# taz.de -- Lehrer-Meldeplattform der AfD: Datenschutz? Fehlanzeige
       
       > Bei ihrer Meldeplattform zur Denunziation AfD-kritischer Lehrer nutzt die
       > Hamburger AfD eine datenschutzrechtliche Sonderstellung der
       > Bürgerschaftsfraktionen.
       
 (IMG) Bild: Politikunterricht, wie ihn die AfD hasst
       
       Hamburg taz | Das umstrittene Meldeportal der Hamburger AfD, das gerade
       bundesweit Nachahmer findet, war kaum eine Woche im Netz, da sprach diese
       schon von über 1.000 Hinweisen, die sie habe. „Wir wissen gar nicht, ob das
       stimmt. Die AfD betreibt dort eine Blackbox“, sagt der stellvertretende
       Landesvorsitzende der GEW, Fredrik Dehnerdt. Denn bisher ging bei der
       Schulbehörde keine einzige Meldung der AfD über einen Lehrer ein, der sich
       angeblich nicht an die Neutralitätspflicht hielt. Dennoch sei die
       Verunsicherung unter Kollegen groß.
       
       „Wir sagen deshalb, liebe Leute, arbeitet euch nicht so sehr an dem Portal
       ab. Stärkt lieber die politische Bildung“, so der
       Erziehungswissenschaftler. „Es ist wichtig, die Ruhe zu bewahren, und nicht
       in Hysterie zu verfallen.“ Er schlägt vor, dass Lehrer im Unterricht die
       Frage, was Neutralität bedeutet und auch das umstrittene „Petz-Portal“
       thematisieren. Auch nach Einschätzung von Juristen anderer Gewerkschaften
       wie dem Philologenverband ist die Gefahr, dass nun eine Disziplinar-Welle
       auf Lehrer zurollt, gering.
       
       Doch die Verunsicherung entstehe eben auch durch das Nichtwissen darüber,
       was die AfD an Informationen speichert, sagt Dehnerdt. Zwar kursieren
       lustige Geschichten über Fake-Meldungen, doch AfD-Schulpolitiker Alexander
       Wolf teilte jüngst mit, ernste und scherzhafte Beiträge hielten sich „die
       Waage“.
       
       Die FDP-Politikerin Anna von Treuenfels-Frowein nennt den Umgang der AfD
       mit dem Datenschutz „verantwortungslos“. Da die Betroffenen keine
       Informationen bekämen, seien sie nicht in der Lage, ihre Rechte zu wahren.
       
       Den Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar erreichten denn auch
       bereits zahlreiche Eingaben zu diesem Problem. Doch er kann nach eigenem
       Bekunden nichts tun. Denn die Bürgerschaft gibt sich ihre
       Datenschutzverordnung selbst. Und es kommt noch ärger: So hat zwar die
       Bürgerschaft ein „Datenschutzgremium“ zur Kontrolle ihrer Verwaltung, doch
       die Fraktionen verantworten ihre Aktivitäten selbst. Die Sache gilt als
       juristischer Eiertanz.
       
       „Der vorliegende Fall zeigt, dass die datenschutzrechtliche Sonderstellung
       den Schutz der Betroffenen durchaus erschwert“, sagt Caspar. Der Zweck
       dessen sei, die Parlamente vor einer externen behördlichen Kontrolle
       freizustellen. Dies funktioniere aber nur, wenn eine „maßvolle und
       eigenverantwortliche“ Wahrnehmung dieser Befugnisse geschehe.
       
       Dennoch könnten die Fraktionen nicht tun, was ihnen beliebt. So haben
       Betroffenen – also hier die Lehrer – laut Caspar einen
       „datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch“ gegenüber den Fraktionen sowie
       einen Anspruch auf Löschung ihrer Daten. „Bürgerinnen und Bürger haben
       einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber der Fraktion“,
       bestätigt ein Sprecher der Bürgerschaftskanzlei.
       
       ## Ein Präzedenzfall fehlt noch
       
       Die GEW wäre bereit, eines ihrer Mitglieder zu unterstützen, das diesen
       Anspruch in einem Präzedenzfall durchsetzen wollen würde. „Wenn ein Lehrer
       wissen möchte, ob in dem Portal etwas über ihn gespeichert ist, dann wäre
       die AfD verpflichtet, ihm das zu sagen“, sagt Dehnerdt. Und die Person
       könnte ein Verfahren einleiten, um die Löschung zu erreichen.
       
       Die AfD-Fraktion konnte gestern auf die Frage, ob sie einem Lehrer, der
       danach fragt, Auskunft geben würde, ob über ihn eine Meldung eingegangen
       ist, „urlaubsbedingt“ keine Antwort geben. Der Abgeordnete Wolf ließ nur
       per Pressemitteilung wissen, seine Fraktion werde sich „die nötige Zeit
       nehmen“, alle Nachrichten „genauestens auszuwerten“. Näher wollte sich ein
       Sprecher nicht äußern.
       
       Indes mahnt die FDP, Politiker seien besonders verpflichtet, das
       Datenschutzrecht einzuhalten. Und die Linke will die rechtliche Lage
       evaluieren. „Das Portal ist völlig indiskutabel“, sagt Justizsprecher
       Martin Dolzer. „Wir werden prüfen, welche Möglichen es über eine
       Individualklage hinaus gibt, dagegen vorzugehen.“ Dazu zähle auch eine
       Befassung der Bürgerschaft mit dem Thema.
       
       12 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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