# taz.de -- Kommentar Bundeswehrskandal: Gestus der Widerstandskämpferin
       
       > Wenn Vorgesetzte jede Verantwortung für Missstände bei Untergebenen
       > abladen, ist das unanständig. Ursula von der Leyens Verhalten wirkt
       > bizarr.
       
 (IMG) Bild: Das Hoheitszeichen der Bundeswehr (l.) und Ursula von der Leyen
       
       Drama, eilt, eilt: Die Verteidigungsministerin hat eine US-Reise abgesagt.
       Absurd. Gerade erst hat Ursula von der Leyen selbst auf strukturelle
       Probleme bei den Streitkräften hingewiesen. Nicht etwa auf eine Situation,
       die – wie in einem schlechten Western – von der Kavallerie gelöst werden
       könnte. Die Absage einer Reise ist Hollywood. Mit Politik hat das nichts zu
       tun.
       
       In der Debatte wird es nun um zwei Fragen gehen: nämlich um die Person der
       Verteidigungsministerin und um den Zustand der Armee. Die erste Frage ist
       leicht zu behandeln. Wenn Vorgesetzte jede Verantwortung für Missstände bei
       Untergebenen abzuladen versuchen, dann ist das erstens immer unanständig
       und zweitens selten klug. Im Hinblick auf die scharfe Kritik der
       Verteidigungsministerin an der Bundeswehr – „Haltungsproblem“ und
       „Führungsschwäche“ – gilt das in besonderem Maße.
       
       Der Gestus der Widerstandskämpferin gegen die eigene Behörde, den Ursula
       von der Leyen einnimmt, wirkt bizarr, sogar unfreiwillig komisch. Die
       Ministerin ist immerhin nicht erst seit gestern im Amt.
       
       Wesentlich wichtiger und komplizierter aber ist die politische Dimension
       der Angelegenheit. Stichwort: Innere Führung, also das Konzept vom
       „Staatsbürger in Uniform“. Es wurde bei der Gründung der Bundeswehr
       entwickelt, weil verhindert werden sollte, dass der deutsche Militarismus
       je wieder erstarken kann. Innere Führung bedeutet, unter anderem: Es gibt
       Grenzen für das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Menschenwürde und
       Demokratie spielen auch innerhalb der Kommandostrukturen der Streitkräfte
       eine wesentliche Rolle.
       
       Seit dem Umbau der Bundeswehr in eine Interventionsarmee ist von diesem
       Prinzip selten die Rede. Selbst im Parlament gibt es nur noch wenige
       Stimmen, die fordern, Militäroperationen müssten auf ihre Vereinbarkeit mit
       der Demokratie hin überprüft werden.
       
       Das rächt sich jetzt. Die akuten Probleme der Bundeswehr haben nämlich
       wenig mit dem Erstarken des Rechtspopulismus zu tun – Rechte waren und sind
       immer militäraffin, nicht nur in Deutschland – und auch nichts mit der
       Abschaffung der Wehrpflicht. Sondern mit der grundsätzlichen Frage, wie
       interne demokratische Strukturen auch bei den Streitkräften weiterhin
       gelten können. Für eine Antwort darauf wird die Absage einer Reise nicht
       genügen.
       
       2 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
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