# taz.de -- Deutsche-Wohnen-Aktionär zu Enteignung: „Die Mieter haben nichts davon“
       
       > Volker Sinks ist Kleinaktionär der Deutschen Wohnen. Er kritisiert die
       > Geschäftspraktiken des Konzerns. Doch die Pläne zu einer Enteignung lehnt
       > Sinks entschieden ab.
       
 (IMG) Bild: Im Fall einer Enteignung wäre die Geschäftsgrundlage des Unternehmens weg, stellt Volker Sinks fest
       
       taz: Herr Sinks, eine Initiative in Berlin will den Immobilienkonzern
       Deutsche Wohnen (DW) enteignen lassen, um die Wohnungsfrage zu lösen. Sie
       sind Aktionär der DW. Haben Sie Angst vor der Enteignung? 
       
       Volker Sinks: Nein, die habe ich nicht. Ich bin Kleinaktionär, habe mich
       auch schon von einem Teil meiner DW-Aktien getrennt. Und Angst ist
       bekanntlich ein schlechter Ratgeber. Wenn Sie mich fragen: Die DW würde
       vielleicht sogar einen Schnitt machen, wenn sie enteignet würde.
       
       Wie kommen Sie darauf? 
       
       Eine Entschädigung würde sich nicht am Kaufwert orientieren, sondern mit
       Sicherheit am Zeitwert. Der Nachteil für das Unternehmen wäre allerdings,
       dass im Fall einer Enteignung die Geschäftsgrundlage weg wäre.
       
       Das klingt, als fänden Sie eine Enteignung gar nicht so abwegig. 
       
       Vorstellen kann ich mir das. Es wird mit Recht argumentiert, dass die
       Möglichkeit nicht nur bestehe, wenn es um den Bau von Autobahnen geht. Aber
       klar, ich wäre nicht dafür. Denn die Wohnungen würden dann in die
       öffentliche Hand übergehen; es müsste eine Gesellschaft gegründet werden –
       und die bekäme einen Geschäftsführer. Jeder kann sich denken, wie solch ein
       Posten vergeben würde. Es fände sich sicher ein verdienter Politiker. Ob
       der dann auch geeignet wäre, daran habe ich meine Zweifel. Meine Meinung.
       
       Aber die Wohnungen wären dann in öffentlichem Eigentum. 
       
       Ach, da wird prozessiert bis zum letzten Gericht, und die Mieter haben
       nichts davon.
       
       Warum haben Sie vor drei Jahren DW-Aktien gekauft?
       
       Ich hatte vorher Aktien der Vonovia. Die kam dann aber ins Gerede, weil die
       ihre Mieter so hart behandelt haben, da habe ich sie verkauft. Dann habe
       ich mir den Geschäftsbericht der DW angeschaut, der hat mich überzeugt. Da
       ging es um Augenhöhe mit den Mietern, um soziale Verantwortung. Das war mir
       sympathisch.
       
       Aus Ihnen ist mittlerweile ein kritischer Aktionär geworden. Warum? 
       
       Ich bin bei der Hauptversammlung letztes Jahr in Frankfurt von einer
       Journalistin des RBB angesprochen wurde, die zur DW recherchiert hat. Durch
       sie habe ich erfahren, wie die DW mit ihren Mietern umgeht. Ich hatte aber
       auch schon vorher Bedenken. Bei der Hauptversammlung hatte mir nämlich
       niemand richtig erklären können, wie der Zusammenhang ist zwischen
       Instandhaltungskosten und Modernisierungsumlagen für die Mieter.
       
       Sie sind dann nach Berlin gereist und haben sich mit DW-Mietern getroffen.
       Wie war das? 
       
       Da wurden mir die Augen geöffnet. Eine Frau hat mir das vierzigseitige
       Ankündigungsschreiben für die Modernisierung ihrer Wohnung gezeigt. Das war
       eine Art, die Mieter mit Informationen zu erschlagen, die machte mich
       misstrauisch. Zum anderen wurde auf die Mieterin Termindruck gemacht.
       Einzelgespräche sollten teilweise erst nach ihrer Zustimmung stattfinden.
       Und: Trotz der energetischen Sanierung wurden der Mieterin höhere
       Energiekosten angekündigt: circa 20 Euro zusätzlich bei einer Mieterhöhung
       von etwa 240 Euro für Energiesparmaßnahmen. Da kann doch irgendwas nicht
       stimmen. Ich finde, so sollte man nicht mit Leuten umgehen. Da gibt es eine
       Verantwortung für das Unternehmen und damit Aktionäre wie mich.
       
       Warum bleiben Sie DW-Aktionär? 
       
       Weil ich dem Unternehmen bedenkenswerte Hinweise geben könnte. Ich bin nach
       dem RBB-Beitrag von der DW zum Gespräch eingeladen worden. Da habe ich den
       Teilnehmern alles im Detail erklärt, die Antwort hat mich nicht überzeugt.
       Gesagt wurde, das sei alles gutachterlich untersucht, alles habe seine
       Ordnung. Beim Thema CO2-Einsparung habe ich gesagt, dass man die Kosten
       dafür nicht als Modernisierung den Mietern aufbürden kann. Das geht doch
       nicht.
       
       Wohnen ist ein großes Thema. Haben Sie Lösungsideen? 
       
       Ich würde vorschlagen, dass, wenn Geld in die Hand genommen wird, dann
       nicht, um die DW zu enteignen. Denn davon hätten die Mieter erst einmal gar
       nix. Wenn schon, dann könnten sie die Mieter unterstützen, zum Beispiel bei
       der energetischen Sanierung. Das wäre ein klimapolitisches Ziel, das
       gleichzeitig das Image der DW verbessern könnte. Und ich erwarte, dass die
       DW ihre Berechnungen der Modernisierungsumlage von neutraler Stelle
       untersuchen lässt. Die Zahlen müssen auf den Tisch.
       
       10 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kritische Aktionäre
 (DIR) Mieten
 (DIR) Deutsche Wohnen & Co enteignen
 (DIR) Deutsche Wohnen
 (DIR) Enteignung
 (DIR) FDP
 (DIR) Maastricht-Kriterien
 (DIR) Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
 (DIR) Christian Lindner
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) FDP-Politiker über Volksbegehren: „Erschreckende Staatsgläubigkeit“
       
       Das Volksbegehren zur Enteignung der Deutsche Wohnen hält der
       FDP-Fraktionsvize Michael Theurer für falsch. Er fordert, den Artikel 15
       des Grundgesetzes zu streichen.
       
 (DIR) Europäische Initiative für Mieterschutz: Maastricht muss weg
       
       Mieterbund und DGB unterstützen eine Petition. Das Ziel: Mehr Steuern von
       Airbnb – und mehr Investitionen in öffentlichen Neubau.
       
 (DIR) Streit um Enteignungen: Venceremos, Markus!
       
       Markus Söder wettert gegen „sozialistische Ideen“ in der Wohnungspolitik.
       Braucht es mehr Gründe, um endlich über Enteignungen nachzudenken?
       
 (DIR) Streit um Wohnungsbau: Habeck offen für Enteignungen
       
       Grünen-Chef Robert Habeck will Boden notfalls sozialisieren. Beim Thema
       Deutsche Wohnen ist er aber zurückhaltend.