# taz.de -- Anschlag von Düsseldorf-Wehrhahn: Ein lange bekannter Verdacht
       
       > Schon kurz nach der Tat sprachen Antifa-Gruppen von einer möglichen
       > Beteiligung des vorbestraften Neonazis, der jetzt tatverdächtig ist.
       
 (IMG) Bild: Rettungskräfte im Einsatz am Anschlagsort
       
       Berlin taz | Es war ein Anschlag, der die Republik erschütterte: Am 27.
       Juli 2000 kurz nach 15 Uhr detonierte am S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn ein
       selbst gefertigter und in einer Plastiktüte deponierter Sprengsatz. Er traf
       zehn Schüler einer nahe gelegenen Sprachschule im Stadtteil Flingern. Eine
       junge Frau verlor ihr ungeborenes Baby durch einen Bombensplitter im
       Mutterleib.
       
       Das Attentat löste eine bundesweite Debatte über die Gefahr von rechts aus.
       Alle Opfer – sieben Frauen und drei Männer zwischen 24 und 50 Jahren –
       stammten aus der ehemaligen Sowjetunion. Sechs der aus der Ukraine,
       Russland und Aserbaidschan Zugewanderten waren jüdische
       Kontingentflüchtlinge. Seine Behörde ermittle daher „gezielt und vorrangig
       in Richtung ausländerfeindlich beziehungsweise antisemitisch motivierte
       Tat“, verkündete der damalige Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft,
       Johannes Mocken. Doch der oder die Täter konnten nicht ermittelt werden.
       Sechzehneinhalb Jahre lang.
       
       Allerdings hatte – nur einen Tag nach dem Anschlag – der
       Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen in Düsseldorf und Umland auf
       eine mögliche Tatbeteiligung des vorbestraften Neonazis Ralf S.
       hingewiesen. Dessen „Survival Security & Outdoor“-Laden, ein Anlaufpunkt
       der militanten rechtsextremen „Kameradschaft Düsseldorf“, befand sich auf
       der Gerresheimer Straße in direkter Nähe zum Anschlagsort.
       
       Aber als die Polizei sechs Tage nach der Tat sein Militaria-Geschäft, zwei
       Wohnungen und eine Gartenlaube durchsuchte, fanden die Beamten der
       eingesetzten Sonderkommission keine Beweise gegen Ralph S. Nach einem Tag
       in Gewahrsam wurde der damals 34-Jährige wieder freigelassen: Gegen ihn
       bestünde kein dringender Tatverdacht – und er sei nicht als Rechtsextremist
       aufgefallen, behauptete die Staatsanwaltschaft. Das lag wohl daran, dass
       seine Gewalttaten gegenüber Nichtdeutschen nicht als rassistische Delikte
       aktenkundig waren.
       
       ## „Gefühlsmäßiger“ Ermittlungsstand
       
       Nach einem Jahr erfolgloser Spurensuche arbeiteten in der
       „Ermittlungskommission Ackerstraße“ nur noch eine handvoll Beamte.
       Anfänglich waren es über hundert Spezialisten gewesen. Die
       Staatsanwaltschaft glaubte nicht mehr an einen rechtsextremistischen
       Hintergrund. Niemand hatte sich zu der Tat bekannt – und das stehe im
       Widerspruch zum Bekenntniseifer der Rechten, hieß es.
       
       Nun spekulierten die Ermittler, die Russenmafia könnte dahinter stecken.
       Das sei „eine Theorie, die man nicht einfach von der Hand weisen kann“, so
       Johannes Mocken im Juli 2001. Auch dem damaligen Oberbürgermeister Joachim
       Erwin (CDU) lag die Mafiatheorie „gefühlsmäßig am nächsten“.
       
       Später war noch davon die Rede, dass Dschihadisten aus dem Umfeld der
       al-Qaida-nahen Gruppe al-Tawhid hinter dem Anschlag stecken könnten. Aber
       alle Spuren verliefen im Sand. [1][Bis sich jetzt herausgestellt hat, dass
       der nächstliegendste Hinweis doch der richtige war.]
       
       2 Feb 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!5376393/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Düsseldorf
 (DIR) Schwerpunkt Antifa
 (DIR) Terrorismus
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Bombenanschlag
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Prozess zum Anschlag in Wehrhahn: Ein Neonazi gibt das Opfer
       
       17 Jahre nach dem Anschlag auf eine Düsseldorfer S-Bahn-Station steht ein
       Rechtsextremer vor Gericht. Und erklärt sich für unschuldig.
       
 (DIR) Anschlag im Jahr 2000 in Düsseldorf: Belastendes Gesamtbild
       
       Fast 17 Jahre tappten die Ermittler zum Anschlag auf den Bahnhof Wehrhahn
       im Dunkeln. Dann führte sie ein Inhaftierter zum Neonazi Ralf S.
       
 (DIR) Festnahme 16 Jahre nach Anschlag: „Ausgesprochen plausibel“
       
       In Düsseldorf-Wehrhahn wurden 2000 zehn Menschen verletzt, darunter
       jüdische Einwanderer. Festgenommen wurde nun ein Rechtsradikaler.
       
 (DIR) Angriffe auf Flüchtlingsheime: Täter sind turboradikalisiert
       
       Im NRW gab es bis Anfang Juni 114 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte.
       Zwei Drittel der Täter waren zuvor nicht in der rechtsextremen Szene
       aufgefallen.
       
 (DIR) Feuer in Düsseldorfer Flüchtlingshalle: Verdacht der schweren Brandstiftung
       
       In der Nähe der Messe Düsseldorf ist ein Flüchtlingsheim abgebrannt. Knapp
       30 Menschen wurden leicht verletzt. Die Polizei spricht von sechs
       Verdächtigen.
       
 (DIR) Rohrbombenanschlag in Düsseldorf: Späte Untersuchung
       
       Vor 15 Jahren wurden zehn SprachschülerInnen bei einer Explosion schwer
       verletzt. Jetzt soll untersucht werden, ob es Verbindungen zum NSU gibt.