# taz.de -- Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Wohl kein Streikrecht für Lehrer
       
       > Die Klage der Gewerkschaft wird in Karlsruhe voraussichtlich scheitern.
       > Wollen Lehrer das Streikrecht, müssen sie nach Straßburg gehen.
       
 (IMG) Bild: Lehrer wollen streiken – am Mittwoch verhandelte darüber das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
       
       Karlsruhe taz | Das Bundesverfassungsgericht wird beamteten Lehrern kein
       Streikrecht zubilligen. Das zeichnet sich nach der mündlichen Verhandlung
       des Bundesverfassungsgerichts an diesem Mittwoch ab. Die Vorgaben des
       Europarechts seien bisher nicht eindeutig genug.
       
       In Deutschland unterrichten rund 800.000 Lehrer, drei Viertel von ihnen
       sind Beamte. Sie haben bisher kein Streikrecht. Dies ergibt sich aus den
       „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“, die im Grundgesetz
       verankert sind. Dagegen klagten vier Lehrer, die an Warnstreiks der
       Gewerkschaft GEW teilgenommen hatten und deshalb Geldbußen von bis zu 1.500
       Euro zahlen mussten. Das Grundgesetz müsse völkerrechtsfreundlich ausgelegt
       werden.
       
       Die Lehrer berufen sich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
       (EGMR). Ein allgemeines Streikverbot für alle Angehörigen des öffentlichen
       Dienstes sei unverhältnismäßig, hieß es 2009 in einem Straßburger Urteil
       zur Türkei. Das Streikrecht könne nur ausgeschlossen werden, wenn
       Beschäftigte staatliche Hoheitsgewalt ausüben, also insbesondere bei
       Polizei und Militär. In Deutschland wurde das Urteil weithin so verstanden,
       dass jedenfalls beamtete Lehrer künftig das Streikrecht bekommen müssen.
       
       Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, warnte in
       der Karlsruher Verhandlung vor schnellen Schlussfolgerungen aus dem
       Straßburger Urteil. Ein Streikverbot könne auch noch in anderen Fällen
       gerechtfertigt sein, so Voßkuhle, etwa wenn der Staat die Aufgabe von
       Lehrern so bedeutsam findet, dass er ihnen den Beamtenstatus mit einem
       besonderen Nähe- und Treue-Verhältnis gibt. Auch andere Richter hielten es
       für möglich, dass der EGMR in einem Fall aus Deutschland die traditionellen
       Beschränkungen des deutschen Beamtenrechts akzeptiert und kein Streikrecht
       verlangt.
       
       ## Thomas de Maizère verteidigt Streikverbot
       
       Innenminister Thomas de Maizère (CDU) freute sich über diese Wendung. Er
       hatte am Morgen das Streikverbot verteidigt. Es gehöre zu einem
       Gesamtpaket, aus dem man sich nicht nur die Rosinen herauspicken könne.
       Beamte seien unkündbar und bekämen eine bessere Altersversorgung als andere
       Beschäftigte.
       
       Die Gewerkschafts-Anwälte halten dagegen die Vorgaben des EGMR für
       eindeutig. Auch das Grundgesetz unterscheide zwischen Beamten, die
       hoheitlich tätig sind und anderen Beamten. „Das Streikrecht ist ein
       Menschenrecht, das den Lehrern nicht durch andere Vorteile abgekauft werden
       kann“, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.
       
       Den Beamtenstatus für Lehrer wollen die Gewerkschaftsjuristen aber nicht in
       Frage stellen. Lehrer sollen mit Arbeitskämpfen und Tarifverträgen aber
       zusätzliche Vorteile, die über die gesetzlichen Ansprüche hinausgehen,
       erkämpfen können. Dies sei auch notwendig, weil der Staat seiner
       „Fürsorgepflicht“ nicht ausreichend nachkomme.
       
       Das Bundesverfassungsgericht wird sein Urteil in einigen Monaten verkünden.
       Werden die GEW-Klagen wie erwartet abgelehnt, wollen die Lehrer dann selbst
       den EGMR in Straßburg anrufen.
       
       17 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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