# taz.de -- Internationale Somaliakonferenz: Neuer Somalia-Optimismus
       
       > Die Staatengemeinschaft setzt auf heimkehrende somalische Flüchtlinge und
       > Exilanten, um das Land zu stabilisieren. Zu Recht?
       
 (IMG) Bild: Vor der Somalia-Konferenz: Kenias Präsident Uhuru Kenyatta und Theresa May
       
       Berlin taz | Ein außergewöhnliches Maß an Optimismus herrscht in Bezug auf
       das Dauerkonfliktland Somalia, [1][seit die Parlamentarier des Landes am 8.
       Februar einen neuen Präsidenten wählten.] Mohamed Abdullahi Mohamed, der
       unter dem freundlich gemeinten Namen „Farmaajo“ (Käse) bekannt ist und
       lange Zeit im US-Exil lebte, verkörpert ein Somalia, das mit dem Krieg der
       letzten dreißig Jahre und den alten Clanstrukturen nichts mehr zu tun haben
       will.
       
       Bis Farmaajo aber tatsächlich ganz Somalia regieren könnte, müsste noch
       viel passieren. Seit dem Sturz des blutrünstigen Diktators Siad Barre durch
       eine Rebellenkoalition 1991 ist das Land zerfallen: Der Norden ist als
       „Somaliland“ ein eigener Staat, Warlords beherrschen weite Landesteile, im
       Süden wüten islamistische Shabaab-Milizen und in der Hauptstadt Mogadischu
       halten sich die staatlichen Institutionen nur dank der 22.000 Mann starken
       Eingreiftruppe „Amisom“ der Afrikanischen Union (AU). Bis heute kann kein
       Staatsgast den Flughafen Mogadischu auf dem Landweg verlassen.
       
       Mit Farmaajo soll alles anders werden. Eine internationale
       Somalia-Konferenz in London, eröffnet von Premierministerin Theresa May,
       soll am heutigen Donnerstag den neuen Optimismus in Politik umsetzen.
       Offizielles Ziel ist eine neue „internationale Somalia-Partnerschaft“ für
       verstärkte Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten. Das soll die ersten
       allgemeinen freien Wahlen in der Geschichte des Landes im Jahr 2020
       ermöglichen – ein Schlussstrich unter ein Vierteljahrhundert Krieg.
       
       Der Schlüssel: Die Staatengemeinschaft setzt auf neue somalische Akteure.
       Ein Vorbereitungstreffen in London am Mittwoch richtete die Aufmerksamkeit
       auf die gewachsene Rolle der somalischen Diaspora – zwei Millionen
       Auslandssomalier, die jedes Jahr rund 1,5 Milliarden Euro in die Heimat
       schicken und mehrheitlich keiner Kriegspartei hörig sind. Auch Präsident
       Farmaajo gehört dazu: Er lebte lange im US-Exil. Aus der Diaspora kommen
       auch der Premierminister, der Parlamentspräsident und 90 der 275
       Parlamentarier. Der Außenminister, Justizminister und der
       Informationsminister haben sämtlich die britische Staatsbürgerschaft.
       
       ## Afrikanische Union fordert Unterstützung für Großoffensive
       
       Die Ermordung des – ebenfalls im Exil aufgewachsenen –
       Wiederaufbauministers Abbas Sheikh Abdullahi Siraji durch die Leibgarde des
       Generalstaatsanwalts mitten in Mogadischu vor einer Woche zeigte aber, wie
       prekär die Lage bleibt. Die Stadt wird weiter regelmäßig von
       Terroranschlägen erschüttert. Vergangenen Freitag starb zum ersten Mal seit
       1993 ein US-Soldat in Somalia: ein Angehöriger einer Spezialeinheit der
       Marines, die eine Shabaab-Basis stürmte.
       
       Beobachter warnen: Zu viel Optimismus zu früh wäre kontraproduktiv. Schon
       im vergangenen Jahr kürzte die EU ihre Finanzierung der Amisom, die 2018
       den Abzug einleiten will. Keiner denkt, dass die Regierung dann gegen die
       Shabaab allein bestehen könnte. Die AU fordert nun Unterstützung für eine
       Amisom-Großoffensive vor dem Abzug und empfiehlt eine Aufhebung des
       geltenden Waffenembargos gegen Somalia. Kurzfristig soll dort also mehr
       Krieg herrschen, nicht mehr Frieden. Das würde die zivilen
       Diaspora-Politiker, die gerade erst die Macht ergriffen haben, erneut
       marginalisieren.
       
       11 May 2017
       
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