalismus.
       
 (IMG) Bild: Kaum aufgestellt, schon angefressen: Michel Abdollahis „Schwamm“ in Hamburgs City
       
       Hamburg taz | Wie gemacht für Verschwörungstheoretiker: Am Donnerstagabend
       war der aus Funk und Fernsehen bekannte Hamburger Künstler [1][Michel
       Abdollahi] Teilnehmer einer Diskussion zur Kunst, ihrer Freiheit und deren
       Bedrohung: In der wunderbar an die Bonner Republik (oder gleich an
       Ostberlin?) erinnernden Bar [2][Central Congress] traf er auf
       [3][Hafencity-Kuratorin Ellen Blumenstein], Rita Müller, Direktorin des
       [4][Museums der Arbeit], und Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD).
       
       Der Senator sprach etwa von einer Gefahr für die grundgesetzlich
       zugesicherte Kunstfreiheit aus derzeit drei Richtungen: eine grob gesagt
       rechte Idee von zu stiftender Einheit, die nach mehr Goethe und Schiller
       auf den Theaterbühnen ruft; weiterhin eine – etwas vergröbernd
       „identitätspolitisch“ zu nennende – Regulierung der Rederechte über
       bestimmte Themen, je nach Erfahrungshintergrund der Redenden; und
       schließlich eine Indienstnahme von Kunst und Kultur für allerbest gemeinte,
       aber eben Zwecke – und seien es solche, denen diese Zeitung nahe steht.
       
       Welcher der drei Stränge mag nun im Falle von Abdollahis „Schwamm“ zum
       Tragen gekommen sein? Diese Arbeit für den öffentlichen Raum hatte er am
       selben Mittag erst wieder aufgestellt, in Sichtweite des Hamburger
       Rathauses. Zuerst hatte der Hingucker – ein Zwei-Meter-Haushaltsschwamm –
       im Herbst 2016 in der Hafencity gestanden, wo er dann [5][Ziel eines
       Brandanschlags] wurde; der Staatsschutz ermittelte.
       
       Nach Stationen in Stuttgart und Augsburg ist das [6][Objekt, das Hass und
       anderes Unschöne „aufsaugen“ soll], nun also wieder in Hamburg zu sehen –
       und sofort das Opfer von Vandalismus geworden: Am hellichten Tag pflückten
       erste Menschen daran herum, später wurden allerlei Initialen hinein geritzt
       – aber auch „FCK AFD“. Ziemlich ähnlich war es Künstler und Kunstwerk
       [7][in Augsburg] ergangen: Dort war der Schwamm innerhalb von Stunden in
       Stücke gerissen worden.
       
       Die einen finden, so was sei keine Kunst; für andere ist es welche, aber
       eine der multikulturellen Umerziehung; dritte schließlich haben krudeste
       Ideen, was der Künstler mit seinem Schwamm anstellen möge: Welche
       Anfeindungen ihm der Schwamm eingebracht hat, längst nicht immer im Schutze
       der Netz-Anonymität vorgetragen, das dokumentiert [8][Abdollahi] mittels
       einer Soundinstallation, untergebracht in einer Säule neben dem
       Schaumstoffkörper.
       
       Er werde das Kunstwerk mit Stacheldraht schützen, kündigte er am Donnerstag
       noch an – davon aber war bis Freitagnachmittag nichts zu sehen.
       
       24 May 2019
       
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