# taz.de -- Neues Museum in Hamburg: Die „Harmonie“ ist eine Elbfähre
       
       > In den Hamburger Elbvororten hat ein neues Museum eröffnet. Die
       > Eröffnungsausstellung würdigt den Maler Eduard Bargheer
       
 (IMG) Bild: Große Kunst: Stiftungsvorstand Dirk Justus hängt Bilder auf
       
       HAMBURG | taz Kein Feuerwerk, keine Neugier weckenden Werbekampagnen, keine
       endlosen Warteschlangen – und doch: Hamburg hat ein neues Museum. Nach
       jahrelangem Hin und Her hat nun das kleine, aber feine Bargheer-Museum im
       ehemaligen Gartenbauamt und einem Betriebsgebäude der Parkgärtner im
       Jenischpark eröffnet.
       
       Es ist vor allem dem Werk des bisher zu unbekannten Hamburger Künstlers
       Eduard Bargheer gewidmet. Seit Ende September wird in der
       Eröffnungsausstellung auf 500 Quadratmetern über zwei Stockwerke ein
       Überblick über alle Werkphasen des Malers gezeigt. Die Schau ist eine
       Auswahl aus mehreren Tausend Gemälden, Aquarellen, Handzeichnungen,
       Druckgrafiken und Dokumenten aus dem Nachlass, über den das Museum verfügt.
       Ein ständiger Ausstellungsort war von den Erben des Künstlers schon seit
       seinem Tod 1979 geplant. Aber es braucht neben guten Plänen, wohlwollenden
       Unterstützern und hilfreichen Stiftungen auch nicht nachlassende Energie
       und viel Geduld, um ein neues Personalmuseum ins Leben zu rufen.
       
       Wer war dieser Künstler, den manche den wichtigsten Hamburger Maler des 20.
       Jahrhunderts und den bedeutendsten Aquarellisten nach Klee nennen? Geboren
       wurde er 1901 in Finkenwerder, wo er auch begraben wurde, so, als ob er gar
       nicht gereist wäre und nicht seit 1936 sein Leben hauptsächlich in Italien
       verbracht hätte, wo er sogar zum Katholizismus konvertierte und
       italienischer Staatsbürger wurde. Nicht nur das südliche Licht reizte den
       gemäßigt expressionistischen Maler, vor allem stand die Kunstpolitik im
       faschistischen Italien der Moderne bei Weitem nicht so verschlossen
       gegenüber, wie es die vernichtende Praxis unter den Nationalsozialisten
       war.
       
       So konnte er nach ersten Erfolgen im Hamburg der Zwanziger- und frühen
       Dreißigerjahre die Kriegszeit mit einigen Jobs und Tricks in Florenz und
       auf Ischia verbringen. Auf der damals noch ganz untouristischen Insel baute
       er sich ein Atelierhaus und kehrte erst 1953 nach Hamburg zurück. Seine
       internationale Anerkennung in der Nachkriegszeit zeigt die Teilnahme an der
       Biennale di Venezia 1948 und 1950 und an den ersten beiden
       Documenta-Ausstellungen 1955 und 1959 in Kassel. 1965 wurde Bargheer in die
       DDR eingeladen. Helmut Schmidt ließ seine Arbeiten 1977 im Kanzleramt
       aufhängen und schrieb später, die Art, mit bezaubernder Leichtigkeit
       Landschaften zu vermitteln, habe ihn immer fasziniert.
       
       Bargheer hat immer auch im angewandten Bereich gearbeitet: Bis zu seiner
       Entlassung 1933 gab Oberbaudirektor Fritz Schumacher ihm mehrere
       Wandmalereiaufträge, später hat er Mosaiken für das Klinikum Eilbek und das
       Niedersachsenstadion in Hannover ausgeführt. Die Inneneinrichtung des
       Unilever-Hochhauses wurde maßgeblich durch ihn gestaltet, mit einer 18 mal
       drei Meter großen Intarsienwand im zentralen Konferenzsaal; in der
       Hamburger U-Bahn-Station Lohmühlenstraße befindet sich das Mosaik „Die
       Lohmühle“ (1960), eine abstrakt-figurative, hügelige Stadtlandschaft mit
       einem kleinen Hafen.
       
       Eduard Bargheer, das Finkenwerder Lehrerkind mit sechs Geschwistern,
       verliert mit 13 den Vater und mit 18 die Mutter. Zur Existenzsicherung
       macht er 1924 ein Examen als Zeichenlehrer, arbeitet aber weiterhin
       autodidaktisch an seiner Kunstkarriere. Schon ab 1927 unterrichtet er an
       einer privaten Hamburger Kunstschule, später an der Hochschule für bildende
       Künste in Hamburg, der Accademia Tiberina in Rom und der Hochschule der
       Künste in Berlin. 1976 gründet er eine Stiftung zur Förderung junger
       Künstler.
       
       So wie sich in seinem Werk verschiedene Einflüsse treffen, finden sich auch
       in Bargheers Biografie ein Menge illustrer Freunde: Da ist die
       Mitbegründerin der Hamburger Sezession Gretchen Wohlwill und der Fotograf
       Herbert List, die Maler Hans Purrmann und Werner Gilles, die Schriftsteller
       Carlo Levi und Klaus Mann, die Schauspieler Gustaf Gründgens und Will
       Quadflieg oder der Kunsthallendirektor Gustav Pauli und der Hamburger
       Professor für Kunstgeschichte Erwin Panofsky.
       
       Die aktuelle Ausstellung im neuen Museum trägt den Titel „Die Ankunft der
       Harmonie“. Den gleichen Namen trägt auch ein 1932 im Sezessionsstil
       dynamisch stilisiertes Bild, das klar macht, was die „Harmonie“ eigentlich
       ist: eine Raddampfer-Fähre zwischen Finkenwerder und den Landungsbrücken.
       Es bleibt trotzdem ein schöner Bild- und Ausstellungstitel, auch wenn die
       von Bargheer gewählte Bugmastbeflaggung eher Italien und Frankreich als
       Zielorte vorgibt. Diese Ziele erreichte Bargheer auch in seinem Leben: Nach
       einem Stipendium in Paris erobern leichte, Matisse-hafte Elemente die
       Bilder. Doch die Zeiten verdüstern sich und ebenso der Klang der Bilder.
       1939 markieren „Die Elbe im Eis“ und das „Stillleben mit toter Meise“
       heraufziehendes Unheil und den Abschied von Hamburg. Beim Gang durch die
       chronologisch bespielten Räume der Ausstellung entsteht der Eindruck, dass
       Bargheers Weg vom an Munch und der „Brücke“ orientierten Sezessionsstil bis
       zur weitgehenden Abstraktion der Nachkriegszeit immer eine Suche nach mehr
       Farblicht und ein kontinuierliches, fast logisches Fortschreiten war.
       
       Die lichtgetränkten Bilder und die prismatisch, oft mit durchscheinendem,
       weißem Grund aufgebauten Aquarelle in aller Farbvernetzung behalten bis
       zuletzt Anklänge an wiedererkennbare Motive und Symbole. Die Bildtitel
       verstärken diese Wiedererkennung. Die dogmatischen Verfechter der reinen
       Abstraktion kritisierten das als inkonsequent. Und als sich der
       Kunstbegriff dann an Konzepten, Aktionen oder Pop orientierte, gab es ab
       Mitte der sechziger Jahre nur noch wenig breiten Zugang zu diesen
       leuchtenden, aber stark reduzierten Landschaften, Häuseransammlungen und
       Menschengruppen, wie Bargheer sie damals besonders von seinen Afrikareisen
       mitbrachte – Helmut Schmidt und einige private Sammler ausgenommen. Nun
       aber kann, in einer den Varianten des Figürlichen wieder offeneren Zeit,
       diese spezielle Kunst erneut gewürdigt werden. Ihre Atmosphäre kann man
       jetzt in der Kulturlandschaft des Jenischparks mit seinen drei Museen auch
       genießen.
       
       „Eduard Bargheer. Die Ankunft der Harmonie“: bis 3. April 2018,
       Bargheer-Museum, Hochrad 75 (Jenischpark), 22605 Hamburg, Di–So, 11–18 Uhr 
       
       [1][www.bargheer-museum.de] 
       
       Die Monografie „Eduard Bargheer“ des ehemaligen Senatsdirektors der
       Hamburger Kulturbehörde, Volker Plagemann, ist in der Reihe „Hamburger
       Köpfe“ im Ellert & Richter Verlag (2008) erschienen. Das Museum verkauft
       eine Sonderauflage von 2017
       
       21 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bargheer-museum.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hajo Schiff
       
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