# taz.de -- Bärbel Kofler über Saudi-Arabien: „Nicht jedes Geschäft machen“
       
       > Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, fordert
       > von Politik und Wirtschaft eine klare Haltung zu Saudi-Arabien.
       
 (IMG) Bild: Ein Patrouillenboot für Saudi-Arabien wird im Hafen Mukran auf ein Transportschiff verladen
       
       taz: Frau Kofler, wie beurteilen Sie die derzeitige Menschenrechtslage in
       Saudi-Arabien? 
       
       Bärbel Kofler: [1][Die Lage ist schlicht katastrophal]. Das Land hat
       weltweit eine der höchsten Raten an Todesstrafen. Es werden brutalste
       Bestrafungsmethoden angeordnet. Frauen haben so gut wie keine Rechte, ganz
       unabhängig davon, dass sie nun auch Autofahren dürfen. Das ist für mich
       kein Indikator dafür, dass sich die Menschenrechtslage verbessert hat.
       
       Zudem werden etliche Menschen als politische Gefangene in den Haftanstalten
       festgehalten. Unvergessen ist auch der Fall [2][des Bloggers Raif Badawi],
       der seit einigen Jahren im Gefängnis sitzt und mit Stockschlägen und einer
       immens hohen Geldstrafe bestraft wurde. Nur weil er in einem Blog seine
       Meinung geäußert hat.
       
       Das Bild, das Sie skizzieren, ist also alles andere als positiv. Trotzdem
       hat die Bundesregierung [3][Waffengeschäfte in Millionenhöhe mit
       Saudi-Arabien] vereinbart, das hat nicht zuletzt der aktuelle
       Rüstungsbericht gezeigt. 
       
       Ich bin generell gegen Waffenexporte in Länder, in denen drastische
       Menschenrechtsverletzungen vorkommen. Auch bei der Art der Geschäfte – also
       ob es sich um Waffenlieferungen handelt oder um Patrouillenboote – darf es
       keinen Unterschied geben. Es gibt nach wie vor hohe Exporte, die
       Genehmigungen wurden zum Teil vor Jahren erteilt.
       
       Geliefert wird aber heute oder in den kommenden Monaten. Brauchen wir
       angesichts der Lage nicht einen sofortigen Lieferstopp? 
       
       Die Geschäfte müssen abgebrochen werden – aus menschenrechtlicher Sicht
       gibt es dazu keine Alternative. Schwierig wird es natürlich, wenn es um
       Verträge und Abmachungen geht. Aber ich halte es für falsch, dass zum
       Beispiel die Patrouillenboote geliefert werden.
       
       Als Menschenrechtsbeauftragte gehören Sie der Bundesregierung an. Was muss
       nun passieren? 
       
       Auch in einer oft machtlos erscheinenden Lage müssen wir eine klare Haltung
       haben gegenüber den Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. Es müssen
       diplomatische Kanäle erhalten und neu geschaffen werden, um diese Themen
       anzusprechen. Dazu muss man die Verantwortlichen erreichen.
       
       Dazu gehört aber auch die Wirtschaft. Welche Erwartung haben Sie an
       Firmenchefs, die Geschäfte mit Saudi-Arabien machen? 
       
       Bei der Großinvestorenkonferenz in Riad kommende Woche muss es ein klares
       Signal geben für die Einhaltung der Menschenrechte. Alle Akteure, die
       Kontakte nach Saudi-Arabien haben, müssen diese auch nutzen. Ein Beispiel
       ist Christine Lagarde, die Chefin des Weltwährungsfonds, die der Konferenz
       eine Absage erteilt hat.
       
       Joe Kaeser, Siemens-Chef, [4][will aber kommen]. Wie kann man das Dilemma
       zwischen Profiten und der Akzeptanz einer verheerenden Lage für die
       Bevölkerung auflösen? 
       
       Nur anderes Handeln löst dieses Dilemma auf. Die Politik hat sich klar dazu
       geäußert, was wir unter Wirtschaft und Menschenrechten verstehen. Es ist
       eindeutig, dass nicht mit jedem jedes Geschäft gemacht werden sollte. Bei
       Rüstungsexporten könnte man solche Leitlinien auch in ein Gesetz fassen.
       
       Wie könnte diese Vorgabe aussehen? 
       
       Den Vorschlag gab es ja bereits in der vergangenen Legislaturperiode. Es
       müssen klare Regeln drin stehen, zum Beispiel, wenn es darum geht, aus
       einem Geschäft wieder auszusteigen, weil sich die Lage geändert hat. Wenn
       Menschenrechte verletzt werden, dann muss man Vereinbarungen auflösen
       können.
       
       Glauben Sie an eine Verbesserung der Lage der Menschenrechte in
       Saudi-Arabien? 
       
       Man hört von der einen oder anderen Erleichterung – etwa dass Frauen sich
       an Kommunalwahlen beteiligen können. Aber es gibt nach wie vor harte
       Menschenrechtsverletzungen.
       
       18 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/saudi-arabien
 (DIR) [2] /Raif-Badawi/!t5009193
 (DIR) [3] /Ruestungsexporte-und-Jemen-Krieg/!5536746
 (DIR) [4] /Nach-Khashoggi-Verschwinden/!5542687
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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