# taz.de -- Die Wahrheit: Schnuffeltücher fürs Macho-Ballett
       
       > Fans von Rockstars sammelten schon immer Besonderheiten wie zum Beispiel
       > Penismodelle. Es fehlt eine Ausstellung ganz neuer Objekte.
       
       Meine Idee für eine Sammlung von Schnuffeltüchern berühmter Rockstars hat
       ganz schön etwas angestoßen. Obwohl ich noch am Anfang stehe und bislang
       nur drei Exponate ausstellen könnte. Aber was für welche: Das Schnuffeltuch
       von Robert Plant (aus fein gewirktem indischem Damast), das von Ozzy
       Osbourne (mit Fledermaus-Blutspritzern, weil er es oft als Lätzchen benutzt
       hat), und das vom Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich, mit skandinavischem
       Unniko-Design, das sind diese flächigen, bunten Blüten.
       
       Ich hatte mich lange um Ulrichs erstes Schnuffeltuch bemüht, das er bei den
       Streitereien mit James Hetfield in den Jahren 2000 bis 2002 quasi gar nicht
       aus der Hand legte, und dessen Druck (Eulen) darum auch schon recht
       verblasst ist. Aber bei meinem letzten Kontakt mit dem Metallica-Management
       wurde mir durch die Blume gesagt, dass jemand anders – das Hardrock-Café? –
       mich bei diesem Stück überboten habe.
       
       Vermutlich waren das die gleichen Leute, die auch hinter Ed Sheeran her
       sind (er besitzt angeblich eine eigene, riesige Schnuffeltuchsammlung).
       
       Ich werde dennoch dranbleiben und plane die Ausstellung meiner Sammlung im
       Hinterzimmer einer kleinen, gemütlichen Änderungsschneiderei in Berlin.
       Schließlich geht es darum, das Image des Rock ’n’ Roll grundlegend zu
       entstauben.
       
       ## Die Gitarre wie ein Baby halten
       
       Vielleicht bekomme ich bis zur Ausstellungseröffnung auch mein Buch „Neue
       Gitarrenrockposen für das 21. Jahrhundert“ fertig, für das ich
       andersartige, queere und weniger aggressive Gitarrenhaltungen gesammelt
       habe, zum Beispiel das „Tragetuch“, bei der man die Gitarre ein bisschen
       wie ein Baby hält. Mir ist klar, dass es die neuen Posen nicht leicht haben
       werden. Neulich habe ich die dänische Mod-Rock-Band „The Movement“ live
       gesehen und hatte dabei selbst einen Rückfall. Bis zur Fast-Ohnmacht
       begeisterte ich mich für die klassischen Schwanzverlängerungsgesten des
       Gitarristen und des Bassisten, die beide Musiker synchron mit ihren
       Instrumenten aufführten wie ein eingespieltes Macho-Ballett.
       
       Der Bassist, ein junger, schlaksiger Mann, zeigte beim Spiel zudem die
       klassische Rock-Mimik mit zusammengekniffenen Augen und gespitzten Lippen,
       ein Gesichtsausdruck, den man als Image nur zwischen 1968 und den 2000ern
       findet, und den man eigentlich für keine andere Situation als das
       (Luft-)Gitarrespiel benutzen kann. Es ist darum klar, dass diese sorgsam
       eingeübte Mimik nicht einfach verboten werden kann, sondern umgedeutet
       werden muss.
       
       Zu meinen Aufgaben gehört es also, Szenarien anzubieten, in denen man die
       Rock-Mimik nach wie vor zeigen kann. Etwa, wenn man einen 150 Kilogramm
       schweren Waller an der Angel aus dem See zu ziehen versucht. (Dass das
       „Posenangeln“ in der Angelwelt längst ein Begriff ist, kommt mir entgegen.)
       Vielleicht kann man den Gesichtsausdruck auf dem anschließenden Beweisfoto,
       auf dem man stolz den dicksten Fisch präsentiert, sogar noch beibehalten.
       
       3 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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