# taz.de -- Mario Ohoven über Kritik an Minister: „Altmaier-Bashing ist unangebracht“
       
       > Mittelstandspräsident Ohoven nimmt den Wirtschaftsminister in Schutz –
       > und fordert niedrigere Steuern.
       
 (IMG) Bild: Gut zum Mittelstand, findet jedenfalls Mario Ohoven: Peter Altmaier
       
       taz: Herr Ohoven, Wirtschaftsminister Peter Altmaier wird von
       Wirtschaftsverbänden harsch kritisiert. Angeblich vernachlässigt er den
       Mittelstand. Was sagen Sie? 
       
       Mario Ohoven: Der Minister hat den großen Fehler gemacht, in seinem Papier
       für eine Industriestrategie 2030 den Mittelstand außen vor zu lassen. Das
       hat er eingeräumt und ist dabei, es zu korrigieren. Grundsätzlich aber
       steht Herr Altmaier zum Mittelstand und unterstützt zentrale Forderungen
       wie die nach Senkungen bei Steuerlast und Energiepreisen.
       
       Warum ist das wichtig? 
       
       Weil 99 Prozent aller Betriebe in Deutschland mittelständisch sind und es
       daher nicht sinnvoll sein kann, wenn die Regierung Politik für ein Prozent
       macht. Das Gros der rund 3,5 Millionen Unternehmen hat zwischen 1 und 20
       Mitarbeitern. Der Mittelstand ist also die Wirbelsäule der Wirtschaft.
       Verantwortung und Risiko sind nicht wie oft bei den Konzernen entkoppelt.
       Bonus gibt es nur bei Erfolg, nicht wie bei VW auch bei Betrug. Die meisten
       Mittelständler können nicht wie Großkonzerne ins Ausland gehen. Wir sind
       auf die Region, auf das Land und unsere Mitarbeiter angewiesen. Vor allem:
       Unsere Unternehmer bleiben in Deutschland und zahlen hier ihre Steuern.
       
       Der Verband der Familienunternehmen hat Altmaier eine „Fehlbesetzung“
       genannt. 
       
       Ich verstehe nicht, warum er einen derart ehrverletzenden Ton für
       angebracht hält. Ich kenne Herrn Altmaier seit vielen Jahren und weiß
       daher, dass das Bashing der Wirtschaft teilweise unangebracht ist. Er hat
       sich schon als Umweltminister für den Mittelstand eingesetzt. Was wir
       wirklich brauchen, ist ein Standortprogramm 2030, das die
       Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sichert. Es geht um funktionierende
       Märkte und nicht um die Subventionierung einzelner Konzerne. Nur ein
       Beispiel: Die Unternehmen zahlen hier die höchsten Energiepreise Europas,
       die zweithöchsten der Welt.
       
       Die würden ja teilweise durch eine CO2-Abgabe steigen, die derzeit
       diskutiert wird. Wie stehen Sie dazu? 
       
       Mit dem Mittelstand ist das nicht zu machen. Wir haben unsere Mitglieder
       dazu befragt: Mehr als 70 Prozent sind gegen eine CO2-Steuer. Der richtige
       Weg wäre eine marktwirtschaftliche und aufkommensneutrale Bepreisung von
       CO2.
       
       Das Jammern der Wirtschaft über hohe Steuern ist uralt. Dabei zahlen sie
       relativ wenig, den Firmen geht es gut. 
       
       Noch ist das so, aber das Wachstum hat spürbar an Kraft verloren. Die
       Inlandsaufträge sind um 4 Prozent zurückgegangen, die Auslandsaufträge um 6
       Prozent. Es wird sehr wenig in Deutschland investiert. Wir sollten nicht,
       wie nach der letzten Krise, die Reha organisieren, wir brauchen jetzt
       Prävention. Was den Steueranteil der Unternehmen angeht: Die allermeisten
       Mittelständler sind Personengesellschaften und zahlen Einkommensteuer plus
       Soli – und zwar deutlich mehr als der Durchschnittsverdiener.
       
       Offenbar finden Sie wenig Gehör mit Ihren Forderungen. Wie schnell bekommen
       Sie einen Termin bei Frau Merkel? 
       
       Anders als Konzerne muss der Mittelstand um Termine bei der Kanzlerin stark
       kämpfen. Ich habe auch deswegen die Mittelstandsallianz ins Leben gerufen,
       weil wir gemeinsam stärker sind. Das sind mittlerweile 34 Verbände, die
       zusammen über eine Million Mitglieder vertreten. Und plötzlich öffnen sich
       die Türen… Und was Frau Merkel angeht, so gehört Wirtschaftspolitik nach
       meinem Eindruck nicht zu ihren Prioritäten.
       
       Und was ist Ihre wichtigste Forderung? 
       
       Der Mittelstand muss endlich bessere Rahmenbedingungen bekommen. Es gibt
       zum Beispiel in 31 von 36 OECD-Ländern eine steuerliche Forschungs- und
       Entwicklungsförderung, nur in Deutschland nicht. Vor allem müssen die
       Unternehmenssteuern von jetzt rund 30 Prozent bei 20 Prozent gedeckelt
       werden. Trump hat die Unternehmenssteuern in den USA gesenkt, Macron in
       Frankreich, Orbán in Ungarn, andere europäische Nachbarn wollen nachziehen.
       Das ist ein riesiger Wettbewerbsnachteil für unsere Unternehmen, den wir im
       beginnenden Abschwung bitter zu spüren bekommen werden. Da geht es auch um
       viele Arbeitsplätze.
       
       Die Bundesregierung diskutiert ein Zuwanderungsgesetz. Brauchen wir das? 
       
       Der Mittelstand leidet unter akutem Fachkräftemangel. Wir brauchen daher
       ein Einwanderungsgesetz, aber eines mit einem Punktesystem wie in Kanada
       oder den USA, das uns qualifizierte Fachkräfte bringt. Die Betonung liegt
       auf qualifiziert, ungeregelte Zuwanderung ist keine Lösung, sondern schafft
       neue Probleme.
       
       14 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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