# taz.de -- Dokumentation über Journalisten: Drei Wahlen in Sachsen
       
       > Eine Arte-Doku über die Arbeit von Journalisten der „Sächsischen Zeitung“
       > zeigt mutige Kollegen – und zeichnet ein verstörendes Gesellschaftsbild.
       
 (IMG) Bild: Bautzner Neonazis bei einer NPD-Kundgebung
       
       „Niemals war guter Journalismus wichtiger in dieser Region als heute. Und
       noch nie wurden wir so kritisiert und angegriffen.“
       
       Das sagt Annette Binninger, Mitglied der Chefredaktion der Sächsischen
       Zeitung, zu Beginn der Arte-Reportage „Dem Rechtsruck auf der Spur. Eine
       Zeitung sucht Antworten“. Wie sich diese Situation für Binningers
       Mitarbeiter auswirkt, ist Thema der Films, der an diesem Donnerstag in der
       Reihe „Re:“ zu sehen ist: Anlass des Films ist, dass im Verbreitungsgebiet
       der Zeitung in diesem Jahr drei Wahlen anstehen: Europawahl, Kommunalwahl,
       Landtagswahl.
       
       Autor Frank Zintner begleitet drei Journalisten der Sächsischen Zeitung
       (SZ) bei ihrer Arbeit – Tobias Wolf etwa zu einem Besuch bei einem
       AfD-Aussteiger. Wolf ist der Experte für die AfD; und anhand seiner Person
       lässt sich gut erzählen, wie die Partei mit kritischen Journalisten umgeht.
       In der Reportage ist auf Archivbildern zu sehen, wie Wolf bei einer
       AfD-Veranstaltung aus dem Saal komplementiert wird.
       
       Andere Einschränkungen erlebt Andreas Weller: Bei einer Demonstration der
       NPD in Dresden filmt er mit dem Smartphone für einen Live-Blog der SZ, ein
       Polizist versucht, auch mit Hilfe leichten Körpereinsatzes, ihn daran zu
       hindern. „Ich bin von der Presse“, sagt Weller. „Ja, ich auch“, antwortet
       der Uniformierte. Das Übliche halt – zumindest aus Sachsen und Thüringen
       kennt man solche Bilder ja mittlerweile. Immerhin: „Im Nachgang“ sei die
       Polizei „eigentlich immer einsichtig“, sagt Weller. Ebenfalls ein Thema:
       die Einschüchterungsversuche des digitalen Mobs.
       
       ## „Gehen Sie!“
       
       Die Reportage hat noch einen weiteren medienjournalistischen Aspekt.
       Redakteur Ulrich Wolf befasst sich mit dem Bautzener Bauunternehmer Jörg
       Drews, „einer Säule“ der örtlichen Gesellschaft, wie es im Film heißt. Der
       finanziert diverse dort ansässige rechte Medien, etwa den Internetkanal
       Ostsachsen TV, bei dem im kumpeligen Ton der rechtsextreme Verleger Jürgen
       Elsässer interviewt wird – und wo ein Reichsbürger im Rahmen eines anderen
       sogenannten Interviews einen 13-minütigen Monolog halten darf.
       
       Zu Beginn seiner Recherchen besucht Ulrich Wolf eine
       Diskussionsveranstaltung, an der neben Drews auch die vor wenigen Jahren
       nach Bautzen gezogene grüne Kommunalpolitikerin und Bloggerin Annalena
       Schmidt teilnimmt, die wegen ihrer Kritik an den Verhältnissen in der Stadt
       viel Hass auszuhalten hat. Mit den Worten „Gehen Sie!“ fordert eine ältere
       Dame, die für einen kurzen Beitrag auf die Bühne gekommen ist, Schmidt zum
       Verlassen der Stadt auf. Die Menge johlt, es herrscht
       Hexenverbrennungslaune. Eine Stimmung, die auch den Reporter Wolf
       irritiert, zumal die Veranstaltung in einer Kirche stattfindet.
       
       Die Passagen über Bautzen sind die interessantesten des Films. „In Bautzen
       greifen Ideen um sich, die bislang als ziemlich abgedreht galten“, schreibt
       Wolf im „Bautzen-Report“, der im April in drei Teilen auf der Seite drei
       der Sächsischen Zeitung erschien. Jenseits der Strukturen von AfD und NPD
       florieren hier Wahnideen verschiedener Art – verbreitet von vermeintlichen
       Friedensfreunden, die mit Nationalsozialisten paktieren, oder einem
       „fundamental-christlich geprägten Spielzeughändler“, der ein ebenfalls vom
       großen Bauunternehmer finanziertes Magazin herausgibt. Ulrich Wolf spricht
       im Film von „Durcheinander-Netzwerken“
       
       Zu den Schwachpunkten von „Dem Rechtsruck auf der Spur“ gehört, dass Autor
       Zintner zu Wiederholungen neigt: Dreimal erwähnt er, dass in Sachsen in
       diesem Jahr dreimal gewählt wird. Und als einmal Ulrich Wolf und Andreas
       Weller über ihre Recherchen reden, wirkt das, als täten sie es nur für die
       Kamera. Entsprechend hölzern sieht es aus. Die Relevanz des Films mindert
       das keineswegs.
       
       Gerade twitterte ein Redakteur der SZ, dass seiner Zeitung „auf Wunsch des
       Bauherrn Drews“ der Zutritt beim Richtfest des sanierten Bautzener Bahnhofs
       verweigert wurde. Ebenfalls betroffen: Arte. Allerdings nicht das Team von
       „Re:“-Autor Zintner, sondern ein anderes, das derzeit in Bautzen dreht und
       einen Mehrteiler über die Stadt plant.
       
       23 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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