# taz.de -- Mord an linker Politikerin in Brasilien: Mörder gefasst, Fall ungelöst
       
       > Ein Jahr nach dem Mord an der linken Stadträtin Marielle Franco:
       > Brasiliens Polizei präsentiert die mutmaßlichen Mörder.
       
 (IMG) Bild: Angehörige und Freunde wollen wissen: Wer hat den Mord an Marielle Franco angeordnet?
       
       Berlin taz | Kurz bevor sich der [1][Mord an der linken Stadträtin Marielle
       Franco] und ihrem Fahrer Anderson Gomes in Rio de Janeiro zum ersten Mal
       jährt, melden die Ermittler einen Erfolg: Zwei Männer wurden am frühen
       Dienstagmorgen im Norden der Stadt festgenommen. Ronnie Lessa und Élcio
       Vieira de Queiroz, zwei Ex-Militärpolizisten, werden verdächtigt, Franco
       und Gomes in der Nacht des 14. März 2018 erschossen zu haben. Lessa soll
       die 13 Schüsse aus einer MP5 abgegeben haben. Vier trafen Franco in den
       Kopf, die anderen ihren Fahrer. Ihre Assistentin überlebte verletzt.
       Queiroz soll den Wagen gesteuert haben.
       
       Eine Telefonüberwachung hatte die Ermittler auf Lessa gebracht. Er soll
       monatelang zu Francos Gewohnheiten, Adressen und Angehörigen sowie über die
       spätere halbautomatische Tatwaffe recherchiert haben. In den letzten
       Monaten wurden die Ermittlungen von mehreren Pannen überschattet. Mehrfach
       waren Verdächtige vor Polizeioperationen gewarnt worden, Dutzende
       Verdächtige entkamen so ihrer Festnahme. Anfang März wurden deshalb zwei
       Polizisten verhaftet.
       
       Angehörige und Freunde von Franco begrüßten die Festnahmen, fordern aber,
       dass auch die Auftragsgeber ermittelt werden. Eine Spur führt direkt zum
       Staatspräsidenten. Der mutmaßliche Schütze lebt in derselben Wohnanlage, in
       der auch [2][Jair Bolsonaro] sein Haus hat. Zudem kursiert in den sozialen
       Medien ein Foto, das den Präsidenten in herzlicher Umarmung mit Queiroz
       zeigt.
       
       Interessanter aber ist der Zusammenhang zwischen den mutmaßlich beteiligten
       Milizen. In den von ihnen kontrollierten Gebieten soll der Immobilienmarkt
       stark gewachsen sein. AnwohnerInnen-Initiativen, die sich gegen den
       Ausverkauf von Grundstücken wehrten, wurden von Marielle Franco
       unterstützt.
       
       ## Die Motive sind nicht klar
       
       Im Januar war bekannt geworden, dass die Mutter eines der mutmaßlichen
       Mitorganisatoren des Mordes, des Milizenchefs Adriano Magalhaes de Nóbrega,
       für den Abgeordneten und Präsidentensohn Flávio Bolsonaro gearbeitet hat.
       Dort soll sie sogar für seine illegale Finanztransaktionen bei
       Immobiliengeschäften zuständig gewesen sein, zu denen Ermittlungen laufen.
       
       Doch sind die Motive für den Mord nicht klar. Als lesbisch lebende
       Schwarze, die in Rios berüchtigtem Armenviertel Favela da Maré aufgewachsen
       ist, war sie vielen Konservativen [3][ein Dorn im Auge]. Noch nach ihrem
       Tod hatte ein Delegierter der Bolsonaro-Partei PSL eine Gedenkminute für
       die Ermordete im Parlament gestört, indem er lauthals ihren „Lebenswandel“
       ablehnte. Andere Abgeordnete zerrissen Bilder mit ihrem Namen.
       
       Auch den Milizen und Militärpolizisten war Franco, die die brutalen
       Polizeieinsätze in den Armenvierteln wiederholt kritisiert hatte, nicht
       sympathisch. Eine Schmutzkampagne hatte sie in Verbindung mit Drogenhandel
       gebracht. Doch ist der Aufschrei, den der Mord weltweit ausgelöst hat,
       nicht verklungen. Am Jahrestag haben Angehörige und Parteifreunde zu
       Trauermärschen aufgerufen. Sie demonstrieren mit Bildern und T-Shirts mit
       Francos Konterfei und fragen: Wer hat den Mord an Marielle angeordnet?
       
       14 Mar 2019
       
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