# taz.de -- Kommentar SPD und Gerechtigkeit: Mut zum Risiko
       
       > Sich bei den Mittelschichtmilieus über die Maßen beliebt machen? Das
       > sollte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gar nicht erst nicht versuchen.
       
 (IMG) Bild: Auf der Suche nach Identität, für sich und die SPD: Martin Schulz
       
       SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz [1][will „soziale Gerechtigkeit“ in den
       Mittelpunkt des kommenden Wahlkampfes stellen]. Aber welche Gerechtigkeit
       ist damit gemeint? Früher, vor Hartz IV, gehörte es zum Identitätskern der
       SPD, den ArbeitnehmerInnen eine Art kollektiven Verarmungsschutz zu
       garantieren. Das ist vorbei. Doch statt dem nachzutrauern, wird es Zeit,
       dass die SPD mutiger wird im Kampf um eine neue Identität.
       
       Schulz muss an die bislang bekannt gewordenen Pläne für den SPD-Wahlkampf
       anknüpfen. Die Partei will Eltern eine Art subventionierte reduzierte
       Arbeitszeit gewähren, wenn beide arbeiten. Die Mietpreisbremse soll
       verschärft werden. Eine Solidarrente für KleinrentnerInnen soll kommen. Die
       SPD plant, mittlere Einkommen von der Steuer zu entlasten und die
       Sozialabgaben der unteren Einkommen zu subventionieren. Nur sehr hohe
       Einkommen sollen mit einem höheren Spitzensteuersatz belegt werden.
       
       Man merkt bei den Vorschlägen, wie die SPD herumeiert: Man will einer
       Mehrheit geben und dabei möglichst nur von einer Minderheit nehmen, den
       besonders Reichen. Doch mit Fetischpolitik, nur für wenige eine
       „Reichensteuer“ einzuführen, sind die Gerechtigkeitsfragen nicht gelöst.
       Und es ist gefährlich, den Mittelschichtmilieus steuerliche Entlastungen zu
       versprechen. Das Geld fehlt anderswo.
       
       Genau hier liegt der Auftrag an den SPD-Kanzlerkandidaten: Er muss Risiken
       eingehen. Mehr Mieterschutz – auch wenn die Immobilienbranche jammert. Mehr
       Geld für den sozialen Wohnungsbau, eine Solidarrente für KleinrentnerInnen
       – auch wenn das kostet. Die Erbschaftssteuer rauf – auch wenn einige
       Mittelschichtmilieus aufheulen. Nicht zu viel Entlastungen versprechen.
       
       Schulz darf nicht den Fehler machen, sich besonders beliebt machen zu
       wollen, nur weil Sigmar Gabriel so unpopulär war. Die SPD hat nichts zu
       verlieren. Genau das ist seine Chance.
       
       27 Jan 2017
       
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