# taz.de -- Abschiebung von Sami A.: „Diskret“ außer Landes geschafft
       
       > Der NRW-Landtag streitet, ob das Verwaltungsgericht vor der Abschiebung
       > von Sami A. getäuscht wurde. Der Intergrationsminister rechtfertigt sich.
       
 (IMG) Bild: Integrationsminister Joachim Stamp (FDP, links) und andere warten im Saal des NRW-Landtags
       
       Düsseldorf taz | Die Abschiebung von Sami A. [1][am vergangenen Freitag]
       treibt PolitikerInnen des NRW-Landtags in Düsseldorf um. Mitten in der
       Sommerpause ist die Stimmung unruhig im kleinen Saal E3 D01 an diesem
       Freitag. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) bewegt während seiner
       Beiträge die Füße, als wolle er weglaufen.
       
       Man lässt einander nicht ausreden: Zwischenrufe vom CDU/FDP-Tisch
       unterbrechen Beiträge von SPD und Grünen, die es sich wiederum nicht nehmen
       lassen, die Rufe zu erwidern. Als NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU)
       sagt, er wisse, dass das Ausschussmitglied Sven Wolf (SPD) intelligent sei,
       muss er innehalten: Das Lachen vom CDU/FDP-Tisch ist zu laut.
       
       Auf Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen sind der Rechts- sowie der
       Integrationsausschuss zu dieser Sondersitzung zusammengekommen, um den
       einzigen Punkt auf der Tagesordnung zu klären: „Wahrung der Unabhängigkeit
       der Justiz – Wurde das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und die
       Öffentlichkeit im Fall Sami A. bewusst getäuscht?“ Die passive Formulierung
       lässt offen, wer da getäuscht haben soll. Erst die Beiträge von SPD und
       Grünen machen klar: Als Verantwortlichen sehen sie Integrationsminister
       Stamp.
       
       Angelpunkt der Debatte sind Informationslücken im Abschiebeverfahren von
       Sami A. Donnerstag vergangener Woche verbot das Verwaltungsgericht
       Gelsenkirchen die Abschiebung: Nur wurde dieses Verbot erst am Freitag an
       das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und die zuständige
       Ausländerbehörde Bochum zugestellt. Da war Sami A. schon in der Luft. Bei
       der Zustellung hatte das Gericht keinen Grund zur Eile gehabt, denn trotz
       mehrerer Nachfragen beim Bamf hatte es nichts von der bevorstehenden
       Abschiebung erfahren. Denn das Bamf wusste selbst nichts davon.
       
       ## „Unvollständige Frage“
       
       Am Mittwoch, als das Gericht in den Akten den Hinweis auf einen
       Abschiebungstermin am 12. Juli gefunden hatte, hatte es beim Bamf
       nachgefragt – welches sich wiederum an Stamps Integrationsministerium
       wandte. Das Ministerium ist für die Abschiebung verantwortlich. Das Bamf
       habe eine unvollständige Frage gestellt, sagt Stamp. „Das Bamf hat nicht
       gefragt, ‚Steht eine kurzfristige Rückführung an?‘“, so der Minister, „es
       ging um den Termin am 12. Juli.“ Da habe sein Ministerium wahrheitsgemäß
       geantwortet: Der Abschiebetermin für den 12. Juli ist abgesagt. Von der
       bevorstehenden Abschiebung am 13. Juli aber sagte das Ministerium nichts.
       
       „Wir haben versucht, Sami A. so diskret wie möglich außer Landes zu
       schaffen“, sagt Stamp. Zu einer Informierung des Bamfs sei man nicht
       verpflichtet gewesen. „Wir sprechen nur mit den Rechtsstellen, die zwingend
       von uns informiert werden müssen.“ Sonst komme es oft zu Indiskretionen,
       gefolgt von Maßnahmen, die Abschiebevorhaben „torpedieren“.
       
       Die Verwendung des Wortes „diskret“ sei irreführend, bemängelt
       SPD-Rechtspolitiker Wolf. „Sie wollten das heimlich machen.“ Das
       Ministerium hätte das Gericht zu jeder Zeit auf dem aktuellen Stand halten
       müssen. „Wen aus ihrem Haus haben Sie für die heimliche Abschiebung
       eingespannt? Sie haben gesagt: ‚Ich habe entschieden.‘ Dann tragen Sie, Sie
       selber, auch die Verantwortung.“
       
       Das Verbot einer Abschiebung hatte das Gericht vor allem auf den Umstand
       gestützt, dass Sami A. in Tunesien gefoltert werden könnte. Zum Vorwurf,
       das Gericht hintergangen zu haben, sagt Stamp, er habe überhaupt nicht
       gewusst, dass da noch ein Verfahren anhängig sei.
       
       Obwohl das Abschiebeverbot während der laufenden Abschiebung zugestellt
       wurde: Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung sei unklar, ob die
       Abschiebung nun rechtswidrig oder rechtskonform erfolgt ist, sagt
       Justizminister Biesenbach. Stamp hingegen stellt fest: „Ich bin froh, dass
       es uns gelungen ist, ihn rechtskonform abzuschieben.“ Sollte ein Gericht
       die Abschiebung aber für rechtswidrig erklären, so werde man das
       akzeptieren. „Wir werden versuchen, die Rückführung durchzuführen.“
       Außerdem wolle er künftig das Zusammenspiel der Behörden anders
       organisieren. Wie genau, das sagt er nicht.
       
       20 Jul 2018
       
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