# taz.de -- Das Leid der Zwangsarbeiter: „Menschen wie Fleischwaren gehandelt“
       
       > Briefe sowjetischer Kriegsgefangenen in Nazi-Deutschland sind
       > erschütternde Zeugnisse. In einer Lesung werden sie in Bremen vorgestellt
       
 (IMG) Bild: Sowjetische Kriegsgefangene im Lager, August 1942
       
       taz: Herr Heckmann, was hat es mit den sogenannten Freitagsbriefen auf
       sich? 
       
       Martin Heckmann: Die Briefe erzählen die Geschichten von ehemaligen
       sowjetischen Kriegsgefangenen, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten
       mussten, von ihren Arbeitsbedingungen und Lebensumständen.
       
       Wie sind diese Briefe entstanden? 
       
       Der [1][russische Verein Kontakte-Kontakty e.V.] hat seit 2006 in den
       Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach Überlebenden dieser Zeit gesucht.
       Das war [2][nicht einfach,] bedenkt man, dass die Zeit der Zwangsarbeit
       über 60 Jahre zurück lag und viele Überlebende bereits gestorben waren. Die
       Zeitzeugen haben dann ihre Geschichten aufgeschrieben und immer zum Freitag
       veröffentlicht.
       
       Wie sehen die Geschichten aus? 
       
       Die Berichte sind ziemlich grausam. Es gab furchtbare Bestimmungen, wie mit
       den Gefangenen umzugehen war – etwa eine systematische Unterernährung und
       drakonische Bestrafungen sind dort festgeschrieben. Vor allem aber der
       rassistische Aspekt sollte beachtet werden: Die Kriegsgefangenen slawischer
       Herkunft wurden aufgrund ihrer „Minderwertigen Abstammung“ von anderen
       Gefangenen getrennt und wesentlich schlechter behandelt als etwa englische,
       französische oder amerikanische Gefangene. Der Zwangseinsatz sowjetischer
       Gefangener in der Industrie und der Umgang mit ihnen erinnert mich,
       makaberer Weise, immer wieder an die heutige Massentierhaltung. Die
       Menschen wurden wie Fleischwaren gehandelt, als Menschenmaterial gerade so
       am Leben gelassen, um zu arbeiten.
       
       Mit welchen Emotionen arbeitet die Lesung? 
       
       Am Ende der Lesung bleibt vor allem eine Fassungslosigkeit im Publikum.
       Nach dem Ende vergehen in der Regel Minuten der Stille. Das ist auch gut
       so, denn es braucht einen Raum, um das Gehörte zu verarbeiten. Während der
       Lesung machen wir keine Pause. Ich finde den Gedanken, sich zwischen diesen
       Briefen mal eben eine Cola zu holen und sich zurück in den weichen Stuhl
       fallen zu lassen, unpassend – die Menschen konnten ja damals auch nicht
       weg. Das Thema soll, so muss man es sagen, dem Publikum schmerzhaft nahe
       kommen. Und das tut es auch.
       
       Szenische Lesung mit Briefen sowjetischer Kriegsgefangener: Am Mittwoch
       (17.10.) um 19 Uhr im Bürgerhaus Vegesack in Bremen.
       
       16 Oct 2018
       
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