# taz.de -- Mehr Befugnisse für sächsische Polizei: „Freistaat statt Polizeistaat“
       
       > Nach einer heftigen Debatte verabschiedet der sächsische Landtag ein
       > verschärftes Polizeigesetz. Damit steht er in einer Reihe mit weiteren
       > Ländern.
       
 (IMG) Bild: Demo gegen das neue sächsische Polizeigesetz am Montag in Dresden
       
       Dresden taz | Der sächsische Landtagsvizepräsident Horst Wehner musste am
       Mittwoch seiner eigenen Landtagsfraktion einen Ordnungsruf erteilen. Nach
       der Rede ihres Innenpolitikers Enrico Stange zur Verabschiedung des neuen
       Polizeigesetzes zeigten die Linken-Abgeordneten ein Schild mit der
       Aufschrift: „Freistaat statt Polizeistaat“. Zwei Tage zuvor hatte es in
       Dresden bereits die abschließende Demo des Bündnisses gegen das
       Polizeigesetz gegeben. Nach hitziger Debatte wurde das Gesetz mit den
       Stimmen der Koalition von CDU und SPD angenommen. Nicht das letzte Wort,
       denn Linke und Grüne haben bereits eine Normenkontrollklage vor dem
       Landesverfassungsgericht angekündigt.
       
       Die treffendste Bemerkung im Landtag kam vom SPD-Abgeordneten Albrecht
       Pallas, selber gelernter Polizist. Die bundesweite Debatte über die
       Verschärfung mehrerer Landespolizeigesetze verlaufe weniger entlang der
       Parteigrenzen als vielmehr nach der Zuordnung zur Regierung oder der
       Opposition. In Baden-Württemberg oder Hessen tragen die Grünen
       beispielsweise die Quellen-Telekommunikationsüberwachung oder die Bodycam
       für Polizisten mit, wogegen sie in Sachsen heftig polemisieren.
       
       Pallas sprach auch in eigener Sache, denn die SPD spielt als Juniorpartner
       in Sachsen eine ähnlich mildernde Rolle wie die Linke in Brandenburg, wo
       der SPD-Innenminister Schröter ein äußerst scharfes Polizeigesetz vorgelegt
       hatte. „Sachsen ist nicht Bayern“, lautet deshalb sein Trost.
       
       Anlass für die Neufassung des Gesetzes war eigentlich nur die Anpassung an
       die EU-Datenschutzrichtlinien. Doch in einem Zug damit werden nun die
       Polizeibefugnisse erheblich erweitert. CDU-Innenpolitiker Rico Anton führte
       die Terrorgefahr und die Anpassung an moderne Kriminalitätsformen als
       wesentliche Beweggründe an. Für die Konservativen sei der
       Präventionsgedanke maßgebend. „Vor die Lage kommen“, heißt das bei Anton.
       
       ## Linke gegen Generalverdacht
       
       Unterstützt von zahlreichen Gutachtern einer Landtagsanhörung im Januar
       sieht die Opposition aber gerade im Misstrauen gegen jedermann die
       gefährlichste Tendenz dieser Gesetzgebung. „Der Bürger kann gar nicht mehr
       wissen, wann er sich verdächtig macht“, prangerte der Linke Enrico Stange
       die „Unverhältnismäßigkeit“ dieses Gesetzes an.
       
       Grundsätzlich lehnen Grüne und Linke eine Verschärfung ab und begründen
       dies mit einer auch in Sachsen deutlich gesunkenen Zahl der Straftaten.
       Statistisch wurden im Vorjahr 13,7 Prozent weniger erfasst als 2017, die
       Kriminalitätsrate ist die niedrigste seit 25 Jahren. Die von der
       Bevölkerung „gefühlte Kriminalität“ sei aber leicht gestiegen, hatte
       Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) eingewendet. Das hält die
       Opposition für lächerlich, während Albrecht Pallas von der SPD darauf
       hinwies, dass nur die Verbrechen statistisch erfasst werden, die der
       Polizei auch bekannt sind.
       
       Die SPD hat immerhin die Online-Durchsuchung mittels Staatstrojaner sowie
       eine flächendeckende Videoüberwachung verhindert und eine zumindest formal
       unabhängige Polizeibeschwerdestelle bei der Staatskanzlei durchgesetzt.
       Eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten konnte sie nicht erreichen,
       musste umgekehrt die Einführung der Bodycam schlucken. Auch die Überwachung
       von Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten oder Anwälten konnte sie gemeinsam
       mit dem Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig mildern. Es bleibt
       allerdings auch die Gesichtserkennung bei der Videoüberwachung.
       
       10 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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