# taz.de -- Neue Studie über Geldgeschenke: Erben bekommen mehr als gedacht
       
       > Ökonomen haben herausgefunden, dass Nachkommen in Deutschland ein Viertel
       > mehr als bisher geschätzt erhalten. Der Fiskus profitiert davon kaum.
       
 (IMG) Bild: Große Summen werden oft steuerfrei vererbt. Linken-Chef Bernd Riexinger nennt das „einen Skandal“
       
       Berlin dpa | In Deutschland wird in den nächsten Jahren nach Angaben einer
       neuen Studie weit mehr vererbt und verschenkt als bisher angenommen.
       Zwischen 2012 und 2027 belaufe sich das Volumen auf schätzungsweise bis zu
       400 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist gut ein Viertel mehr als in früheren
       Studien unterstellt, wie aus einem aktuellen Bericht des Deutschen
       Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Wirtschafts- und
       Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hervorgeht. Die Ökonomen haben
       nicht nur auf das aktuelle Vermögen geschaut, sondern Auswirkungen von
       Wertsteigerungen und regelmäßigem Sparen einbezogen. Dadurch übertreffe das
       voraussichtliche Erbvolumen den reinen Vermögensbestand deutlich.
       
       Der Fiskus profitiert davon aber nicht entsprechend. Trotz des hohen
       Erbvolumens ist aus Sicht der Forscher fraglich, ob sich dies auch in einem
       deutlich steigenden Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer
       niederschlägt. Die Mehrzahl der Erbschaften könne aufgrund der aktuell
       geltenden hohen Freibeträge steuerfrei übertragen werden. Dies gelte auch
       für sehr hohe Vermögen, die als Betriebsvermögen weitgehend steuerfrei
       übertragen werden können.
       
       Das allein den Ländern zustehende Aufkommen aus der Erbschaftsteuer betrug
       2016 nur etwa 7,0 Milliarden Euro – was ein wenig höher war als sonst
       üblich. Zu Buche schlugen 2016 aber einige größere Einzelfälle sowie
       vorweggenommene Schenkungen wegen erwarteter Änderungen im
       Erbschaftsteuerrecht. Die Einnahmen machen nur ein Prozent des gesamten
       Steueraufkommens des Staates aus. Aus Sicht der Steuerschätzer werden die
       Einnahmen aus der Erbschaftsteuer bis zum Jahr 2021 voraussichtlich um 13,5
       Prozent sinken.
       
       Das DIW und WSI raten dazu, die Freibeträge und Steuerprivilegien für
       Unternehmensvermögen auf den Prüfstand zu stellen. Unter anderem die Union
       und FDP lehnen dies ab, SPD, Linke und Grüne sind dafür. Linken-Chef Bernd
       Riexinger nannte es einen „Skandal, dass Hunderte Milliarden Euro Vermögen
       in Deutschland steuerfrei vererbt werden können, während die öffentliche
       Infrastruktur zerfällt und Schulen schließen müssen, weil es keine
       funktionierenden Toiletten gibt“. Reiche und reichste Erben, die Millionen
       und Abermillionen leistungslos kassierten, müssten endlich angemessen an
       der Finanzierung staatlicher Aufgaben beteiligt werden.
       
       ## Bis zu 400 Milliarden Erbvolumen
       
       In der Studie für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung wurde als
       Basisszenario der Vermögensbestand der über 70-Jährigen im Jahr 2012
       betrachtet. Daraus ergebe sich für die folgenden 15 Jahre ein potenzielles
       Erbvolumen von 1,31 Billionen Euro – oder 87 Milliarden Euro pro Jahr.
       Unter Berücksichtigung des Spareffekts und einer angenommenen
       Wertsteigerung des Vermögens von jährlich zwei Prozent erhöhe sich dieses
       Volumen um 28 Prozent auf 112 Milliarden Euro pro Jahr. Hochgerechnet auf
       die gesamte Bevölkerung ergebe sich ein voraussichtliches Erbvolumen von
       bis zu 400 Milliarden pro Jahr.
       
       2015 belief sich das Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland
       den Angaben zufolge auf 11,2 Billionen Euro. Das Nettovermögen besteht
       sowohl aus dem Geld- und Immobilienvermögen als auch aus Betriebsvermögen,
       abzüglich aller Verbindlichkeiten wie Konsumentenkredite oder Hypotheken.
       Ein Teil dieses Vermögens wird jedes Jahr an die nächste Generation
       übertragen – durch Erbschaften nach dem Tod oder durch Schenkungen.
       
       Wie viel genau vererbt oder verschenkt wird, ist laut DIW aber nicht
       bekannt, da das Statistische Bundesamt nur die steuerlich veranlagten Fälle
       ausweise. Danach belief sich das geerbte und geschenkte Vermögen 2014 auf
       108,8 Milliarden Euro. Über das Gros der Erbfälle ist aufgrund hoher
       Freibeträge dem DIW zufolge nichts bekannt. Auch zu jährlichen
       Übertragungen von Vermögen an steuerlich begünstigte Organisationen lägen
       keine Informationen vor.
       
       5 Jul 2017
       
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