# taz.de -- Luftverschmutzung in Kiel: Keine saubere Sache
       
       > Die Deutsche Umwelthilfe macht Ernst und klagt gegen norddeutsche Städte
       > wegen Schadstoffbelastung in der Luft. Kiel und Norderstedt sind zuerst
       > dran
       
 (IMG) Bild: Lösung in ferner Zukunft? Schleswig-Holsteins Ex-Ministerpräsident Torsten Albig ist schon weg, aber das E-Auto immer noch nicht da
       
       Hamburg taz | Die Luft im Norden soll sauberer werden. Deshalb will die
       deutsche Umwelthilfe (DUH) am heutigen Freitag rechtliche Schritte gegen 45
       deutsche Städte einleiten, in denen die Atemluft zu stark mit Schadstoffen
       belastet ist. Darunter sind in Norddeutschland die schleswig-holsteinische
       Landeshauptstadt Kiel sowie Norderstedt. Ähnliches Ungemach droht auch
       Hannover, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück, sollten diese Städte
       innerhalb der von der DUH gesetzten Fristen sich nicht zu wirksamen
       Maßnahmen durchringen. In Hamburg klagt der Umweltverband BUND bereits seit
       Jahren gegen die Stadt.
       
       In Kiel und Norderstedt ist die Lage weiterhin prekär. In beiden Fällen
       konnte das zuständige Umweltministerium in Kiel bis zum Ablauf der Frist in
       der vergangenen Nacht keine Besserungen verkünden. Zwar sei das Ministerium
       des grünen Ministers Robert Habeck seit geraumer Zeit im Gespräch mit den
       betroffenen Behörden und erarbeite einen neuen Luftreinhalteplan, der
       sicherstellt, dass die Grenzwerte eingehalten werden können. „Dafür prüfen
       wir verschiedene Instrumente“, versichert Habecks Sprecherin Nicola Kabel.
       
       Jedoch sei vor allem am Kieler Theodor-Heuss-Ring, nach Angaben der DUH die
       viertgiftigste Straße Deutschlands, die Situation vertrackt: eine viel
       befahrene Bundesstraße, schlechte Ausweichmöglichkeiten, steigende
       Verkehrsbelastungen. „Die Aufgabe ist also extrem anspruchsvoll“, sagt
       Kabel. Mit einer Lösung sei erst zum Anfang nächsten Jahres zu rechnen.
       
       In Norderstedt wird die Hoffnung gehegt, das sich das Problem verflüchtigt.
       Wenn in einigen Jahren der sechs- bis achtspurige Ausbau der Autobahn A 7
       nördlich des Hamburger Elbtunnels abgeschlossen sei, werde der
       Ausweichverkehr aus Norderstedt verschwinden – und die Situation sich von
       alleine lösen.
       
       ## Nur Stuttgart, München und Reutlingen schlimmer als Kiel
       
       Die DUH, die bereits gegen 16 Städte in Süd- und Westdeutschland Klagen
       eingereicht hat, will in den nächsten Tagen alle erhaltenen Antworten
       auswerten und daraufhin prüfen, ob die eingeleiteten oder beschlossenen
       Maßnahmen ausreichen, die Einhaltung der Luftqualitätswerte
       sicherzustellen. „Auf der Grundlage unserer Analyse entscheiden wir dann,
       welche nächsten Schritte folgen“, kündigte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
       Resch an.
       
       Zwar freue die Umwelthilfe sich auch über außergerichtliche Einigungen.
       Allerdings „schreckt die DUH auch nicht davor zurück, gegen ignorante
       Kommunal- oder Landespolitiker die erforderlichen Maßnahmen gerichtlich
       durchzusetzen“, droht Resch unmissverständlich. Ziel seines Verbandes sei,
       „dass die Bürger in Deutschland 2018 saubere Luft in ihren Städten einatmen
       und hierzu die Hauptverursacher, schmutzige Diesel-PKWs, ausgesperrt
       werden“.
       
       Nach Messungen des Umweltbundesamtes (siehe Kasten) wurden lediglich in
       Stuttgart, München und Reutlingen höhere Stickoxid-Jahresmittelwerte
       gemessen als in Kiel. Der Grenzwert von 40 μg (Mikrogramm) des Atemgifts
       pro Kubikmeter Luft wurde 2016 am vier- bis achtspurigen Theodor Heuss-Ring
       mit im Schnitt 65 μg deutlich überschritten. Von einem Fahrverbot wären
       allein 44.000 in Kiel zugelassene Dieselfahrzeuge betroffen.
       
       Eine gewichtige Rolle spielt aber auch der Dieselruß von
       Kreuzfahrtschiffen. Auf die Luftverschmutzung durch Schiffe weist seit
       Jahren der Naturschutzbund (Nabu) Hamburg hin. In allen großen
       norddeutschen Häfen sei die Belastung durch Schiffsdiesel deutlich höher
       als durch den Autoverkehr. In hafennahen Quartieren Hamburgs seien die
       Schiffe sogar für 80 Prozent der Stickoxidemissionen verantwortlich.
       Deshalb müssten die Menschen in Hamburg, Bremerhaven oder Kiel, so der
       Nabu, „doppelt unter gesundheitsgefährdenden Belastungen in der Atemluft
       leiden“.
       
       21 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Luftverschmutzung
 (DIR) Umwelt
 (DIR) Kiel
 (DIR) Schleswig-Holstein
 (DIR) Diesel
 (DIR) Diesel
 (DIR) Luftverschmutzung
 (DIR) Dieselskandal
 (DIR) Diesel
 (DIR) Luftverschmutzung
 (DIR) Greenpeace
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Fahrverbote vor Gericht: Reizgas und Reizworte
       
       Das Urteil zu möglichen Fahrverboten wurde vertagt. Dass Richter darüber
       entscheiden müssen, zeigt den Bankrott der Verkehrspolitik im Bund.
       
 (DIR) Grenzwerte für Luftverschmutzung: Abermals letzte Warnung der EU
       
       Wegen Feinstaub und Stickoxiden: Die EU-Kommission hat neun Mitgliedstaaten
       ein Ultimatum bis Ende der kommenden Woche gesetzt.
       
 (DIR) Was macht die Deutsche Umwelthilfe?: „Nicht beklagen, verklagen!“
       
       Die Deutsche Umwelthilfe treibt im Dieselskandal Politik und Konzerne zur
       Weißglut. Wie tickt der Verband mit gerade mal 273 Mitgliedern?
       
 (DIR) Gestank im Norden: Nicht ganz sauber, der Diesel
       
       Der Diesel-Gipfel wird die Luft im Norden kaum sauberer machen. Option auf
       Fahrverbote bleibt bestehen. Doch auch Schiffe sind Dreckschleudern ersten
       Ranges
       
 (DIR) Schlechte Luft in Norddeutschland: Städten droht der Smog
       
       Die EU verdonnert Deutschland zu drastischen Maßnahmen wegen schlechter
       Atemluft. Betroffen sind auch Hamburg, Hannover und Kiel.
       
 (DIR) Kommentar Luft-Urteil: Kein Menschenrecht aufs Auto
       
       Es gibt kein Recht auf Autofahren, aber sehr wohl eins auf Gesundheit.
       Unbelehrbare, die ihre Mitmenschen vergiften, verdienen keine Solidarität.
       
 (DIR) Pioniere der Öko-Bewegung: „Das war eine Trotzreaktion“
       
       Vor 30 Jahren gründeten AktivistInnen aus Bremen und Hamburg die
       Umweltschutzorganisation Robin Wood – als Abspaltung von Greenpeace. Klaus
       Scheerer war dabei.