# taz.de -- Kommentar SPD-Kanzlerkandidat Schulz: Du, ich bin der Martin
       
       > Bei seinen ersten Auftritten als Kanzlerkandidat hat Schulz alles richtig
       > gemacht. Vorerst. Wer aber von einer Revolution träumt, ist bei ihm
       > falsch.
       
 (IMG) Bild: Next Kanzler?
       
       Ärmel hochkrempeln. Rücken gerade machen. Und den Menschen, die sich an die
       Regeln halten, signalisieren, dass sie ihm vertrauen können. Dafür, sagt
       Martin Schulz in seiner ersten Rede als Kanzlerkandidat, dafür trete er an.
       Das klingt alles extrem nach einer Worthülsensammlung aus dem Redebaukasten
       „Sozialdemokraten für Anfänger“. Und genau deshalb hat Schulz alles richtig
       gemacht. Erst einmal.
       
       Konkret hat er nicht allzu viel gesagt, geschweige denn versprochen. Nicht
       [1][bei seiner Rede im Willy-Brandt-Haus am Nachmittag]. Und auch nicht am
       Abend bei seinen TV-Auftritten im „Bericht aus Berlin“ oder bei „Anne
       Will“. Er hat die Krippen, Kitas und Ganztagsschulen als Leuchttürme der
       Republik gepriesen. Er hat angeprangert, dass Arbeitnehmer mehr für ihre
       Krankenkassen zahlen als ihre Arbeitgeber. Er hat angekündigt, Steuerflucht
       bekämpfen zu wollen. Nur wie genau, das ließ er genauso offen, wie die Höhe
       eines höheren Mindestlohns, den er anstrebt. Und auch mit welcher Koalition
       er das eigentlich umsetzen will.
       
       Wer von einer Revolution träumt oder wenigstens von einem radikalen Wandel
       nach links, ist falsch bei Schulz. Aber er darf ja auch seine Kernklientel
       nicht verschrecken. Und die muss die SPD nicht nur halten, nein, sie muss
       sie in Teilen erst einmal zurückholen – von der AfD.
       
       Deshalb riecht seine Rede von Anfang an ein wenig nach Erbsensuppe, die in
       einer guten Stube mit Blümchentapete vor sich hin köchelt, in der
       Arbeitersiedlung hinter dem Gartenzaun. Ein bisschen spießig, vor allem
       aber: normal. Anders gesagt: Sozialdemokratischer geht es gar nicht.
       
       Du, sagt der Kandidat, ich bin der Martin. Ich bin aus der Provinz, ich
       kenne dein Leben. Du kannst mir vertrauen. Anders als den Rechtspopulisten,
       deren Politik er in dankenswerter Klarheit geißelt. Anders als den
       Politikern der Union, die er für alle Fehler der amtierenden Koalition
       verantwortlich macht. Anders aber vor allem auch als all den Steinbrücks,
       Steinmeiers, Gabriels und Schröders, die an der Spitze der SPD standen,
       denen es aber nicht mehr gelungen war, die sozialdemokratische Idee mit
       ihrer Geschichte zu verkörpern.
       
       Dass das allein am Ende für einen SPD-Wahlsieg reicht, ist weiterhin nicht
       gerade wahrscheinlich. Aber immerhin, ein Anfang ist gemacht.
       
       30 Jan 2017
       
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