# taz.de -- SchülerInnen-Theater in Osnabrück: Zu viel Theater für die AfD
       
       > SchülerInnen einer Osnabrücker Gesamtschule haben ein Theaterstück über
       > Rechtspopulismus geschrieben. Jetzt stilisiert sich die AfD als Opfer.
       
 (IMG) Bild: So eine Strafarbeit müssen die Osnabrücker SchülerInnen wohl nicht machen
       
       Osnabrück taz | Ein Theaterstück muss nicht lang sein, um Wirkung zu
       zeigen. Es muss auch nicht viele Zuschauer haben, nicht von Profis gespielt
       sein. Es braucht nur Herzblut und ein zündendes Thema. 45 Minuten kurz ist
       „Danke dafür, AfD“, nur 70 Zuschauer kamen zu seinen drei Aufführungen.
       Alle Darsteller waren Laien. Aber die Schockwelle, die es ausgelöst hat,
       ist gewaltig.
       
       So war es Anfang Mai an der Osnabrücker Gesamtschule Schinkel: Schüler des
       11. Jahrgangs führen ein „Dokumentendrama“ auf, ein Stück über
       Nationalismus und Fremdenhass – Tweets und Zitate (nicht nur) der AfD
       koppeln sie mit eigenen Gedanken. Station auf Station führen sie die
       Zuschauer dabei durch ihre Schule. Eine schonungslose Reise, die tief
       hineinführt ins harte, dunkle Herz rechtspopulistischer Demagogie. Wie gut
       ihre Treffer liegen, zeigt die Hölle, die kurz darauf losbricht.
       
       Denn die AfD schlägt zurück. So dünnhäutig und heuchlerisch selbstgerecht,
       wie sie es immer ist, wenn es ums Thema Schule geht: von ihrem
       Antifa-Sticker-Aufschrei an der Hamburger Ida-Ehre-Schule bis zu ihren
       Online-Portalen zur Denunziation AfD-kritischer Lehrer.
       
       Und nicht nur lokale Kräfte empören sich. Von einer „ungeheuerlichen
       Falschdarstellung“ spricht Harm Rykena, bildungspolitischer Sprecher der
       AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. Die Schulleitung müsse sich „von
       der Aufführung distanzieren und eine parteipolitische Instrumentalisierung
       ihrer Schüler unterbinden“. Man erwarte eine „öffentliche Entschuldigung“.
       
       ## Rechter Blog veröffentlicht Adresse des Schulleiters
       
       Da ist sie wieder, die Opferrolle, in die sich die AfD gern
       hineinstilisiert. Von einer Instrumentalisierung der Schüler kann zwar
       keine Rede sein, alle Darsteller haben ihre Parts selbst geschrieben, aber
       Verschwörungstheorien gehören schließlich zum Standardrepertoire der
       rechten Desinformation.
       
       Natürlich hält sich auch der rechtspopulistische Internet-Blog
       journalistenwatch.com nicht zurück. „Irrsinn“ macht er bei der zuständigen
       Lehrkraft aus. Der Fall zeige, „wie dringend notwendig Schulportale, die
       die politische Neutralität von Schulen und Lehrkräften im Auge haben,
       sind“. „Danke dafür, AfD“ sei „ein einziges Hetzstück“.
       
       Und auch die Infokrieger von pi-news.net ziehen in die Schlacht. Hier werde
       „linke Identitätspolitik zelebriert“, behaupten sie, sprechen von einer
       „Vernichtungs-Terminologie“ gegenüber der AfD, von „moralisch aufgeladenem
       Halbwissen aus einer linken Echokammer“, von einer „teuflischen Saat“ und
       enden mit einem Aufruf: Sie zeigen ein Foto von Schulleiter Udo Cronshagen
       mit Adresse, Telefonnummer, Mail und bitten um „faire und sachliche Art der
       Kontaktierung“.
       
       Kontaktiert wird Cronshagen dann auch. Aber was bei ihm eingeht, ist Hass
       und Hetze. Sogar Androhungen von Gewalt sind dabei, heißt es. So
       bedrängend, so bedrohlich ist das, dass er die Landesschulbehörde um Hilfe
       bittet. Nein, er wolle zu alldem nichts sagen, sagt er. Seine Stimme klingt
       matt dabei, tonlos.
       
       Andreas Herbig, Sprecher der Behörde, wird dagegen deutlich. „Das ist schon
       sehr hetzerisch, was da geäußert wird. Teils auch zutiefst persönlich
       beleidigend.“ Die Behörde berät die Gesamtschule jetzt, um „Druck von ihr
       zu nehmen“. Wichtig sei „insbesondere, jetzt die Schüler zu schützen. Wir
       haben ihnen beispielsweise geraten, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen,
       damit sie nicht zu direkten Zielscheiben ihrer Gegner werden.“ Auch Herbig
       ist Fassungslosigkeit anzumerken. „Wir analysieren jetzt alles und
       entscheiden dann, ob wir Maßnahmen gegen diese Anwürfe ergreifen.“
       
       Und die politische Neutralität der Schule? Herbig, kämpferisch: „Sie ist
       wichtig, klar: Aber es ist eben auch Teil der schulischen Bildung, sich
       politischen Inhalten anzunähern.“
       
       ## SchülerInnen bekommen Zuspruch von CDU und SPD
       
       Das sieht Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU) genauso:
       Schule solle nicht „politisch steril“ sein, „diese Auseinandersetzung
       schärft das Urteil, fordert heraus und fördert die Bildung – auch die des
       Herzens“. Griesert, deutlich: „Wir müssen uns auch in Zukunft dafür
       einsetzen, dass wir unsere Meinung frei äußern können.“ Toleranz heiße auch
       Duldung.
       
       Auch die örtliche SPD gibt Cronshagen und seinen Schülern Schützenhilfe:
       Patrick Kunze, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB),
       sagt: Schule müsse „den Anspruch haben, unsere jungen Menschen für eine
       kritische Auseinandersetzung mit jeder Form von Politik zu befähigen“.
       
       AfDler Harm Rykena sagt zu den „bösartigen Mails“ an Cronshagen übrigens:
       „Hass und Hetze sind nie der richtige Weg.“ Stimmt. Aber seine Weggefährten
       sehen das anders.
       
       15 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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