# taz.de -- Innenministerium zu Abschiebehaft: Seehofers fragwürdige Asylpläne
       
       > Richter umgehen, Flüchtlinge in gewöhnlichen Knästen: Ein Papier zählt
       > zum Teil illegale Pläne aus dem Innenministerium auf.
       
 (IMG) Bild: Horst Seehofers Innenministerium listet in einem Papier diverse Ideen zum Thema Asyl auf
       
       Berlin taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will Ausländer
       leichter und länger in Abschiebungshaft nehmen können. Dazu hat das
       Ministerium acht Vorschläge ausgearbeitet, die der der taz vorliegen.
       
       Unter anderem denkt das Ministerium darüber nach, dass künftig kein Richter
       mehr der Haft zustimmen muss. Unter dem Punkt „Fortentwicklung des
       Ausreisegewahrsam“ haben Seehofers Beamte „Verzichtbarkeit des
       Richtervorbehalts?“ notiert. Das sei die „Traumvorstellung eines
       autoritären Staates“, sagt dazu der Rechtsanwalt Peter Fahlbusch aus
       Hannover, der auf Abschiebehaft spezialisiert ist. Haft ohne Richter sei
       „glatt verfassungswidrig“.
       
       Dem Mangel an Haftplätzen für Abschiebungen will Seehofer dadurch begegnen,
       dass Abschiebungshäftlinge künftig in normalen Gefängnissen zusammen mit
       Strafhäftlingen eingesperrt werden können. Das verbietet die 2010
       eingeführte Rückführungsrichtlinie der EU. Der Europäische Gerichtshof hat
       dieses Verbot 2014 bestätigt. Einige deutsche Bundesländer mussten
       Abschiebhäftlinge daraufhin freilassen.
       
       Nur in Krisensituationen, in denen eine „außergewöhnlich große Zahl“ von
       Asylanträgen zu einer „unvorhersehbaren Überlastung“ führt, darf von dieser
       Regel vorübergehend abgewichen werden. „Eine solche Notlage haben wir aber
       nicht“, sagt Fahlbusch, „und die kann man sich nicht selber schaffen.“ Das
       Vorhaben sei deshalb rechtswidrig und „reine Show für die Öffentlichkeit“.
       
       Das gilt wohl auch für den Punkt, dass Ausländer, die nicht mithelfen,
       Papiere für ihre Abschiebung zu beschaffen, „Konsequenzen für staatliche
       Erlaubnisse und Leistungen“ zu spüren bekommen sollen. Genau das nämlich
       ist schon lange im Aufenthaltsgesetz vorgesehen. Das sieht vor, dass in
       solchen Fällen Leistungen gestrichen und ein Aufenthaltsrecht verweigert
       werden können. Künftig allerdings will Seehofer Ausländer auch in Haft
       nehmen, wenn sie nicht dabei helfen, einen Pass zu beschaffen.
       
       ## Das meiste gibt es, der Rest ist illegal
       
       Schließlich möchte das Innenministerium die „formalen Voraussetzungen“ für
       die Abschiebungshaft senken. Das soll den „Verwaltungsaufwand bei den
       Ausländerbehörden“ senken. Damit dürfte gemeint sein, dass die
       Ausländerbehörden die bis zu 30 Tage mögliche Haft anordnen können, ohne
       konkret begründen zu müssen, warum diese zur Durchsetzung der
       Ausreisepflicht unerlässlich ist.
       
       „Das Allermeiste, was auf der Liste steht, gibt es schon, der Rest ist
       grundgesetzwidrig“, sagt Fahlbusch.
       
       Auch die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat kritisiert die Pläne. „Das
       Innenministerium zerrt mal wieder mit aller Kraft an den europäischen und
       völkerrechtlichen Regeln“, sagt sie. Die Politik der Abschreckung
       widerspreche erneut eindeutig der Rechtsprechung des Europäischen
       Gerichtshofs. Menschen in Abschiebungshaft sind weder verurteilte
       Straftäter*innen noch werden sie einer Straftat verdächtigt, dennoch sollen
       sie bis zu 18 Monate eingesperrt werden. Der Verdacht, sich einer
       bevorstehenden Abschiebung entziehen zu können, rechtfertige keinen
       Freiheitsentzug. „Justizvollzugsanstalten sind für den Vollzug des
       Strafrechts vorgesehen und nicht zur Durchsetzung der Abschiebepolitik des
       Bundesinnenministers.“
       
       Der Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt spricht von „struktureller
       Entrechtung“. Abschiebungen scheiterten oft an den Zuständen in Afghanistan
       und anderen Krisenregionen oder den menschenunwürdigen Zuständen in
       EU-Ersteinreisestaaten, und nicht an fehlenden Abschiebeinstrumentarien, so
       Burkhardt. „Seehofer will ein rechtsstaatliches Schutzsystem aus den Angeln
       heben.“
       
       18 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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