# taz.de -- G20-Prozess um Laserpointer: „Ein Komplott der Polizei“
       
       > Staatsanwaltschaft fordert im G20-Laserpointer-Prozess Bewährungsstrafe,
       > die Verteidiger plädieren dagegen auf Freispruch – und werfen der Polizei
       > Lügen vor.
       
 (IMG) Bild: Hubschrauber kreisten reichlich, ob ihre Besatzungen geblendet wurden, bleibt zweifelhaft
       
       Hamburg taz | Es ist die Stunde von Bernd Wagner. Der Verteidiger von Nico
       B., dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, während der G20-Tage die Besatzung
       eines Polizeihubschraubers mit einem Laserpointer beschossen, und damit die
       Gefährdung des Luftverkehrs und die Verletzung der Piloten billigend in
       Kauf genommen zu haben, zieht alle Register. Er hält sein mehrstündiges
       Plädoyer nicht, er lebt es. Mit ausladenden Bewegungen, einer schneidenden
       Rhetorik und atemlosen Spannungsbögen.
       
       Ein Jahr auf Bewährung hatte Staatsanwalt Mittenzwei für den 27-jährigen
       Angeklagten gefordert, Die Beweisaufnahme habe erwiesen, dass Nico B. am
       späten Abend des 6. Juli aus einer Dachgaube der Wohnung seiner Verlobten
       mehrfach mit einem Laserpointer auf die Besatzung des Hubschraubers
       „Libelle 2“ gezielt habe. Die Beweisaufnahme habe zwar ergeben, dass es „zu
       keiner Gefährdung des Hubschraubers“ gekommen sei, auch sei eine
       „gefährliche Körperverletzung“ der Besatzung nicht festzustellen – beides
       aber habe Nico B. „billigend in Kauf genommen“.
       
       Die Täterschaft des Angeklagten sei „durch Indizien“ belegt. So habe er vor
       der Polizei ausgesagt, er habe mit dem Gerät ungezielt in den Himmel
       geleuchtet und seine Verlobte – die ebenfalls als Täter in Frage kam –
       hatte in einem von ihr nicht autorisierten Interview mit der Hamburger
       Morgenpost behauptet, ihr Freund habe auf den Hubschrauber gezielt,
       allerdings ohne jemanden verletzen zu wollen. Beide hatten vor Gericht ihre
       Aussage nicht wiederholt, Nico B. nur Angaben zur Person gemacht.
       
       ## Ein von der G20-Hysterie geprägtes Gerichtsverfahren
       
       Strafverteidiger Bernd Wagner hingegen plädierte nicht nur auf Freispruch
       für seinen Mandanten, er warf den vernommenen Polizeipiloten ein gezieltes
       „Komplott“ vor, sie hätten sich abgesprochen und augenscheinlich gelogen,
       um Nico B. zu belasten. Das ganze Verfahren sei „bizarr“ und von der
       „G20-Hysterie“ geprägt gewesen. Die Vernehmung der Beamten, bei der sie
       zuerst selbst keinerlei Gefährdung des Luftverkehrs durch den Laserstrahl
       einräumten, sei rechtswidrig gewesen, weil die Beamten nicht getrennt
       vernommen wurden, erst später habe einer der beiden Piloten seine Aussage
       schriftlich nachgewürzt. Dass die von Pilot und Co-Pilot behauptete
       Verletzung nur ihres jeweils rechten Auges, laut Sachverständigengutachten
       so gar nicht möglich sei, der behauptete gefährliche Höhenverlust des
       Hubschraubers laut Höhenmesser niemals stattfand, seien deutliche Belege
       für eine Lügengeschichte der beiden Beamten.
       
       Dass die nächtliche Hausdurchsuchung bei der Verlobten von Nico B. mit
       eintägiger Verspätung stattfand, obwohl während der Tat „20
       Polizeifahrzeuge“ fast vor der Haustür standen, und angeblich „Gefahr in
       Verzug“ gewesen sei, dass sie dann mit vorgehaltenen Waffen, eingetretener
       Haustür, aber ohne richterlichen Beschluss stattfand, weil der
       diensthabende Richter sein Handy bewusst abgeschaltet hatte, all das belegt
       für Wagner „dass hier die Strafprozessordnung mit Füßen getreten worden“
       sei.
       
       Zudem könne sein Mandant nur dann verurteilt werden, wenn ihm nachzuweisen
       sei, dass er es bewusst einkalkuliert habe, mit seinem Laserpointer den
       Hubschrauber zum Absturz zu bringen, die Piloten im Auge zu treffen, obwohl
       er von unten „nur auf die Bodenwanne und die Kufen“ des Fluggeräts hätte
       zielen können. Letzteres sei nicht strafbar.
       
       ## Ein nicht autorisiertes Interview als Indiz für die Täterschaft
       
       Auch führe die Staatsanwaltschaft das Mopo-Interview mit der Verlobten von
       Nico B. als ein entscheidendes Indiz für die Täterschaft des Angeklagten
       an, würdigte aber ihre Aussage, er habe niemanden verletzen wollen, als
       reine „Schutzbehauptung“. „Sie können nicht nur die Hälfte der Aussage, die
       Ihnen passt, in Ihre Bewertung einfließen lassen“, schrieb Wagner dem
       Staatsanwalt ins Stammbuch.
       
       Das Urteil wird für kommenden Mittwoch erwartet.
       
       15 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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